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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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teilen, den ich erst seit ein paar Stunden kenne, aber hier handelte es sich um einen Notfall, müde war ich auch, also – »Ich nehme dankend an, verspreche Ihnen, daß ich nicht schnarchen werde, und somnambul bin ich bloß bei Vollmond.«
    Viel geschlafen haben wir nicht mehr in dieser Nacht, und entsprechend munter erschienen wir am nächsten Morgen um acht am Frühstückstisch, begrüßt von den erstaunten Gesichtern der bereits Anwesenden. Ich war im örtlichen Hauptquartier des Verlags gelandet, wo die meisten zur Messe abkommandierten Mitarbeiter wohnten – Verlegers natürlich ausgenommen –, die wenigsten von ihnen hatten meinen nächtlichen Einzug mitgekriegt. Meine langatmigen Erklärungen wurden teils mit Bedauern, teils mit süffisantem Lächeln aufgenommen.
    »Also das hätten wir nun doch nicht von Ihnen gedacht, wo Sie doch fünf Kinder haben!«
    »Seien Sie froh, daß hier keine Journalisten wohnen, auf diese Weise bleibt es wenigstens unter uns!«
    »Ja, ja, immer diese stillen Wasser!«
    Ich kapierte noch immer nichts, aber der Groschen fiel doch endlich, als Frau Maibach ganz trocken sagte: »Man kann eben nicht ständig über seinen eigenen Schatten springen!«
    Die Frotzeleien gingen den ganzen Tag über weiter und wurden nur unterbrochen, wenn sich Besucher zu uns gesellten. Trotzdem muß durch die geheimen unterirdischen Kanäle etwas nach außen gedrungen sein; Monate später wurde ich von einem alten Freund längst vergangener Journalistenzeiten gefragt: »Ich hab da so was läuten hören. Stimmt es wirklich, daß du lesbisch bist?«
    »Natürlich, hast du das nicht gewußt? Fünf Gören und in zwei Jahren Silberhochzeit – alles nur Tarnung!«
    Ich glaube, er rätselt noch heute.
    Auch in den Hallen der Literatur gibt es eine gewisse Hierarchie, die an der Plazierung des jeweiligen Standes sichtbar wird.
    Die Elite der Verlagsbranche residiert in der Mitte, also dort, wo die Gänge ein paar Zentimeter breiter sind und von den Größen aus Politik und Wirtschaft bei ihren Pflichtbesuchen durcheilt werden. An den Randbezirken der Hallen hausen die kleinen Verlage, die unbekannten, die neuen – kaum beachtet und von den meisten Besuchern nur dann zur Kenntnis genommen, wenn sich Warteschlangen vor den Toiletten gebildet haben. In zum Teil armseligen Bretterbuden, vollgekleistert mit Plakaten und den oft recht kümmerlichen Erzeugnissen ihres Hauses, hocken in diffusem Halbdunkel verschreckte Jung-Autoren neben ihren auch nicht viel älteren Verlegern und warten auf das Wunder, das ihnen Ruhm und die nächste bezahlte Telefonrechnung garantieren soll.
    Ein Messestand ist nichts anderes als ein dreiwandiger Bretterverschlag unterschiedlicher Größe, lediglich an der Ausstattung läßt sich die Bedeutung der einzelnen Verlage erkennen. Dicke Teppichböden, beleuchtete Dias an den Wänden und gefüllte Blumenvasen signalisieren die elitäre Spitzenposition. Man sieht’s auch an den Getränken. Whisky on the rocks in Kristallgläsern am Mittelgang, dazu Käsegebäck, weiter hinten Plastikbecher mit Wodkaverschnitt und Salzstangen.
    Zu jedem Stand gehört ein »Kabuff« genannter Verschlag mit dem Volumen einer mittelgroßen Besenkammer, neugierigen Blicken nur sehr unzulänglich durch einen nie korrekt schließenden Vorhang entzogen, hinter dem sich alles stapelt, was vorne nichts zu suchen hat. Wichtigstes Möbel: Der Kühlschrank, in dem man wenig Alkoholfreies, dafür um so mehr Hochprozentiges findet. Lauwarmen Apfelsaft kann man notfalls anbieten, lauwarmen Gin auf keinen Fall. Auf dem Kühlschrank steht eine Kaffeemaschine, daneben die Plastikschüssel mit Spülwasser. Sobald sich diese Flüssigkeit von milchig-weiß zu dunkel grau färbt, beginnt das Streichholzspiel. Wer das kürzeste Hölzchen zieht, ist dazu verdonnert, die Wanne mit der unappetitlichen Brühe zum Waschraum zu jonglieren, auszukippen und frisch gefüllt wieder zurückzubringen, was besonders am Nachmittag zu halsbrecherischen Balanceakten führt, weil sich bis dahin die Besucherscharen in den Hallen verdreifacht haben.
    Um den Kühlschrank herum stapelt sich sonstiges: Der ständig überquellende Müllsack, Handtaschen, Bücher, die irgend jemand irgendwo geschnorrt und vorsichtshalber aus der Schußlinie gebracht hat, Garderobe, herrenlose Regenschirme, Gläser, Tassen, Flaschen – volle und leere –, dazwischen das Telefon und gelegentlich ein abgestelltes Kleinkind. Es ist erstaunlich, was in diesem Kabuff

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