das gutenberg-komplott
konnte und der breiter war als alle bisherigen. Von weitem sah sie einen Streifen Helligkeit und hörte Stimmen. Zwei Männer unterhielten sich. Der Lich t streifen fiel seitlich in den Gang, also befanden sich die Männer wahrscheinlich in einem Raum – ein Wachraum möglicherwe i se. Sie musste daran vorbei. Sollte sie die Lampe löschen? Aber selbst wenn der Gang ins Freie führte, wusste sie nicht, wie lang die Strecke noch war.
Sie hörte Würfel, die man im Becher schüttelte und die dann über eine Holzfläche purzelten. Katharina löschte ihre Lampe und näherte sich dem Licht auf wenige Schritte. Die Männer debattierten über einen Wurf und zählten Punkte. Katharina wartete. Die beiden begannen sich zu streiten, nicht sehr erns t haft, aber mit einer gewissen Erregung. Einer forderte, den Wurf zu wiederholen, der andere fühlte sich dadurch benachte i ligt.
Katharina huschte, ohne ins Innere des Raums zu schauen, durchs Licht. Wieder im Dunkeln blieb sie stehen. Die beiden stritten heftiger, ihre Verärgerung wuchs. Katharina ging we i ter. Sie sah nichts mehr und tastete sich an der Wand entlang. Bald erreichte sie eine Treppe, die Stufen führten aufwärts. Ihr Her z schlag beschleunigte sich, und sie vergaß die Kälte. Auf Händen und Füßen kletterte sie nach oben, bis ihr ein kalter Luftzug ins Gesicht fuhr.
41.
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wei stämmige Pferde zogen den Wagen, der hohe Räder hatte u nd den eine graue Plane hufeisenförmig über span n te. Henning ging neben den Pferden; er hielt in der rechten Hand die Zügel, in der linken eine Peitsche. Im Wagen saßen zehn Männer, als Gaukler und Schausteller verkle i det. Jetzt ging es bergab Richtung Stadtmitte, und das G e fährt schaukelte gewaltig. Henning schaute ins Wageninnere. Die bemalten G e sichter blickten leer und schienen dem Quietschen der Räder zu lauschen. Das Stadtzentrum tauc h te vor ihnen auf, und er sah den rötlichen Schein des Feuers und den als mächtige Wolke aufsteigenden Rauch. Die Si l houette des Doms zeichnete sich ab; er schien von einer Aura umgeben. Henning brachte die Pferde zum St e hen. Sie schnaubten und stampften unruhig mit den H u fen.
»Ihr wartet hier«, sagte er zu seinen Männern. »Wenn das Feuer heruntergebrannt ist, fahrt ihr weiter. Haltet euch in der Nähe der Stadtmauer und bleibt vom Markt weg. Dann nähert euch seinem Hof. Ich werde dort sein und euch das große Tor von innen öffnen. Wir müssen ein Zeichen vereinbaren, damit ich weiß, wann ihr kommt. Am besten ihr singt ein Lied.«
»Was für ein Lied?«
»Maria, du meine Rose! Das kennt hoffentlich jeder.«
»Am Fasching?«
»Daran werde ich euch erkennen«, sagte Henning.
Er ließ seine Männer zurück und machte sich zu Fuß auf den Weg. Selbst wenn das Feuer heruntergebrannt war, würden die meisten Leute sich weiter am Markt und im Stadtzentrum au f halten. Falls jemand den Wagen mit den Männern bemerkte, konnten sie sich als Spaßmacher ausgeben, als fahrendes Volk.
Henning hatte seine Aktionen mehrmals in Gedanken durc h gespielt. Trotzdem war die Sache heikel. Er hatte ein flaues G e fühl in der Magengegend.
Henning kannte die Anlage des Hofes. Bevor Gutenberg ihn mietete, wohnte hier ein Patrizier, den Henning einige Male besucht hatte. Über Gutenbergs Umbauten wusste er Bescheid. Henning näherte sich dem rückwärtigen Teil des Anwesens, so wie er es mit Bologna besprochen hatte. Er betrachtete das lang gestreckte hintere Hofgebäude. Wind pfiff durch die Gasse und trieb Schneeflocken vor sich her. Die Straße war leer, die B e wohner der gegenüberliegenden Häuser sicherlich unterwegs. Der Lärm vom Marktplatz klang gedämpft. Er blieb bei einem Fensterladen stehen. Die klobigen Holzläden waren von innen verriegelt. Er zog ein Stemmeisen hervor und brach die Verri e gelung auf; es war ein Kinderspiel, fast schon zu leicht. Schw e rer fiel ihm das Hineinklettern. Er keuchte, nachdem er es g e schafft hatte, und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Im Raum konnte er nichts erkennen; es war zu dunkel. Aber Licht durfte er auf keinen Fall machen. Er schloss die Läden von i n nen. Nur bei genauem Hinschauen würde jemand bemerken, dass sie aufgebrochen waren.
Henning musste zum Innenhof gelangen. Dort würde das spärliche Mondlicht ihm weiterhelfen. Die Tür zum Hof musste auf der anderen Seite des Raums liegen. Er streckte die Hä n de vor sich und ging geradeaus. Er bekam etwas zu fassen: W ä sche! Henning schob ein Tuch zur
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