Das Hades Labyrinth (German Edition)
auf. Die Katze erschrak durch seine plötzliche Bewegung und sprang von seinem Schoß. Jessica Neureuther stand am Tor.
„Hallo“, sagte Daniel zurück.
„Darf ich reinkommen?“ Offensichtlich war sie ihm nicht mehr böse.
Fischer erhob sich ungeschickt aus dem Sonnenstuhl, streifte die Handschuhe ab und öffnete ihr das niedrige Holztor.
Jessica Neureuther trug abgeschnittene, ausgebleichte Jeans und ein luftiges, ärmelloses T-Shirt mit der Aufschrift „Vergiss es!“ darunter war ein grinsender Smilie aufgedruckt. Daniel musste beim Lesen des Textes lächeln.
„Kommen Sie rein.“ Er holte ihr einen Sonnenstuhl und bat sie Platz zu nehmen. „Möchten Sie etwas trinken?“
Zu seiner Überraschung fragte Jessica Neureuther nach einem kalten Bier. Daniel hinkte in die Küche und kam mit zwei Flaschen wieder, von denen Kondenswasser abperlte.
„Möchten Sie ein Glas?“
„Nein.“ Sie setzte die Flasche an die Lippen und nahm einen großen Schluck. „Ah, tut das gut.“
Daniel trank ebenfalls.
„Ich war in der Stadt, um mir einen Badeanzug zu kaufen. Dort war die Hölle los.“
„Und haben Sie einen gefunden?“, fragte Daniel.
Sie lachte glucksend. „Nein, ich bin wohl zu fett für die heutige Bademode. An mir sah alles wie eine Wurstpelle aus.“
Daniel ließ seinen Blick über ihre langen, schlanken Beine gleiten. Jessica Neureuther war alles andere als fett. Sie hatte eine aufregende Figur mit den richtigen Rundungen an den richtigen Stellen. Ein längst vergessenes Kribbeln erfasste seinen Körper.
„Ich sehe, Sie haben die Katze noch.“
Daniel sah zu dem kleinen Tier hinunter, das neben seinem Stuhl auf dem Boden lag.
„Ja, ihr scheint es hier zu gefallen.“
„Hat Ihr neuer Hausbewohner schon einen Namen?“
Darüber hatte er noch gar nicht nachgedacht. „Ich nenne sie „Katze“.“
„Origineller Name“, meinte Jessica. „Das Problem ist nur die Katze ist ein Kater.“
„Das können sie sehen?“
„Ich bin mit Katzen aufgewachsen.“
„Gut, dann heißt er „Kater“.“
Beide lachten. Schließlich fasste sich Daniel ein Herz und sagte, was gesagt werden musste. „Es tut mir leid, wie ich mich bisher Ihnen gegenüber benommen habe. Sie waren sehr freundlich und hilfsbereit.“
Ihre braunen Augen glänzten im Sonnenlicht. „Ist schon in Ordnung.“
„Nein, ehrlich...“
„Vergessen Sie es. Dieses Bier ist Entschuldigung genug.“
Sie tranken aus ihren Flaschen und schwiegen. Daniel beobachtete seine Nachbarin, wie sie die Augen schloss und die warmen Strahlen der Sonne auf ihrem Gesicht genoss.
Sie ist wirklich hübsch, dachte er. Dann erfasste ihn Wehmut. Früher, vor seiner Ehe mit Sarah, hätte er mit ihr geflirtet und seine Chancen wären nicht schlecht gestanden, denn er wusste, er war ein gutaussehender Mann und konnte sehr charmant sein. Nun war an so etwas nicht mehr zu denken. Äußerlich war er ein Monster und innere Schönheit, interessierte niemanden, wenn man so aussah wie er.
Innere Schönheit? Ein bitterer Gedanke. Er war seelisch zerstört, beherrscht von Ängsten, die er nicht kontrollieren konnte und einem Gefühlsleben, das ihn wie Blätter im Herbstwind durcheinander wirbelte.
Hoffnung? Es gab keine Hoffnung auf Liebe für ihn. Niemand würde ihn jemals wieder zärtlich berühren, den Kuss seiner Lippen suchen und ihm leise Liebesworte ins Ohr flüstern.
„Sie weinen“, stellte Jessica mit ruhiger Stimme fest.
Daniel hatte nicht bemerkt, dass er die Lider geschlossen hielt und sie ihn dabei beobachtete. Verlegen wischte er mit dem Handrücken über seine Augen.
Reiß dich zusammen, dachte er. Aber die lange zurückgehaltenen Tränen wollten nun geweint werden. Seine mühsam aufrecht erhaltene Kontrolle zerbrach wie ein Glas, das zu Boden fiel.
Jessica wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Sie wollte Fischer nicht zu nahe treten, aber sein leises Schluchzen, hinter vorgehaltenen Händen, rührte sie. Schließlich folgte sie ihrem Instinkt und ging zu ihm hinüber. Neben seinem Stuhl kniete sich Jessica auf den Boden. Sie nahm seine Hand in die ihrige. Sie sprach kein Wort, sondern war einfach nur bei ihm. Schließlich verebbten seine Tränen.
„Es tut mir...“
„Nein, entschuldigen Sie sich nicht.“
„Danke.“
Sie hielt noch immer seine Hand. Trotz der zahlreichen Narben war es eine schöne, eine männliche Hand mit schlanken Fingern, die Kraft und Sensibilität ausstrahlte. Jessica hatte in den
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