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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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konnte ich endlich wieder normal laufen. Das glaubte ich so lange, bis Tante Lisbeth ihren längst überfälligen Besuch bei uns nachholte. »Sag mal, Kind, seit wann hinkst du denn?«
    »Seitdem ich auf Eis ausgerutscht bin.«
    »Und wie hast du den Fuß ins Whiskyglas gekriegt?«
    Boshafte alte Schachtel! Aber wenn man seit dreißig Jahren Abstinenzler ist und sogar zu Silvester Apollinaris ins Sektglas gießt, ist natürlich jeder ein Säufer, der eine Flasche Eierlikör im Schrank stehen hat.
    Jedenfalls hatte mir Tante Lisbeth endgültig meine Illusion geraubt. Ich sortierte das Regal durch. Alle Schuhe mit hohen Absätzen kamen in den Keller. Das waren die meisten. Die mit den halbhohen stellte ich ins untere Fach, vielleicht würde sich mein Gleichgewichtssinn eines Tages so weit regenerieren, daß ich sie wieder anziehen konnte. Dann kaufte ich mir Slipper, und die legten mein Selbstbewußtsein restlos lahm. Jetzt überragten mich nämlich alle fünf Nachkommen um vier bis zwanzig Zentimeter. Bisher hatte ich wenigstens noch mit Katja Schritt halten können, aber nun brauchte sie gar nicht mehr zu wachsen, sie hatte es auch so geschafft. Ich war zu »unserer Kleinen« degradiert.
    Seitdem ich meine Vormittage nicht mehr im Planschbecken verbringen mußte, konnte ich mich wieder intensiver um Tinchens Liebesleben kümmern. Endlich war es soweit: Auf dem Düsseldorfer Hauptbahnhof stammelte Florian seinen Heiratsantrag, ich hatte mein Happy-End, Verlegers ihr immer dringender angemahntes Manuskript.
    Im Nachbargarten blühte der erste Kirschbaum.

20
    Nachdem ich seinerzeit in Münkenstein meine »völlig unnötigen Hemmungen überwunden und die erste Lesung zweifellos souverän hinter mich gebracht« hatte, war ich nach Verlegers Meinung reif für Größeres.
    »Sie müssen mal raus und sich Ihren Lesern persönlich vorstellen. Das gehört ganz einfach dazu!«
    Warum hatte ich bloß nicht meinen Mund halten können? Anläßlich eines Besuchs im Verlag hatte ich eine offenbar sehr plastische Schilderung meines Leseabends gegeben, brüllendes Gelächter geerntet, aber nicht an die Folgen gedacht.
    »Warten Sie mal ab, wie wohl Sie sich fühlen werden, wenn Sie in der richtigen Umgebung vor einem interessierten Publikum lesen. Da herrscht doch eine ganz andere Atmosphäre«, hatte der Herr Verleger gesagt und gleich etwas Passendes zur Hand gehabt. »Frau Haselmann in Duisburg möchte schon lange einen Leseabend mit Ihnen machen, und der Herr Waldvogel in Mönchengladbach ist ebenfalls scharf darauf.«
    »In Voerde habe ich auch noch jemanden«, fiel Frau Maibach ein, »und in der Nähe von Köln.«
    »Dann können wir auch gleich die Buchhandlung in Hammershausen mitnehmen«, sagte Herr Adler, ein sehr rühriger Außendienst-Mitarbeiter. »Dort hat man mich schon ein paarmal gefragt, wann Frau Sanders mal Zeit hätte.«
    Dann gab es noch jemanden in der Umgebung von Heidelberg, der mich seinen Kunden vorzustellen wünschte, und der Kaufhof in Nürnberg hatte sich gleichfalls gemeldet.
    »Soll ich da etwa zwischen Unterhosen und Lampenschirmen lesen?«
    »Da sollen Sie überhaupt nicht lesen, man möchte Sie nur für eine Signierstunde haben.«
    Ich dachte an den Gründonnerstag in Kaiserslautern und winkte ab. »Gegen Kaufhäuser bin ich allergisch.«
    »Auch dann, wenn sich die Buchabteilung im Haus befindet?«
    Ich ließ mich breitschlagen. Hauptsächlich deshalb, weil ich noch nie in Nürnberg gewesen war und nun eine Möglichkeit witterte, diese Bildungslücke zu schließen.
    »Da bekommen wir eine sehr schöne Tournee zusammen.« Frau Maibach war zufrieden, als ich mich am nächsten Tag verabschiedete. »Jetzt muß ich nur noch die einzelnen Termine aufeinander abstimmen. Sobald ich alle Daten habe, schicke ich Ihnen die genaue Reiseroute.«
    »Und wann etwa muß ich Koffer packen?«
    »Auf jeden Fall erst nach der Buchmesse. Wir müssen an das Weihnachtsgeschäft denken.«
    Natürlich, das hätte ich beinahe vergessen.
    »Reicht der schwarze, oder soll ich den Überseekoffer von Onkel Henry aus dem Keller holen?«
    Die Zwillinge halfen beim Packen. Den halben Inhalt des Kleiderschrankes hatten sie schon im Zimmer verteilt, begutachtet und das meiste davon als »total ätzend« verworfen.
    »Wie kann man sich bloß solche Hosen kaufen?« Mit spitzen Fingern hielt Katja das Corpus delicti in die Höhe. »Nicht mal zum Rasenmähen würde ich die anziehen!«
    »Dazu wären sie auch völlig ungeeignet«,

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