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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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sollen. Wer dort nicht geboren und zusammen mit den immer neu entstehenden Betonkreiseln aufgewachsen ist, sollte erst gar nicht versuchen, sich ohne fremde Hilfe durchzulavieren. Wir versuchten es trotzdem, und daß wir mal wieder auf der verkehrten Autobahn gelandet waren, merkten wir erst, als wir uns dem Zollgrenzbezirk näherten.
    »Nächste Abfahrt runter, Steffi, und dann auf irgendeine Landstraße, die nach rechts geht!«
    Es gab sogar eine. Als sie zu Ende war, sahen wir in der Ferne die Silhouette einer Stadt. Voerde. Gar nicht weit weg. Unser Pech war nur, daß der Rhein dazwischen lag. Und die nächste Brücke in Wesel.
    Maximal zwei Stunden Fahrt, hatte Herr Adler gesagt. Wir schafften spielend das Doppelte, und dann mußten wir noch das Hotel suchen. Wenn man zum Beispiel in Obermühlbach ist und nach Untermühlbach will, darf man mit Fug und Recht annehmen, daß man gleich da ist. Am Niederrhein ist das anders. Da liegen Ober und Unter mindestens zwanzig Kilometer weit auseinander mit drei Dörfern dazwischen. Eigenartig ist auch, daß die wenigsten Bewohner von Ober wissen, wie man nach Unter kommt, und die, die es zu wissen glauben, wissen es nicht richtig. Wir brauchten noch mal eine Stunde, bis wir endlich das Hotel gefunden hatten.
    »Keinen einzigen Kilometer fahre ich heute mehr!« sagte Steffi. »Mir Wurscht, wie du nachher zu deiner Lesung kommst. Kann dich die Büchertante nicht abholen?«
    Das war eine ausgezeichnete Idee! Natürlich werde man kommen, hieß es am Telefon, sogar gerne, und ob es recht sei, wenn Ute uns um sieben in der Halle erwarte?
    Jetzt war es fünf. Draußen nieselte der Novemberregen, das Himmelbett mit dem wuchtigen Kasten darunter, in den man regelrecht hineinsteigen mußte, lockte, die vorangegangene Nacht war sowieso viel zu kurz gewesen… Steffi sah mich an, ich sah Steffi an… fünf Minuten später lagen wir in den Buntkarierten und schliefen. Der Wecker auch. Ich hatte geglaubt, Steffi habe ihn gestellt, Steffi hatte geglaubt, ich habe ihn gestellt, und so wurden wir erst durch das Telefongebimmel wach. An der Rezeption warte jemand auf uns.
    »Schei…! Immer wenn man’s eilig hat, passiert so was!« Zeit zum Annähen blieb nicht, erst recht nicht zum Umziehen, andererseits hatte der Hosenknopf eine wichtige Funktion und die Sicherheitsnadel ein zu kleines Format.
    »Wenn du nicht tief atmest, passiert nichts«, versicherte Steffi.
    Mit nur einer Viertelstunde Verspätung begrüßten wir Ute, die gar keine Angestellte war, sondern unsere Gastgeberin selber. Wieder mal stiegen wir in ein Auto und ließen uns wieder mal zu einer Buchhandlung bringen. Eine sehr abgelegene mußte es sein, weil wir die Stadt links liegen ließen und im Industriegebiet herumkurvten vorbei an Großmärkten, Lagerschuppen, leeren Parkplätzen und einer spärlich befunzelten Schrotthalde. Da konnte doch irgendwas nicht stimmen!
    »Ich sollte Ihnen vielleicht sagen, daß die Lesung nicht in meinem Geschäft stattfindet, dazu ist der Raum zu klein«, sagte Ute. »Hier haben wir mehr Platz!«
    Zweifellos! Wir standen nämlich vor einem hell erleuchteten Möbelhaus. Weit und breit war kein zweites Auto zu sehen, zu Fuß würde sich niemals jemand hier herauswagen, es regnete, war kalt, in der Ferne schlug eine Kirchturmuhr drei Viertel acht.
    »Glauben Sie wirklich, es kommt noch jemand?«
    Ute glaubte es. Sie habe in der Zeitung inseriert, und die Plakate hingen ja auch schon seit einigen Tagen.
    Ein Wagen näherte sich. Der erste Besucher! Es war aber bloß der Möbelhausbesitzer mit dem Schlüssel. Zuerst durchquerten wir die Sitzgarnituren, danach die Schrankwände, kamen zu den Küchen und schließlich zur Treppe.
    »Oben ist es gemütlicher«, sagte der Möbelhausbesitzer, dessen Namen ich nie erfahren habe, »das werden Sie gleich sehen. Ich darf doch vorangehen?«
    Es war tatsächlich gemütlicher, denn oben waren die Schlafzimmer aufgebaut, und mittendrin… »Das kann doch nicht wahr sein!« flüsterte Steffi.
    Es war aber wahr! Umgeben von Doppelbetten und Frisierkommoden, stand ein kleines Podest mit Tisch, Stuhl und Lampe, davor ein Sortiment Sitzgelegenheiten aller Stilrichtungen, und dahinter kam schon wieder das nächste Bett.
    Am liebsten wäre ich umgekehrt, aber ich hatte ja kein Auto, und außerdem schienen sich nun doch einige Zuhörer eingefunden zu haben, die allerdings erst einmal die Verkaufsräume besichtigten, bevor sie sich in die Schlafzimmerabteilung

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