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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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bei Beerdigungen trug. Angeblich sah ich darin sehr seriös aus.
    Etwas Weibliches mit Nickelbrille steuerte auf den Stand zu. Ihm folgte ein Turnschuhjüngling, behängt mit Fotoapparaten. Während die junge Dame mit dem behäbigen Herrn plauderte, bemühte sich der Jüngling vergebens, sein Opfer ins rechte Bild zu rücken. Mal störte die Weinflasche auf dem Tisch, dann wieder die Menschentraube, die sich sofort zusammengeballt hatte, die Beleuchtung war ungenügend, und überhaupt sollte man lieber ins Pressezentrum gehen, da sei es doch etwas ruhiger. Minuten später war der Stand leer, und ich fand mich unversehens allein vor der Sitzecke wieder.
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ja – nein – ich weiß nicht, vielleicht doch…« Ich hätte mich ohrfeigen können! Führte mich auf wie ein verlegener Backfisch, der vor lauter Ehrfurcht zu stottern anfing. »Ich bin Evelyn S.«
    Der korrekt mit Weste und Pünktchenkrawatte gekleidete Herr nickte höflich und schien auf weitere Erklärungen zu warten. Schließlich zeigte ich auf mein Buch, das neben vielen anderen in einem der Schaukästen ausgestellt war. »Das ist von mir!«
    Einen Augenblick lang sah er mich fassungslos an, dann hatte er sich wieder in der Gewalt. »Sie sind Frau Sanders? Herzlich willkommen.«
    Ja, natürlich, das war’s gewesen! Ich hatte mich unter meinem richtigen Namen vorgestellt, und damit hatte er nichts anfangen können. Das kommt davon, wenn man sich mit fremden Federn schmückt.
    Nun war man sichtlich besorgt um mich. Ich durfte mich hinsetzen, durfte zwischen Kaffee, Saft und Alkoholischem wählen, durfte rauchen, durfte viele Hände schütteln, die ausnahmslos zu blau- oder graugekleideten Herren gehörten, über deren Funktionen man mich gnädigerweise im unklaren ließ.
    »Schade, daß Sie Konsaliks verpaßt haben. Vor fünf Minuten waren sie noch hier«, bedauerte Herr Wegner, jener Mensch, der mich als erster aufgelesen hatte und nun dazu verdonnert war, Konversation zu machen. Ich beneidete ihn nicht darum, denn in mir hatte er einen wenig ergiebigen Gesprächspartner. Es hatte mir ganz einfach die Sprache verschlagen! Da hatte ich nur ein paar Meter entfernt vom Arzt von Stalingrad gestanden und ihn nicht erkannt! Das sollte Stefanie wissen! Sie hatte gerade ihre Liebe zur Taiga entdeckt und las alles, was nur entfernt nach russischer Seele klang. Vorneweg Konsalik. Meine Verlegerin lernte ich auch noch kennen. Sie war sehr jung, sehr elegant und professionell liebenswürdig. Wir tauschten Artigkeiten, plauderten über Banales, aber als sie sich nach wenigen Minuten mit einem wichtigen Termin entschuldigte, war mir klar, daß uns wohl kaum jemals freundschaftliche Bande verknüpfen würden. Wir hatten nicht die gleiche Wellenlänge. Vielleicht war ich auch noch nicht emanzipiert genug, aber das würde ich ohnehin nie werden. Zwanzig Jahre Provinz, ein Stall voll Kinder und als einzige Abwechslung die vierteljährlichen Tagungen des Elternbeirats – so was prägt!
    Erst auf der Heimfahrt fiel mir ein, daß ich mit niemandem über mein fast fertiges Manuskript gesprochen hatte. Auch egal, die Ablehnung konnten sie mir ja schriftlich mitteilen.

5
    »Für die ›Pellkartoffeln‹ planen wir eine Berlin-Premiere. Wären Sie damit einverstanden?«
    »Aber ja, natürlich.« Ich war mit allem einverstanden, was der Publizierung meines neuen Buches nützlich sein konnte, auch wenn ich gar nicht wußte, worum es überhaupt ging. Premiere? Ein Theaterstück hat Premiere, eine Operninszenierung – aber ein Buch? Bloß nicht wieder etwas Falsches sagen, blamiert hatte ich mich schon oft genug. Krampfhaft umklammerte ich den Telefonhörer.
    »Wann soll denn das sein?« Diese Formulierung war neutral und ließ keine Rückschlüsse auf mangelnde Kenntnisse der verlegerischen Terminologie zu.
    »Würde Ihnen Mitte März passen? Oder haben Sie zu diesem Zeitpunkt andere Verpflichtungen?«
    Hatte ich natürlich nicht, aber so etwas darf man als Autorin nunmehr zweier Bücher nicht sagen, es untergräbt das Image der vollbeschäftigten Karrierefrau. Nach einer angemessenen Pause, während der ich geräuschvoll im Telefonbuch blätterte, sagte ich mit leicht desinteressierter Stimme: »Nein, nach dem 10. 3. liegt bis jetzt noch nichts vor.«
    »Fein! Dann halten wir diesen Termin erst einmal fest. Einzelheiten gehen Ihnen schriftlich zu.«
    Hoffentlich bald, dachte ich im stillen, damit ich weiß, was da eigentlich auf mich zukommt.
    »Habt

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