Das Hades Labyrinth (German Edition)
von morgens bis abends beschäftigt. Dazu kamen noch Unterrichtstunden in Rechtskunde, Erster Hilfe, angewandter Psychologie, Kriminologie, Fernmeldeausbildung und politische Bildung. Eine harte Lehrzeit mit einer ungeheuren Ausfallquote. Nur zwei Drittel aller Teilnehmer bestanden den Lehrgang und den mörderischen, vierzehn Stunden dauernden Abschlusstest.
Fischer sah hinüber zum taktischen Schiessausbilder, Richard Meier, einem mittelgroßen Mann von zähem Körperbau. Er erklärte gerade der Gruppe die Aufgabenstellung. Daniel hatte sich einmal mit ihm in der Waffenkammer unterhalten und erfahren, dass es Meiers Stelle war, für die ihn seine Versetzung vorgesehen hatte. Bodrig hatte dazwischen gefunkt und ihn abgelehnt. Nun würde bald ein Kollege aus München eintreffen und die Schiessausbildung leiten.
Daniel spürte bei diesem Gedanken Zorn in sich aufwallen. Er war zufrieden mit seinem derzeitigen Job, aber dies war keine Tätigkeit, mit der er die Zeit bis zu seiner Pensionierung verbringen wollte. Taktischer Schiessausbilder, das wäre genau das Richtige für ihn gewesen, aber daraus wurde nun nichts mehr.
Laute Kommandos erklangen. Die jungen Beamten machten sich bereit und nahmen in Zweiergruppen Aufstellung. Das Schiessen begann.
Daniel beobachtete die ersten beiden, die auf das Startsignal hin, mit einer P7-Pistole, in vierzig Meter Entfernung losrannten. An der Zehn-Meter-Marke öffneten sie ein Klappfenster. Gleichzeitig ging eine zweite Klappe am Ende der Schiessbahn auf und ein bewegliches Ziel erschien, das mit zwei Schüssen bekämpft werden musste. Das Ziel hatte eine Farbe, die sich die Schützen merken mussten. Zusätzlich wurde jeder Fehlschuss mit einem Zeitaufschlag von 30 Sekunden bestraft.
Nachdem die Schüsse abgefeuert waren, steckten die Beamten ihre Waffe ins Holster und rannten zur Vierzig-Meter-Linie zurück. An dieser zweiten Station lag ein Schnellfeuergewehr der Marke Steyr AUG, dessen Magazin mit fünf Patronen gefüllt werden musste. Das Ziel waren diesmal fünf frei aufgehängte Tennisbälle in vierzig Meter Entfernung. Fischer sah, wie einer der Polizisten seine Tennisbälle komplett abräumte, während der andere sich zwei Fehlschüsse leistete. Das gibt eine komplette Minute drauf, dachte er.
Nun liefen die Beamten zur Fünfundzwanzig-Meter-Marke vor. Daniel hielt die dritte Station für die schwierigste. Die Schützen füllten zunächst fünf Schuss in ein Maschinenpistolenmagazin und feuerten auf fünf Luftballons. Danach wurde eine MP5 mit sechs Patronen geladen, wobei fünf Schuss auf einen oben angebrachten 10er Ringspiegel abgegeben wurden. Der letzte Schuss auf den unteren 10er Ringspiegel diente als Multiplikator für die vorangegangene Schussserie. Aus seiner Position heraus konnte Daniel gut beobachten, wie die beiden Schützen vorgingen. Während der eine Teilnehmer schnell feuerte und dadurch Fehlschüsse in Kauf nahm, ließ sich andere mehr Zeit und zielte genauer. Der Sorgfältigere erledigte seine Aufgabe bravourös, wohingegen der Hastige sich gleich drei Fehlschüsse erlaubte.
Beide Beamten erreichten mit großem Abstand die vierte Station an der Fünfzehn-Meter-Linie. Hier musste zunächst eine zerlegte P7 zusammengesetzt und mit fünf Patronen geladen werden. Die Schützen mussten nun stehend und einhändig fünf Luftballone abschießen, die die gleiche Farbe haben mussten, wie das Ziel an der ersten Station. Diesmal gab es nicht nur für Fehlschüsse Zeitstrafen, sondern auch für den Fall, dass ein andersfarbiger Ballon getroffen wurde. Die Zeitnahme stoppte beim letzten Schuss.
Reuter, der Langsamere, hatte zwar 47 Sekunden länger als sein Kollege gebraucht, sich aber keinen Fehlschuss geleistet. Andreas Wismuth hingegen hatte sechs Mal das Ziel verfehlt und stand nun mit hängendem Kopf und pumpendem Brustkorb an der Startlinie und durfte sich vor versammelter Mannschaft eine Predigt anhören.
Daniel musste grinsen, als er sah, wie Wismuths Gesicht rot vor Scham anlief. Nimm es nicht persönlich, dachte er. Morgen ist ein neuer Tag. Aber innerlich wusste er, dass Wismuth beim SEK fehl am Platz war. Der junge Beamte war zu eifrig und neigte zu hektischer Aktivität, wenn er nervös wurde. Beides Eigenschaften, die in einem Spezialkommando unerwünscht waren. Überlegt handelnde Männer waren gefragt, denn von ihren Entscheidungen würde es bei einem Einsatz abhängen, ob Menschen zu Schaden kamen oder nicht.
Leon Bodrig tauchte plötzlich
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