Das Gutachten
ganzen Sachverhalt: von der Entdeckung bis zur
Trennung der beiden möglichen Täter, von dem Lockvogel und dem Umstand, dass er
selber womöglich unmittelbar vor dem Haus des oder der Tatverdächtigen stand.
Auch die weitere junge Frau, die gerade angekommen war, erwähnte er, konnte sie
aber nicht in die Geschichte einordnen.
»Vielleicht ist es ein
reiner Zufall, immerhin steht hier ein Mehrfamilienhaus mit 12 Parteien. Wer
weiß, wohin sie wollte. Sie war mir nur aufgefallen, weil sie im gleichen Alter
wie die beiden Verdächtigen ist und ebenfalls sehr gut aussieht.«
Kalthoff notierte sich die
Stichworte und gab dann ein paar Daten in seinen Rechner ein.
»Können sie mir die Namen
durchgeben, die auf den Klingelschildern stehen, damit ich sie mit der
Datenbank abgleichen kann?«
Altmüller tat wie ihm
geheißen und las die Namen vor. Plötzlich stutzte er.
Auf einem Schild stand
»Wagner/Kaminski«.
»Chef, mag sein, dass ich
mich irre, aber ich hatte von Anfang an den Verdacht, dass die Täter ein junges
Paar sein könnten. Einen solch perfiden Plan zieht man nicht mit normalen
Freunden oder Bekannten durch. Auf der anderen Seite wirkten sie noch etwas zu
jung, um verheiratet zu sein.«
»Mit der Vermutung könnten
sie recht haben, aber leider finde ich weder unter dem Namen ‚Wagner‘ noch
unter ‚Kaminski‘ einen auffälligen Eintrag. Ich lasse mal das Alter prüfen und
versuche, etwas über die beiden herauszukriegen. Können sie dort unauffällig
die Stellung halten, bis ich ihnen eine Zivilstreife geschickt habe?«
»Jawohl, Herr Kalthoff.
Schräg gegenüber ist eine Bäckerei mit einem Stehcafé. Dort werde ich auf die
Kollegen warten.«
Kapitel 17
Sandra blickte auf ihre
Uhr, inzwischen war es zwanzig vor sechs und die Messehallen hatten sich
sichtbar geleert. Zwischendurch hatte sie regelmäßig kontrolliert, ob sich
Jochen Baumann noch an seinem Stand befand. Er war der Einzige, den sie als
Opfer ausgemacht hatten, daher durfte er ihr nicht durch die Lappen gehen.
Nun war der richtige
Zeitpunkt gekommen, wieder in Kontakt mit dem Geschäftsmann zu treten. Sie
bezahlte ihren Cappuccino und ging noch einmal auf die Toilette, um ihr Äußeres
zu kontrollieren. Sie durfte sich nicht auffällig nachstylen, zog nur ein
bisschen Lipgloss nach, brachte ihre Haare wieder ein wenig in Form und
frischte ihr Deo auf.
Wie zufällig ging Sandra
an Baumanns Stand vorbei, lächelte ihn nur kurz an, blieb aber nicht stehen. Er
blickte ihrem tollen Körper nach, der sich allerdings zu seiner großen
Verwunderung immer weiter von ihm in Richtung Ausgang entfernte.
Jochen Baumann musste sich
anstrengen, seine Enttäuschung darüber zu verbergen. Warum war sie
weitergegangen und hatte nicht den direkten Kontakt gesucht? Hatten sich die
Beamten vertan oder war er womöglich einem dämlichen Streich aufgesessen? Hatte
er sich die Ausweise der Polizisten überhaupt gründlich angesehen? Er wusste es
nicht mehr.
Ein wenig missmutig packte
er seine Unterlagen zusammen und begann, den Stand aufzuräumen. Gerade hatte er
eine Kiste mit Prospekten in den Stauraum im hinteren Teil des Messestandes
gebracht als Sandra vor ihm auftauchte.
Sein Adrenalin schoss
durch den Körper, jetzt musste er aufpassen.
»Ääähhm, hallo«, Sandra mimte
das unsichere Mädchen.
»Hallo!«, Baumann setzte
sein gewinnendes Lächeln auf und stellte den Koffer ab, den er in der Hand
hielt.
»Entschuldigen sie bitte,
aber haben sie vielleicht meinen Kollegen gesehen, mit dem ich eben hier war?
Wir haben uns am Nachmittag getrennt und wollten eigentlich nach der Messe
zusammen in die Stadt fahren, aber irgendwie scheinen wir uns verpasst zu
haben.«
Sandra wollte nicht
übertreiben, aber sie brachte ein gewisses Maß an Hilflosigkeit in ihre Stimme.
Mitleid ist neben Sex der beste Köder, das wusste sie. Am effektivsten war die
Kombination aus beiden.
»Oh, das tut mir leid.
Aber, nein, ich habe ihn nicht gesehen.«
Jochen Baumann zuckte mit
seinen Schultern und lächelte entschuldigend. Die Beamten hatten ihm geraten, ein
wenig Zurückhaltung zu üben. Wenn er zu schnell auf einen Kontaktversuch von
Sandra reagierte, könnte es sein, dass sie misstrauisch werden würde.
Sie blickte sich noch
einmal nach allen Seiten um: »Naja, dann werde ich noch einmal weitersuchen.
Irgendwo muss er ja stecken.«
Sandra hatte viel
Erfahrung mit dieser Art Männern. Sie wusste, dass gerade die verheirateten
Herren mittleren Alters
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