Das Hades Labyrinth (German Edition)
liegt. Meine Erfahrung lehrt mich, dass es wenig hilfreich ist, über etwas aus der Vergangenheit zu reden, mag es auch noch so schlimm gewesen sein, wenn gerade ganz andere Probleme anstehen.“
„Dann bin ich also frei in der Wahl der Themen über die wir sprechen?“
„Ja, reden Sie, worüber Sie wollen.“ Velten faltete die Hände. „Zunächst gilt es aber ein paar Dinge abzuklären. Da wäre zunächst die Frage nach Ihrer Krankenversicherung. Ich brauche Ihren Versicherer, damit ich die Therapie beantragen kann. Ich würde zunächst sechzig Sitzungen veranschlagen. Danach sehen wir weiter. Jetzt, im Anfangsstadium, schlage ich vor, dass wir uns mindestens zwei Mal die Woche sehen.“
„So oft?“, fragte Daniel.
„Ja. Vor uns liegt ein langer Weg, es macht nur wenig Sinn, wenn wir bestimmte Themen ansprechen und dann eine längere Pause haben, ohne dass ich weiß, was diese Themen bei Ihnen auslösen.“
Velten zog einen winzigen Taschenkalender aus seiner hinteren Hosentasche. „Die ersten drei Termine sind praktisch ein Kennenlernen und dienen dazu, herauszufinden, ob wir miteinander arbeiten können. Mein Vorschlag ist, dass wir uns zukünftig dienstags und freitags treffen.“ Er nannte Uhrzeiten, denen Fischer zustimmte. „Wenn etwas Akutes anliegt, können wir uns auch zwischendurch sehen oder wir telefonieren miteinander. Ist das in Ordnung für Sie?“
„Ja.“
„Dann lassen Sie uns beginnen.“
Daniel hinkte zügig die Treppe zu seiner Wohnung hinauf. Als er oben ankam, hörte er Marianne Müller rufen: „Sind Sie das, Herr Fischer?“
Daniel knurrte ein ‚Ja’.
„Können Sie mal eben zu mir kommen. Ich möchte Ihnen etwas sagen." Ihre Stimme hatte diesen quietschenden Klang, den Fischer so verabscheute. Die Geräusche, die sie beim Sprechen von sich gab, erinnerten Daniel immer an einen Gummifrosch, aus dem man gerade die Luft herauspresste.
„Muss das jetzt sein?“, fragte Daniel nach oben.
„Ja. Es ist wichtig.“
Daniel schüttelte ohnmächtig den Kopf und ging zu ihr hinauf. Marianne Müller trug eine lappige, dunkelblaue Jogginghose, deren Knie schon fast durchgescheuert waren. Über ihren schlaffen Brüsten wölbte sich ein unförmiges, graues T-Shirt. Die nackten Füße steckten in Badeschlappen. Sie zuckte sie zusammen, als sie Daniel die Treppe heraufkommen sah. Kurz darauf hatte sie sich aber wieder im Griff.
„Herr Fischer, ich möchte Ihnen das hier geben.“ Sie reichte ihm einen unbeschrifteten Briefumschlag.
„Was ist das?“, fragte Daniel.
Ihre Hand zuckte hoch, als habe sie plötzlich die Kontrolle darüber verloren.
„Es ist die Kündigung für Ihre Wohnung.“
„Wie bitte?“
„Herr Fischer, es tut mir wirklich leid...sie und Ihre Frau waren immer nette Mieter, aber es ist nun einmal so, dass wir die Wohnung für meine gehbehinderte Schwägerin brauchen. Sie möchte nicht in ein Heim und Wohnungen im Erdgeschoss sind heutzutage nur schwer zu finden.“ Sie machte eine kleine Pause, so als überlege sie, ob sie die nächsten Worte überhaupt aussprechen dürfe. „Besonders wenn man behindert ist.“
Und was bin ich?, dachte Daniel wütend. Er spürte, wie er die Selbstbeherrschung verlor.
„Sie sind uns doch nicht böse? Es wäre schade, wenn wir nach all den Jahren...“
„Achtzehn Monate war ich nicht hier“, unterbrach sie Daniel. „Da haben Sie mir nicht gekündigt, sondern brav die Miete kassiert, die jeden Ersten von meinem Konto abgebucht wurde. Und jetzt, kaum das ich drei Tage zurück bin, kündigen Sie mir die Wohnung.“ Daniel starrte die alte Frau wütend an. „Aber machen Sie sich keine Sorgen. Natürlich bleiben wir Freunde. Wann muss ich ausziehen?“
„Herr Fischer, ich muss doch...“
„Wann?“ Das Wort zerschnitt wie eine Klinge die Luft.
„Durch Ihr Mietverhältnis ergibt sich eine Kündigungsfrist von sechs Monaten. Sie haben also genug Zeit...“
„Danke.“ Er drehte sich um und ließ sie stehen.
9. Hüte Dich vor unseren Feinden.
Daniel beobachtete interessiert die Kommandoschiessübung der Gruppe 3, die aus sechs Männern bestand und in wenigen Tagen ihre Abschlussprüfung bestritt.
Die Anforderungen, die das SEK an seine Beamten stellte, waren enorm. Während der zehnwöchigen Basisausbildung waren die Teilnehmer permanentem Stress ausgesetzt. Einsatzlehre und Taktik, Waffen-, Schieß- und Sportausbildung, Technische Ausbildung und Fahrtraining hielten die freiwilligen Bewerber
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