Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
klickten. Warum eigentlich? Kein Foto kann die vollendete Schönheit dieser Statue auch nur annähernd wiedergeben.
    Als Sakrileg empfand ich die an der Wand hängenden Telefone. Man wirft eine Münze hinein, drückt eine Taste und bekommt in allen gängigen Sprachen einschließlich Japanisch die der Kirchenverwaltung notwendig erscheinenden Informationen. Da hängen sie dann reihenweise an den Strippen, schielen mit einem Auge zu Moses, mit dem anderen zu ihrem Reiseleiter, und kontrollieren, ob er auch nichts von dem ausläßt, was gerade durch den Telefonhörer kommt. »Sie hätten uns auch noch auf den Faltenwurf des Mantels aufmerksam machen müssen, als Laie sieht man das ja nicht!«
    Bloß weg hier! Auf dem Weg zum Ausgang wurde ich mit einem weiteren Produkt moderner Errungenschaften konfrontiert. Im allgemeinen pflegen Gläubige, die von der Mutter Gottes etwas erbitten, eine Kerze anzuzünden und vor dem Altar aufzustellen. Hier läuft die Sache bereits computergesteuert ab. Man entrichtet sein Scherflein, betätigt einen Knopf, und sofort flammt eine Glühbirne auf, die je nach Größe der Spende entsprechend lange brennt. Dutzende stehen nebeneinander aufgereiht, flackern auf, verlöschen, wenn die Zeit abgelaufen ist – es hat eine fatale Ähnlichkeit mit einer defekten Lichterkette auf dem Jahrmarkt.
    Auf der Fahrt zur vorerst letzten Sehenswürdigkeit sahen wir in einiger Entfernung auf dem Palatin die Fundamente der ehemaligen Paläste.
    »Guck mal, Otto, das ist bestimmt das Kolosseum!«
    Das Ehepaar hinter mir stammte aus Wuppertal und war auf der zweiten Hochzeitsreise. Die erste hatte es nach Venedig gemacht. Vor siebenundvierzig Jahren. Otto folgte dem ausgestreckten Zeigefinger seiner Angetrauten. »Das ist ja so klein. Ich hatte mir das alles viel größer vorgestellt.«
    »Mein Gott, Otto, du weißt doch, wie die das auf den Fotos immer retuschieren.«
    Otto war dann aber doch zufrieden, als er das »richtige« Kolosseum in seiner imposanten Größe sah. »Wenn man sich nu mal so denkt, daß da die Löwen rumgelaufen sind und Ben Hur und der Nero, wenn er immer mit dem Daumen nach unten gezeigt hat… und jetzt kann man hier ganz gemütlich Kaffee trinken und über die Geschichte nachdenken. Was meinst du, Trudchen, ob die in ihrer Cafeteria Ansichtskarten haben? Ich muß noch eine an Paul und Roswitha schreiben.«
    Mit einem Pappbecher Orangensaft in der Hand spazierte ich durch die riesige Anlage und hatte ähnliche Empfindungen wie Napoleon beim Anblick der Pyramiden. Es waren ja auch ein paar Jahrtausende, die auf mich herabsahen.
    Hannelore pfiff zum Sammeln. Der Busfahrer sah ungeduldig auf die Uhr. Er wollte nach Möglichkeit noch vor der Rush-hour das Stadtzentrum verlassen haben. Wir sind nur dreimal im Verkehr steckengeblieben, also muß ihm das wohl gelungen sein.
    Als wir fußlahm und ziemlich erschöpft über den zweiten Hinterhof zum Hoteleingang schlurften, stöhnte der Herr Bürgermeister: »Wenn Rom nicht an einem Tag erbaut worden ist, weshalb, um alles in der Welt, haben wir es dann an einem Tag besichtigen müssen?«
    Da wir am nächsten Morgen früh aufstehen mußten, fiel das gesellige Beisammensein nach dem Abendessen recht kurz aus. Es sollte ja auch nur dem besseren Kennenlernen der Gruppe dienen. Die meisten Teilnehmer waren Ehepaare, die je nach Ausstellungsdatum des Trauscheins Hand in Händchen liefen oder aber in zwei Meter Abstand. Dann gab es noch zwei alleinreisende Damen, die sich ein Doppelzimmer teilten und schon auf der Fahrt vom Flugplatz zum Hotel nicht einig wurden, ob sie bei geöffnetem oder geschlossenem Fenster schlafen sollten; einmal wegen des Krachs, zum anderen wegen der Diebe.
    Am bemerkenswertesten war die Quadriga, bestehend aus Mutter und drei Söhnen, die ständig nebeneinander hergingen und mitunter den Verkehrsfluß zum Halten brachten. Jedes Jahr in den Pfingstferien unternehme sie mit ihren Kindern eine Bildungsreise, hatte die Mutter erzählt, Paris, Florenz, Wien, überall seien sie schon gewesen, und nun sei eben Rom an der Reihe. Die Knaben sahen schon, richtig kulturgeschädigt aus. Ein Bummel durch das nächtliche Rom? Aber nein, auf gar keinen Fall, die Jungs müßten ausgeschlafen sein, um all das Wissens- und Sehenswerte aufnehmen zu können. Die Jungs blickten ergeben vor sich hin. Zwei Stunden später stürzten sich die beiden älteren ins Nachtleben, nur der Jüngste konnte nicht, weil er mit seinem Zerberus im selben Zimmer

Weitere Kostenlose Bücher