Das Hades Labyrinth (German Edition)
vorbeifuhr.
Mist, fluchte er innerlich. Keine fünf Minuten und die Katze würde an einem Autoreifen kleben. Er war zwar kein ausgesprochener Tierfreund, aber das mickrige Wesen tat ihm leid. Sich selbst beschimpfend ging er zurück, nahm die Katze auf den Arm und trug sie in den Garten.
„Warte hier“, befahl er, bevor er die Wohnung verließ und zu seiner neuen Nachbarin hinaufging. Nach dem zweiten Klingeln schwang die Tür auf. Jessica Neureuther stand im Türrahmen und blickte ihn verärgert an. Offensichtlich hatte sein gestriger Besuch keinen guten Eindruck hinterlassen. Na ja, verständlich, wenn er an seinen unfreundlichen Abgang dachte.
„Was möchten Sie?“
Daniel trat von einem Fuß auf den anderen. „Haben Sie eine Katze?“
„Was?“
„Ob Sie eine Katze haben?“
„Nein, warum fragen Sie?“
„Unten auf meiner Terrasse sitzt ein Häufchen Elend und jammert mir die Ohren voll.“
„Und?“
„Vielleicht könnten Sie sich um...“
„Nein.“
„...das Tier kümmern“, vollendete Daniel den Satz.
„Ich will keine Katze.“
„Ich auch nicht.“
„Ist das mein Problem?“ Ihre Stirn legte sich in Falten.
„Natürlich nicht, aber ich dachte...“
Die Tür wurde ihm vor der Nase zugeschlagen. Daniel klopfte wütend gegen das Holz. „Ich habe eine verdammte Katzenallergie.“ Keine Antwort. „He, hören Sie mich?“
„Klar höre ich Ihr Geschrei“, kam es gedämpft hinter der Tür zurück. „Wenn Sie kein Haustier wollen, bringen Sie die Katze ins Tierheim. Und jetzt will ich meine Ruhe.“
Fischer wandte sich um. Die Narben in seinem Gesicht glühten vor Zorn. Polternd stampfte er die Treppe hinunter. Seine Hoffnung, die Katze könnte inzwischen das Weite gesucht haben, erfüllte sich nicht.
Ohne Zögern hob er den Hörer ab und ließ sich von der Telefonauskunft die Nummer des örtlichen Tierheims geben. Dort meldete sich jedoch nur der Anrufbeantworter, der ihm die Öffnungszeiten mitteilte.
Schimpfend knallte er den Hörer auf die Gabel. Als er den Kopf wandte und nach der Katze sah, fasste diese es als Signal auf, erneut zu jammern.
„Was ist?“
Die Katze erhob sich und ging langsam auf ihn zu.
„Du hast Hunger?“
Zur Bestätigung intensivierte das Tier seine Bemühungen. Fischer, dem das Miauen auf die Nerven ging, gab auf. Er trottete in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Keine Milch darin. „Okay, also keine Milch“, sagte er zu sich selbst. „Was könnte ich ihr sonst geben?“
Sein Blick fiel auf eine Büchse Leberwurst. Das Etikett verriet ihm, dass der Inhalt noch haltbar war. Er musste die Dose im Supermarkt gekauft haben, konnte sich aber nicht daran erinnern. Nun ja, Leberwurst war bestimmt das Richtige. Viel Fleisch und alles weich, sodass die Katze nicht viel kauen musste. Ihre Zähne sahen ziemlich spitz, aber auch zerbrechlich aus.
Daniel öffnete die Büchse und klopfte den Inhalt auf einen Teller. Dann nahm er eine Gabel und zerkleinerte die feste Masse. Zufrieden mit sich brachte er die Mahlzeit auf die Terrasse. Die Katze schlich näher, schnupperte kurz und stürzte sich dann auf die Wurst, als habe sie seit Wochen nichts mehr gefressen. Daniel lauschte ihrem leisen, zufriedenen Schmatzen und fühlte sich auf sonderbare Art und Weise glücklich.
Als die Katze den letzten Krümel vom Teller geschleckt hatte, trabte sie leichtfüßig zu Fischer und strich ihm um die Beine.
„Okay, das war es. Mehr gibt es nicht und jetzt verschwinde.“
Das Tier schlüpfte durch den Spalt in der Tür in die Wohnung hinein.
„Oh, nein“, rief Daniel. „Das kannst du vergessen.“ Er hob die Katze hoch und trug sie auf die Terrasse zurück. „Geh jetzt nach Hause.“ Dann schloss er die Tür und widmete sich wieder seiner Zeitung.
Daniel wusste nicht, ob er träumte oder schon wach war. Auf jeden Fall drang das Miauen der Katze in seinen Schlaf. Er schlug die Augen auf. Die Leuchtziffer des Weckers verriet ihm, dass es erst 3.00 Uhr morgens war. Wütend warf er sich im Bett herum und versuchte wieder einzuschlafen. Zwecklos. Je mehr er sich bemühte das Miauen zu ignorieren, desto lauter schien es zu werden. Daniel schlug die Bettdecke zurück und tapste barfuss ins Wohnzimmer. Im Schein des schwachen Mondlichts sah er die Katze vor seiner Terrassentür hin und herschleichen.
Womit habe ich das verdient?, fragte er sich still. Er öffnete die Tür und die Katze huschte herein. Diesmal ließ sie sich nicht so einfach fangen,
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