Das Gutachten
erkennen.
Zumindest, ob es eine Männer- oder eine Frauenstimme ist. Zum Glück war ihr
Lockvogel auf Zack, denn sonst hätte ihr schöner Plan in genau diesem Moment zu
Ende sein können.
Baumann flüsterte in
Sandras Richtung so dass Berg ihn verstehen konnte: »Mein Ältester.«
Sie nickte freundlich,
schaute demonstrativ aus dem Fenster, lauschte aber auf jedes Wort.
»Ist die Mutti nicht da?
Ach so, ja gut. Dann richte ihr doch bitte aus, dass bei mir alles so läuft wie
üblich. Ich habe einen alten Freund aus Studienzeiten wiedergetroffen, mit dem
ich den Abend verbringen werde.«
‚Geschafft,‘ jubelte
Sandra innerlich. Spätestens, wenn diese Lüge gebracht wird, will der Mann mit
ihr ins Bett. Das ist immer so, in dem Punkt verhalten sich wirklich alle
Männer gleich, dachte sie.
Baumann ließ derweil noch
ein paar Belanglosigkeiten fallen und verabschiedete sich dann von Berg.
Ein Moment des Schweigens
trat ein. Auch Baumann war insgeheim bewusst, dass täglich hunderte, wenn nicht
tausende solcher Telefonate geführt werden. In der Regel wurde anschließend
allerdings eine real existierende Ehefrau belogen und betrogen.
Sandra hob die Stille mit
ihrem Charme auf und versuchte gleichzeitig, ein paar mehr Informationen über
Baumann zu bekommen: »Wie viele Kinder haben sie?«
»Zwei. Zwei prächtige
Jungs.«
Er war froh, dass sie
wieder den Gesprächsfaden aufgenommen hatte. Theo Berg hatte ihm im Vorfeld
erklärt, dass er auf jeden Fall seine Kinder erwähnen sollte. Das Betrügerpaar
hätte sich wahrscheinlich auf Familienväter spezialisiert, weil diese umso mehr
um ihren Ruf fürchteten. Deshalb würde er die Täterin nicht abschrecken,
sondern eher anlocken, wenn er von Frau und Kindern sprach.
»Mein Ältester studiert
Informatik, der Kleine macht gerade Abitur und möchte anschließend BWL
studieren. Ich bin sehr froh, dass sie mal in die Firma einsteigen, so wie es
aussieht.«
»Sie bedeuten ihnen viel,
nicht wahr?« Sandra klang verständnisvoll, schaffte es aber dennoch, ihrer
Stimme allmählich eine leicht erotische Färbung zu verleihen.
»Ja, sie sind mein ganzer
Stolz.« Baumann machte eine Pause.
»Wenn man den lieben,
langen Tag arbeitet und viel unterwegs ist, so wie ich, dann ...«
Er wusste nicht, wie er
den Satz beenden sollte, gerade schienen die Worte in seinem Kopf wieder nicht
zusammenzufinden.
Doch Sandra hatte solche
Situationen schon oft genug erlebt. Sie legte ihre Hand auf seinen Unterarm und
setzte ihr harmloses Mädchenlächeln auf.
Sie waren in der
Zwischenzeit in der Stadt angekommen und der frühabendliche Verkehr ließ das
Taxi nur noch langsam vorwärts kommen. Sandra war ein Stückchen näher an
Baumann herangerückt und übte sich in der Kunst des vermeintlich harmlosen
Smalltalks.
Auch das wollte gelernt
sein und sie war sehr gut darin, Gespräche am Laufen zu halten oder peinliche
Pausen zu überspielen. So empfanden die späteren Opfer ihre Anwesenheit als
sehr angenehm.
Anfangs musste sie sich
noch sehr konzentrieren, damit sie nicht zu viel erzählte oder womöglich
irgendwelche Fehler machte. Aber nach einer gewissen Zeit kamen Routine und
Erfahrung dazu und sie hatte sich ihre eigene Biographie zurechtgelegt, damit
sie sich nicht während des Gespräches in Widersprüche verwickelte.
Und so erzählte sie auch
ein paar ausgedachte, aber interessante Anekdoten aus ihrem Arbeitsleben und
beide verstanden sich ausgesprochen gut.
Um diese Zeit war das
Steakhaus schon sehr gut besucht, aber sie bekamen noch einen Tisch, der sogar
etwas versteckt in einer Nische stand. Ideale Bedingungen, um ihren Flirt zu
intensivieren, dachte Sandra.
»Gemütlich!« stellte
Baumann fest und nahm ihr ganz gentlemanlike die Jacke ab.
»Vielen Dank. Es ist
wirklich ganz nett hier.«
Sandra und Chris nutzten
das Steakhaus nicht zu oft als Treffpunkt, dadurch wurde das Risiko geringer,
von jemandem erkannt zu werden. Außerdem lockte der Laden recht viele Touristen
an und die vielen Aushilfen konnten sich zumeist keine Gesichter merken.
Mit geübtem Auge suchte
Sandra den Raum ab, um auszuschließen, zufällig einen Bekannten zu treffen. Die
Gefahr in diesen Läden war gering, aber wenn das passieren sollte, wäre es ein
großes Problem. Daher hatte sie auch für solche Fälle ein Szenario parat, das
aber bislang noch nicht zum Einsatz gekommen war.
»Suchen sie die Toilette?«
Baumann war ihr Blick durch den Raum nicht entgangen.
Sandra lächelte
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