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Das Hagebutten-Mädchen

Das Hagebutten-Mädchen

Titel: Das Hagebutten-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Häufchen Elend zusammen. Hilflos schaute der Kleine an seiner Mutter hoch.
    Wencke dachte nur an Sanders und dass er endlich kommen sollte. Wo steckte er überhaupt? Was für ein Verhältnis hatte er zu dieser Frau, die sich jahrelang als Geliebte eines verheirateten Mannes durchgeschlagen hatte? Und vor allem: Warum hatte er ihr nichts davon erzählt? Spätestens, als der Name Seike Hikken fiel, hätte er die Katze aus dem Sack lassen müssen. Idiot!
    Hier knistert die Luft, Axel Sanders, dachte Wencke. Ich könnte dich jetzt wirklich mal an meiner Seite gebrauchen. Und ausgerechnet jetzt bist du nicht da!

Sonntag, 21. März, 11.22 Uhr
    S anders hatte beschlossen, einen Durchsuchungsbefehl zu beantragen. Eigenmächtig. Sonntags dauerte es immer ewig, bis man einen zuständigen Richter an der Strippe hatte, der sein O. K. zum Durchwühlen fremder Wohnungen gab. Und so telefonierte er seit einer halben Stunde einen Verantwortlichen nach dem anderen ab. Sein Ohr war schon ganz warm, doch endlich hatte er Hoffnung: Eine Auricher Richterin hatte ihren Rückruf innerhalb der nächsten halben Stunde zugesagt.
    Nachdem er die Puzzleteile des Vormittags zusammengetragen und ausgewertet hatte, war ihm klar, dass sie das Akkordeon finden mussten, um zu wissen, was an diesem Abend wirklich passiert war.
    Wencke – er nannte sie nun in Gedanken so, was sollte er weiter Frau Tydmers zu ihr sagen, wenn er mehr an sie dachte als an irgendetwas anderes? – Wencke hatte ihm vorhin beinahe den Kopf abgerissen. Stinkwütend war sie gewesen, hatte sich eine Packung Tiefkühlspinat aus seinem Gefrierfach gefischt und sie sich an die blauviolette Stelle am Kinn gehalten.
    Ob sie in eine Schlägerei verwickelt gewesen wäre, hatte er scherzhaft gefragt. Und da hatte sie nicht mehr an sich halten können und ihm so einiges an den Kopf geschmissen: Er sei ein Idiot, ein Besserwisser, auf den man nicht zählen könne, wenn es drauf ankam, eine echte Pappnase, ein Kollegenschwein, ein… Wencke kannte eine Menge kraftvoller Ausdrücke, die einen Menschen beschrieben, der wirklich ein Kotzbrocken sein musste. Und sie meinte ihn damit.
    »Ich muss mal einen Moment allein sein. Bin am Strand, wenn Sie mich brauchen! Hab mein Handy dabei.« Peng. Die Tür war zu! Und er hatte ihr noch nachgesehen, bis sie mit zickigen stampfenden Schritten in Richtung Inselkirche und Strandaufgang aus seinem Blick verschwunden war.
    Viel hatte er nicht aus ihr herausbekommen. Nur, dass sie gerade mit Henner Wortreich gesprochen hatte und dieser angeblich noch nie einen Blick auf das Instrument geworfen hatte. Im selben Moment muss in der Wohnung nebenan ein Donnerwetter losgegangen sein. Seike Hikken und Astrid Kreuzfeldt seien aufeinander losgegangen wie die Kampfhennen, und eine von ihnen hatte Wencke diesen Bluterguss am Unterkiefer verpasst, als sie den Streit zu schlichten versuchte. Mehr hatte sie nicht erzählt, sie hatte sogar energisch den Kopf geschüttelt, als er weiterbohrte. Sanders konnte nur hoffen, dass sie nichts von ihm und Seike und dem Kind…
    Jetzt aber mal halblang! Was war nur los mit ihm? Er war ein sachlicher Mensch, ein akribischer Ermittler, und sie steckten mitten in einem Mordfall!
    Und dann kramte er sein Millimeterpapier hervor. Das hatte er schon lang nicht mehr getan, ja, er hatte beinahe vergessen, wie er zu seiner Zeit bei der Mordkommission ein, seiner Meinung nach, effektives Verdächtigtendiagramm entwickelt hatte.
    Für jede Person, die als Täter in Frage kam, einen Bogen Papier. Dann eine waagerechte Linie, die mit »Motiv« betitelt war, links eine nach oben und unten offene Skala, die die Stärke der einzelnen Motive darstellte. Sanders erwischte sich dabei, wie er voller Konzentration seine Zunge zwischen die Schneidezähne legte.
    Zuerst, und das war eine fast abergläubische Angewohnheit von ihm, setzte er den großen Unbekannten ein. Die Person, wegen der die Schiffsverbindungen gekappt wurden, weil Minnert sich laut Bonnhofens Aussage unter Druck gesetzt gefühlt hatte. Es musste ein wichtiger Mensch sein, denn Minnert war zu Lebzeiten kein Typ gewesen, der sich von einem Hanswurst wie beispielsweise diesem schrulligen Gerold Dontjeer hat ins Bockshorn jagen lassen. Zurzeit liefen auf Juist viel zu viele dieser Sorte herum, Bürgermeister und Vereinsvorsitzende, einflussreiche Persönlichkeiten, die auf den sieben ostfriesischen Inseln überall ihre Hände im Spiel hatten und somit fast gar nicht zu fassen

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