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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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möchten. Stefanie hatte sich schon mit dem Angebot vertraut gemacht und war ganz begeistert. »Au ja, Määm, die haben sogar »Easy Rider«. Ich weiß nicht, warum, aber den Film habe ich nie gesehen. Kann ich nachher nicht hierbleiben?«
    Diese Frage erledigte sich von allein, weil »Easy Rider« schon vergeben war und die restliche Auswahl nach Ansicht meiner Tochter unter die Rubrik »Tote Hose« fiel.
    Als das Telefon klingelte, zuckte ich zusammen. Wer konnte jetzt schon etwas von mir wollen? Zu Hause hatte ich zwar genaue Angaben hinterlassen, wann ich wo zu erreichen sein würde, aber wir waren doch kaum ein paar Stunden weg, da konnte unmöglich schon das Haus abgebrannt oder die Waschmaschine kaputtgegangen sein.
    Herr Adler war dran. Ob es mich störe, wenn er in der Badewanne singe?
    »Ich bin auch unmusikalisch«, beruhigte ich ihn. Was sollte diese Frage überhaupt? Soviel ich wußte, wohnte er mindestens hundert Kilometer weit weg, da hört man ja nicht einmal mehr einen Tiefflieger.
    »Ich hab das Zimmer neben Ihnen und wollte eigentlich fragen, ob wir noch zusammen einen Kaffee trinken?«
    Und ob! Dazu mindestens zwei Stück Torte, denn die Ochsenschwanzsuppe in der Autobahn-Raststätte hatte nicht mal von weitem ein Rindvieh gesehen und war entsprechend gehaltvoll gewesen. Steffi glaubte sogar schon die ersten Anzeichen eines Hungerödems zu spüren.
    Das unerwartete Auftauchen eines Babysitters hatte angeblich eine ganz simple Ursache. Da er ohnehin in der Gegend zu tun gehabt habe, sei es nur eine logische Konsequenz gewesen, hier Quartier zu beziehen und mich bei meiner ersten offiziellen Lesung moralisch zu unterstützen. Ohnehin sei die Buchhandlung schwer zu finden, noch schwerer anzufahren, er kenne aber Schleichwege… Herr Adler schwindelte, was das Zeug hielt.
    Schon als Steffi vorhin ihr »tolles Kleid« auf einen Bügel gehängt hatte, waren mir die ersten Zweifel gekommen, aber nachdem sie sich hineingewickelt hatte, konnte ich nur mit Mühe ein Lachen unterdrücken.
    »Zieh bloß diesen Fummel aus, dafür bist du zwanzig Jahre zu jung!«
    »Die Verkäuferin hat aber gesagt, das Kleid sei sehr damenhaft.«
    »Eben! Aus dir wird nie eine, selbst wenn du jede Nacht im Abendkleid schläfst.«
    Das war wohl ein bißchen zu drastisch gewesen! Ich nahm Steffi in die Arme und schob sie sanft vor den Spiegel. »Sei doch mal ehrlich! Findest du wirklich, daß dieses Rüschengebammsel zu dir paßt?«
    »Ich muß mich erst dran gewöhnen.«
    »Das schaffst du heute abend aber nicht mehr. Was hat denn Horst Hermann zu dieser Kreation gesagt?«
    Steffi lächelte kläglich. »Der findet sie scheußlich.«
    »Ich auch. Jetzt ziehst du das Ding aus, holst deine schwarze Hose aus dem Koffer, ich gebe dir meinen Pulli, den Schal kannst du auch haben, und dieses blaue Ungetüm tauschst du nächste Woche wieder um. Die Verkäuferin, die dir das angedreht hat, sollte man wegen Körperverletzung anzeigen.«
    Herr Adler wartete schon. Höflich fragte er, ob ich bereits in der Lage sei, meine Lesung auswendig vorzutragen, er finde das erstaunlich. Himmel ja, die Bücher! Die hatte ich im Zimmer liegenlassen. Mit einer wenig schmeichelhaften Bemerkung über mein fortschreitendes Alter und die damit verbundene Arterienverkalkung trabte Steffi ab.
    Die nun folgenden zwei Stunden sind nicht weiter erwähnenswert. Herr Waldvogel war sehr freundlich, das Publikum war noch freundlicher, denn es lachte an den richtigen Stellen, am freundlichsten aber war Herr Adler, weil er mir hinterher versicherte, das habe er schon vorher gewußt.
    »Was?«
    »Daß Sie die Sache spielend hinkriegen werden.«
    Trotzdem trank ich dankbar den Kognak, den der Buchhändler hinstellte, während ich die letzten Bücher »auf Vorrat« signierte. Der zweite schmeckte auch noch, auf den dritten verzichtete ich lieber.
    Um zehn Uhr abends pflegen Fußgängerzonen menschenleer zu sein. Deshalb heißen sie ja auch so. Weit und breit war niemand zu sehen, den wir hätten überfahren können, als Herr Adler, vorsichtig die Blumenkübel umkurvend, die Straße ansteuerte. Dann merkten wir aber doch, daß das Stadtzentrum noch nicht ganz ausgestorben war. Aus einem abgestellten Auto winkte eine Polizeikelle.
    »Führerschein und Wagenpapiere!« forderte der Mann in Rollkragenpullover und Cordhosen.
    »Zeigen Sie mir lieber erst mal Ihre«, parierte Herr Adler, »da könnte ja jeder kommen!«
    Die Legitimationen wurden ausgetauscht. Herr Adler

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