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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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bemühten. Insgesamt waren es neunzehn, die sich schließlich auf Altdeutsch, Kiefer furniert und Kunststoff niederließen. Ich konnte anfangen.
    Vorher mußte ich noch die Lampe richtig einstellen, die alles, was oberhalb meiner Knie lag, in sanftes Dämmerlicht tauchte. Ich bückte mich, es knackte leise, und dann hatte ich auch schon die Sicherheitsnadel im Bauch. Zum Glück hing noch meine Jacke über der Lehne. Ich hatte sie gerade erst ausgezogen, weil mir warm geworden war, nun zog ich sie wieder an, schloß die beiden unteren Knöpfe und hoffte, daß wenigstens der Reißverschluß von der Hose halten würde. Solange ich sitzen blieb, konnte nicht viel passieren, aber irgendwann würde ich ja mal wieder aufstehen müssen.
    Nach dem gestrigen Erfolg war diese Lesung eine ziemliche Enttäuschung. Schon nach wenigen Minuten spürte ich, daß ich nicht »rüberkam«, kein Echo fand, kaum jemandem ein müdes Lächeln entreißen konnte. Wahrscheinlich lag es an mir selbst, da ich meine Aufmerksamkeit zwischen der Lektüre und der aufgeplatzten Hose teilen mußte, aber ich halte dem Publikum noch heute zugute, daß es der Verlockung heroisch widerstanden und keine Anstalten gemacht hatte, in eins der zahlreichen Betten zu steigen.
    Steffi hatte mitbekommen, was geschehen war, und in Ermangelung geeigneterer Hilfsmittel einen Schnürsenkel aus ihrem Schuh gezogen. Als ich endlich mein Buch zugeklappt hatte und erst mal in meiner Tasche kramte, um nicht aufstehen zu müssen, kam sie sofort nach vorne und zog mich hinter eine Säule, immer darauf bedacht, daß sie sich zwischen mir und den Zuhörern befand.
    »Ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht tief atmen!« Erst zog sie den Schnürsenkel durch das Knopfloch der Hose, dann durch das winzige Loch vom Reißverschluß, und schließlich verknotete sie die Strippe im untersten Knopfloch der Bluse. »Das hält bestimmt! Es könnte nur am Hals ein bißchen eng werden, weil jetzt alles nach unten zieht!« Jacke drüber, dann war ich wieder präsentabel. Nur wollte mich gar keiner mehr sehen. Die meisten Besucher waren gegangen, und die wenigen, die noch herumstanden, tauschten untereinander den Stadtklatsch aus.
    »Es muß wohl am Wetter gelegen haben«, sagte Ute hinterher.
    »Oder am Fußball-Länderspiel«, meinte der Möbelhausbesitzer, »das hätte ich nämlich auch gern gesehen.« Trotzdem sah er gar nicht unzufrieden aus, er hatte so ganz nebenbei eine Polstergarnitur verkauft.
    »Wo müssen wir denn morgen hin?« wollte Steffi wissen, als wir in das zweihundert Jahre alte Himmelbett krochen.
    »Westerwald.«
    »Ach du liebe Zeit«, meinte sie erschrocken, »das ist ja noch mehr Pampa als hier.« Aber dann tröstete sie sich schnell. »Noch schlimmer als heute abend kann es gar nicht mehr werden.«
    Schon geschlossen! signalisierte der kleine Mann hinter der Scheibe, wobei er mit dem Zeigefinger mehrmals auf seine Armbanduhr pochte und schließlich im Hintergrund des Ladens verschwand.
    Es war zehn nach sechs. Steffi rüttelte noch einmal an der Klinke, erreichte aber nur, daß das Licht gelöscht wurde und wir im Dunkeln standen.
    »Ist der Kerl behämmert, oder was? Der müßte sich doch denken können, wer du bist.«
    »Vielleicht erwartet er, daß ich mit einer Polizeieskorte vorfahre. Komm, wir versuchen es mal hintenherum. Jedes anständige Geschäft hat einen Lieferanteneingang.«
    Der war aber auch verschlossen, eine Klingel gab es nicht, dezentes Klopfen wäre vergeblich gewesen, und so bearbeitete Steffi die massive Holztür mit den Füßen. Das half! Sie wurde von innen aufgerissen und machte der personifizierten Entrüstung Platz. »Was denken Sie sich eigentlich?«
    »Entschuldigen Sie bitte…« Weshalb entschuldigte ich mich überhaupt? Er wollte ja was von mir, nicht ich von ihm! »Mein Name ist Sanders.«
    Jetzt wurde er zugänglicher. »Ach so, das habe ich nicht gewußt, und so früh hatte ich noch gar nicht mit Ihnen gerechnet, wir fangen doch erst in zwei Stunden an.«
    »Ich habe auch nicht die Absicht, so lange hier zu warten.« Nun wurde ich ebenfalls patzig. »Wir fahren jetzt ins Hotel und werden kurz vor acht wieder dasein, das wird wohl genügen.«
    Er fand das auch, aber dann fiel ihm doch noch etwas ein. »Wie ist das mit dem Essengehen? Man hat mir gesagt, ich soll Sie zum Essen einladen. Wollen wir das gleich jetzt machen?«
    O nein, vielen Dank! Auf diese Pflichtübung konnte ich gern verzichten. »Wir haben noch gar keinen

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