Das Hades Labyrinth (German Edition)
hinter ihm auf. Daniel erschrak. Er hatte ihn nicht kommen gesehen. Bodrigs Augen waren zu schmalen Schlitzen zusammen gekniffen. Seine Mundwinkel bleckten seine weißen Zähne. Er trat vor Daniel und warf ihm ein Scharfschützengewehr Mauser 66 SP mit aufmontiertem Zielfernrohr vor die Füße.
„Was haben Sie mit der Waffe gemacht?“, brüllte er. Die Gespräche der auszubildenden Beamten verstummten. Ebenso wie Richard Meier wandten sich alle um und verfolgten das Geschehen.
„Wieso? Was ist damit?“, brachte Fischer mühsam hervor.
„Der Lauf ist total verzogen.“
Er kam noch einen Schritt näher. Daniel konnte den Atem seines Vorgesetzten spüren, wie er über sein Gesicht strich.
„Sie haben mir diese Waffe ausgehändigt und Sie sind für den ordnungsgemäßen Zustand verantwortlich. Ich war in der Waffenkammer. Hüger hat mir bestätigt, dass Ihnen das Gewehr gestern beim Reinigen aus der Hand gerutscht und auf den Boden gefallen ist. Sie hätten die Waffe sofort aussortieren müssen, damit sie neu vermessen wird.“
Daniel bekam kaum noch Luft. Angst und Wut schnürten seinen Brustkorb zusammen. Es war richtig, die Waffe war auf den Boden gefallen, aber nicht derart, dass sich der Lauf verzogen haben konnte. Bodrig hatte sich diesen Vorfall ausgesucht, um ihn vor allen zu demütigen und Hüger war sein williger Helfer. Wie sonst sollte er von seinem Missgeschick erfahren haben?
„Haben Sie damit geschossen?“, fragte er mit bebenden Lippen.
„Sonst wäre ich ja wohl nicht hier“, knurrte Bodrig.
Ohne ein weiteres Wort hob Daniel die Waffe auf. Er zog das Magazin heraus und lud es mit sechs Schuss. Dann ging er das Gewehr locker im Arm haltend über den Schiessplatz. Ihm war schwindlig, aber er kämpfte mit sich, um nicht zu hinken. Mit zusammengebissenen Zähnen schritt er bis ans Ende der Schiessanlage und legte sich auf den Boden. Sein Körper war fast rechtwinklig zum Gewehr positioniert, die Beine gespreizt. Er visierte eine winzig wirkende Täter-Geisel-Scheibe in fast zweihundert Meter Entfernung an. Das weiße Gesicht simulierte die Geisel, das schwarze stand für den Täter, auf ihm waren zwei Ringe mit einem weißen Kreis in der Mitte angebracht. Der Schweiß lief ihm in die Augen. Sein Herzschlag pochte laut in seinen Ohren. Daniel zwang sich ruhig ein- und wieder auszuatmen. Mit dem letzen Atemstoß feuerte er kurz hintereinander sechs Schüsse ab.
Als das Echo verklungen war, erhob er sich umständlich und ging zu Bodrig zurück. Ohne das Ziel eines Blickes zu würdigen, reichte er seinem Vorgesetzten das Gewehr.
„Und jetzt lecken Sie mich“, sagte er leise zu Bodrig, bevor er sich umwandte und ihn stehen ließ.
Bodrig sah dem Beamten entgegen wie dieser mit Fischers Zielscheibe zurückkam. Der junge Mann konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Wortlos reichte er dem Leiter des SEK Hellstadt die Scheibe.
Sechs Einschusslöcher bildeten exakt in der Mitte des weißen Kreises einen Buchstaben.
Es war ein „A“ wie „Arschloch“.
In der Waffenkammer herrschte angespanntes Schweigen, als Daniel eintrat. Er ging hinüber zu seinem Arbeitsplatz, auf dem sich ein Dutzend Pistolen stapelten, die gereinigt werden mussten. Er beachtete weder Zahner noch Hüger, sondern begann mit seiner Arbeit.
Er nahm gerade eine P7 auseinander und legte die Einzelteile in ein Bad aus Waffenöl, als Bernhard Hüger zu ihm herüberkam.
„Gab es Ärger mit Bodrig?“, fragte er.
Daniel sah nicht auf. „Das wissen Sie ganz genau.“
„Bodrig war hier und hat nach Ihnen gefragt. Er wollte wissen, wie Sie Ihre Arbeit machen. Ich habe ihm gesagt, dass Sie sehr sorgfältig sind und dass Ihnen bisher erst ein Missgeschick passiert ist. Bodrig fragte danach und ich sagte ihm, Ihnen wäre ein Gewehr aus der Hand geglitten und zu Boden gefallen, aber es wäre nicht weiter schlimm gewesen. Er wollte das Gewehr sehen.“
„Und dann hat er es mitgenommen, um damit zu schießen“, sagte Daniel verärgert.
„Er hat es mitgenommen, richtig. Aber da er sich keine Munition hat ausgeben lassen, konnte er wohl kaum damit in der Gegend rumballern.“
Bodrig, dieses miese Schwein, hatte also gelogen. Er hatte überhaupt nicht geprüft, ob der Lauf verzogen war, sondern darauf spekuliert, dass er vor ihm in die Knie ging, wenn er ihn öffentlich beschuldigte.
„Es tut mir leid, wenn Sie Schwierigkeiten hatten“, sagte Hüger.
Daniel blickte auf. Er sah, dass Hüger es ehrlich
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