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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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schmunzelte. Niemand tat mir den Gefallen.
    So etwas ist tödlich. Man sitzt da vorne und hat das Gefühl, gegen eine Wand zu sprechen, der es ja auch völlig gleichgültig ist, ob man nun aus dem Telefonbuch vorliest oder aus dem Struwwelpeter. Das einzige Geräusch außer meiner eigenen Stimme war das anhaltende Schneuzen in ein Taschentuch.
    Na schön, wenn ihr nicht wollt, will ich auch nicht! Das Kapitel brachte ich noch zu Ende, dann klappte ich das Buch zu und leitete damit die schon vorher angekündigte Pause ein. Kein Mensch rührte sich, nur Steffi stand auf, alles drehte sich nach ihr um, dann gingen die Köpfe zurück nach vorne. Achselzuckend setzte sich auch Steffi wieder hin. Herr Bobbeck, dem ich einen auffordernden Blick zugeworfen hatte, lächelte freundlich, verschränkte die Arme vor der Brust und wartete ab. Die anderen auch.
    Am liebsten hätte ich jetzt gesagt: »Die Liveübertragung ist beendet, zum Programmschluß schalten wir zurück in die Sendezentrale«, aber das ging ja wohl nicht. So suchte ich das kürzeste Kapitel aus dem ganzen Buch heraus, las es herunter, schlug das Buch wieder zu, knipste die Lampe aus und stand auf. Nun begriff auch der letzte, daß nichts mehr kommen würde. Steffi fing an zu klatschen, und brav fielen die meisten mit ein. Dann gingen sie nach Hause.
    Der Abschied war kurz und schmerzlos. Bevor wir diese gastliche Stätte verließen, empfahl ich Herrn Bobbeck, auf weitere Leseabende erst einmal zu verzichten und abzuwarten, bis seine Kunden dafür empfänglicher seien. Er war ganz erstaunt. »Aber warum denn? Es war doch sehr schön.«
    Hammershausen liegt in der Nähe von Frankfurt, da sind die Menschen aufgeschlossener, heiterer, schon wegen des Äppelwois, denn sauer macht bekanntlich lustig – außerdem schien endlich wieder die Sonne, das war auch ein gutes Zeichen, und so wich unsere depressive Stimmung mit jedem zurückgelegten Kilometer einem gesunden Zweckoptimismus.
    »Hotel am Schwimmbad« hieß die angesteuerte Herberge für diese Nacht. »Klingt gut«, hatte Steffi gesagt und vorsichtshalber ihren Badeanzug in den Koffer gepackt.
    »Was willst du im November in einem Freibad?«
    »Wer redet denn davon? Die werden ein Planschbecken im Haus haben.«
    Hatten sie nicht. Präzise ausgedrückt, hatten sie erst mal gar nichts außer einem Schild an der Tür, das besagte, man solle doch bitte nachstehende Nummer anrufen (Telefonzelle am Ende der Straße) oder im Haus Nummer soundsoviel, zweite Querstraße rechts, den Schlüssel abholen.
    »Muß wohl ein Selbstbedienungshotel sein«, vermutete ich, »Personal wird immer teurer.«
    »Ich tippe eher auf Obdachlosenasyl, die machen auch immer erst abends auf.«
    Dafür sah das Haus allerdings zu gepflegt aus. Wir verschoben die Klärung dieser Frage auf später und machten uns auf die Suche nach der zweiten Querstraße rechts. Groschen fürs Telefon hatten wir nicht.
    Eine behäbige Frau vom Typ Viktualienmarkt, Abteilung Obst und Gemüse, öffnete. In der einen Hand hielt sie ein Fleischermesser, die andere wischte sie bei unserem Anblick schnell an der Schürze ab. »Sie wünschen bitte?«
    Ich betete mein Sprüchlein herunter und erfuhr, daß die Hotelrezeption außerhalb der Saison nur abends besetzt sei, wenn die Gäste, hauptsächlich Handelsvertreter, zurückkämen. Tagsüber sei das Haus immer leer. Ob wir einen Moment warten könnten, sie hole nur den Schlüssel.
    Als sie zurückkam, hatte sie die Schürze ab- und Lippenstift aufgelegt. Gemeinsam trotteten wir zum Hotel. Erster Stock Zimmer zwölf, wenn’s recht wäre, und gleich hier unten sei der Aufenthaltsraum, in der Ecke der Kühlschrank mit Getränken, Entnommenes bitte in die obenaufliegende Liste eintragen, Abrechnung erfolge beim Frühstück, beim Fernseher sei das dritte Programm leider gestört, essen könnten wir am besten im Bräustübel am Markt, da gebe es durchgehend warme Küche, und ob wir sonst noch Fragen hätten? Wir hatten keine. Beruhigt kehrte die Frau Wirtin zu ihrem Fleischermesser zurück.
    »Was machen wir nun?« fragte Steffi, nachdem wir uns häuslich eingerichtet und den Kühlschrank um die letzte Flasche Orangensaft geplündert hatten. »Sollen wir etwa bis zum Abend hier rumsitzen?«
    »Quatsch! Wir gucken uns ein bißchen die Stadt an und machen einen Antrittsbesuch in der Buchhandlung.«
    Außer einigen Fachwerkhäusern und einem Teich mit ein bißchen Park drum herum gab es nicht viel zu gucken. Die Eisdiele war

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