Das gruene Zelt
liefen hinaus auf die Straße, zum Auto. Tschernopjatow war geschäftig und wirkte gereizt. Er öffnete den Kofferraum seines alten blauen Moskwitsch, und auf einmal rastete die Füchsin aus, hängte sich wieder an den König, warf ihm unzusammenhängend alte Sünden vor und erwähnte noch einmal seine Impotenz. Artur streichelte ihr mit seiner nackten rosa Hand den Kopf und redete ihr plötzlich zu, zu bleiben.
»Lass doch diesen Finnen sausen, bleib hier, dich jagt doch keiner fort!«
Die Füchsin heulte auf und fiel über ihren Exmann her.
»Ach nein? Und Schura? Ich hab dir Schura hier reingesetzt! Wo soll sie denn dann hin? Sie hat ihr Haus verkauft! Ihre Tochter mitgebracht! O nein, ich bin nicht mehr deine Frau! Schluss, aus! Schura ist jetzt deine Frau!«
Dann nahm sie sich Schura vor.
»Na, was glotzt du so? Was? Mach dich fertig, du kommst mit! Artur werden schon andere die Füße kraulen! Hier, Lenka Wawilon! Kraulst du ihm die Füße, Lenka? He, Schura, was stehst du noch rum! Wir müssen los!«
Tschernopjatow bremste die Füchsin:
»Hör mal, ich fahre nicht wieder zurück. Wie soll sie denn mitten in der Nacht vom Bahnhof nach Tarassowka kommen?«
Die Füchsin zog Geld aus ihrer Handtasche, einen recht dicken Packen, und wedelte damit.
»Mein Schwesterchen begleitet mich bis nach Piter 8) . Nicht wahr, Schurotschka?«
8) umgangssprachliche Bezeichnung für Leningrad bzw. Petersburg. Anm. d. Ü.
Schura sah unendlich erschöpft aus – sie hatte den ganzen Tag keinen Bissen gegessen, nur ein Glas Sekt getrunken, sie hatte Kopfschmerzen und Bauchkrämpfe.
»Gleich, ich hole nur meine Jacke!« Sie krümmte sich zusammen und trottete ins Haus.
Tschernopjatow blickte finster drein. Er stand neben dem offenen Auto, dann stieg er entschlossen ein, schlug die Fahrertür zu und ließ den Motor an. Die Füchsin wurde nüchtern, schubste Schura mit ihrer Jacke zum Auto und nötigte sie einzusteigen. Dann stieg auch die Füchsin ein. Sie kurbelte die Scheibe herunter und rief:
»Aber ihr feiert weiter, feiert nur! Bei uns in der Siedlung hat eine Hochzeit mindestens drei Tage gedauert!«
Das Auto fuhr los und brachte die Frauen des Königs fort. Der König winkte ihnen gutmütig nach.
Olga berührte Iljas Schulter.
»Lass uns nach Hause fahren. Irgendwie hab ich genug von dieser Geschichte.«
Ilja fand mit einiger Mühe im Haus seinen Rucksack, und sie verließen das Fest auf englische Art – ohne sich zu verabschieden. Sie kamen gerade recht zum Zug. Kaum hatten sie sich hingesetzt, schliefen sie Arm in Arm sofort ein. Und schliefen durch bis Moskau.
Am frühen Morgen kümmerte sich der König in seiner Höhle um das Tonbandgerät.
An den überraschendsten Plätzen schliefen von der Feier niedergemähte Gäste. Lena Wawilon wachte auf, ging hinaus und entdeckte neben der Toilette einen pinkelnden fremden Mann. Sie wunderte sich, schließlich hatte er es doch bis zur Toilette geschafft, da hätte er auch reingehen können. Dann ging sie hinein und begriff, warum er im Freien pinkelte. Auf der Suche nach einem bequemen Platz im Himbeergestrüpp stellte sie fest, dass sie nicht als erste hier Abgeschiedenheit und Intimität suchte.
Auf dem Tisch tafelte ein Schwarm Spatzen, und auf den Zweigen einer Espe saßen zwei Meisen und überlegten, ob sich zwischen dem vulgären Volk ein Platz für sie fand. Lena Wawilon räumte das schmutzige Geschirr vom Tisch, schüttete das restliche Wasser aus einem Eimer in einen Topf, zündete das Propangas an und sammelte die Essensreste in einen Mülleimer, wobei sie die Zigarettenkippen aussortierte – aus Sorge um das Ferkel der Nachbarin.
Schura begleitete die Füchsin bis Piter. Die Füchsin hatte ihr eine Fahrkarte gekauft, allerdings nicht für die erste, sondern für die zweite Klasse. Schura war beleidigt, sagte aber nichts. Sie brachte ihre Schwester ins Bett und ging dann in ihren Wagen.
Ich bin eine charakterlose dumme Kuh, lasse mich mein Leben lang von Lisa rumkommandieren, dabei bin ich sechs Jahre älter, warf Schura sich vor.
Schura schlief wie eine Tote, stieg aber am Morgen als erste aus. Als letzte verließ die Füchsin den Zug. Noch nicht wieder ganz nüchtern, bat sie Schura um Verzeihung, küsste ihr die rauhen Hände und die Verbrennungsnarbe vom Vortag. Schura war hektisch und ungeschickt. Immer verbrannte sie sich an dieser Stelle, wenn sie etwas aus dem Backofen nahm. Die Füchsin, selbst nicht ganz so frisch, trug immerhin eine
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