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Das Gutachten

Das Gutachten

Titel: Das Gutachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sina Cartier
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der Couch ein Erlebnis wieder ganz deutlich vor Augen gekommen,
das sie schon vergessen geglaubt hatte. Vielleicht wäre ‚verdrängt‘ der
treffendere Ausdruck gewesen, denn es war ihr lange Zeit in sehr unangenehmer
Erinnerung geblieben. Doch als sie jetzt mit etwas Abstand darüber nachdachte,
konnte sie ihre Aufregung kaum verbergen.
    Das war der Moment, in dem
Dr. Renn die Stille unterbrach: »Woran denkst du, Sandra? Beziehungsweise,
woran erinnerst du dich gerade in diesem Moment?«
    Sie überlegte kurz, suchte
nach Worten und begann dann leicht stammelnd:
    »Es war an meinem 19.
Geburtstag, also genauer gesagt in der Nacht vor meinem 19. Geburtstag.
Christoph war an dem Abend ausgesprochen gut gelaunt und sehr zuvorkommend. Da mein
Ehrentag auf einen Samstag fiel, wollten wir zu zweit reinfeiern und dann am
nächsten Abend mit der gesamten Clique, also seinen Freunden und deren
Freundinnen, um die Häuser ziehen.
    Wir sind an dem Freitag
sehr schick essen gegangen und ich dachte, wir würden anschließend noch einen
Club besuchen oder in eine unserer Lieblings-Cocktailbars gehen, um stilvoll
Mitternacht abzuwarten. Vielleicht auch in die Disco, etwas abtanzen. Chris
hatte mir gesagt, er würde das Wochenende organisieren, ich bräuchte mich um
nichts zu kümmern.
    Nach dem Essen, es war so
kurz vor elf, stiegen wir in ein Taxi und zu meiner Verwunderung lenkte der
Fahrer den Wagen wieder nach Hause. ‚Dort wartet eine Überraschung auf dich,
meine Süße!‘ hatte Chris mir ins Ohr gehaucht und ich war mächtig gespannt.
    Als wir vor der
Wohnungstür standen, holte Chris die schwarze Augenbinde aus seiner
Manteltasche und band sie mir um, was meine Aufregung natürlich noch mehr
steigerte. Ich hörte seinen Schlüssel im Schloss drehen und Chris schob mich
langsam in die Wohnung.
    Dem Gefühl nach blieben
wir mitten im Wohnzimmer stehen, als Chris sich von mir löste und Musik
anmachte. Ich hörte ein paar Geräusche, die ich allerdings nicht richtig
zuordnen konnte. Da waren Schritte aus verschiedenen Richtungen, einmal meinte
ich eine Tür zu hören, aber genau konnte ich nichts erkennen, da er die Musik
relativ laut eingestellt hatte.
    Ich war unbeschreiblich
gespannt und vor meinem inneren Auge stellte ich mir die unterschiedlichsten
Dinge vor, die Chris genau in diesem Moment für mich vorbereiten würde. Dass er
irgendein supertolles Geschenk aus seinem Versteck holte, dass er den Tisch für
eine mitternächtliche Überraschung vorbereitete oder dass er vielleicht
tatsächlich noch einmal scharfen Sex mit einer 18jährigen haben wollte.
    Ich kann mich noch daran
erinnern, wie ich bei dem letzten Gedanken schmunzeln musste, denn ich wusste
schnell, dass ich damit wahrscheinlich ins Schwarze getroffen hatte. Wir hatten
zu der Zeit sehr viel Sex, eigentlich jeden Tag. Es gehörte einerseits total zu
unserem Alltag, andererseits war Chris wirklich ein phantasievoller Mann, der
sich ständig neue Sachen ausdachte, damit es nicht eintönig wurde.«
    Sandra drehte sich auf der
Couch ein kleines bisschen zur Seite, viel Spielraum ließen die Handschellen
nicht zu. Ihr Atem war ruhig geworden und dennoch spürte Dr. Renn den Wechsel
aus nervöser Anspannung und beinahe hypnotischem Trance in ihr. Ihre Stimme
hatte eine ganz andere Satzmelodie bekommen als sonst und sie redete sehr
gleichmäßig, fast monoton.
    »Daher war ich auch nicht
überrascht, als er nach wenigen Momenten kam und mich langsam auszog. Er ließ
sich dafür sehr viel Zeit, mehr als sonst und sagte dabei kein einziges Wort.
Als ich ihn ansprach, hörte ich nur ein scharfes »Pssssssst« in meinem Ohr und
ich wusste, dass ich von nun an nicht mehr sprechen durfte.
    Das machten wir oft, also
so Spiele, in denen ich völlig stumm bleiben musste und ich mochte es sehr,
weil ich mich dann viel besser auf meine anderen Sinnesorgane konzentrieren
konnte.
    Als ich dann völlig nackt
da stand, führte er mich zum Sofa und fesselte meine Hände mit Handschellen,
die er am Gestell festmachte. Wir hatten dieses Sofa noch gar nicht so lange.
Chris hatte beim Kauf extra darauf geachtet, ein Möbelstück zu nehmen, an dem
man Handschellen festmachen konnte. Davon gibt es gar nicht so viele.«
    Sandra lachte einmal kurz
auf und Dr. Renn nutzte die Unterbrechung: »Warst du in etwa so gefesselt wie
jetzt? Also mit den Armen nach oben oder waren deine Hände in einer anderen
Position?«
    »Nein, anders. Chris
fesselte immer die beiden Hände einzeln und

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