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Das Hagebutten-Mädchen

Das Hagebutten-Mädchen

Titel: Das Hagebutten-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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waren. Sanders konnte nur hoffen, dass er diese dürftige Spur nicht weiterverfolgen musste.
    Sollte er Gerald Dontjeer noch als ernsthaft verdächtig in die Liste aufnehmen? Nachdem er eben das Protokoll von gestern abgetippt hatte, hatte er bei der Pensionswirtin des Haus Ferienliebe angerufen und Dontjeers Alibi überprüft. Und es hatte sich als richtig herausgestellt. Die Vermieterin war so gegen halb elf von der Feier nach Hause gekommen, und da musste Dontjeer bereits wieder auf dem Zimmer gewesen sein, da die Haustür verschlossen war und der Zimmerschlüssel von außen in Dontjeers Tür steckte. Nein, dieser Zeitgenosse war zwar seltsam und verschroben, aber er war nicht mehr verdächtig in diesem Fall.
    Astrid Kreuzfeldt hätte er am liebsten auch nicht in die Reihe der Verdächtigen gestellt. Er kannte diese Frau vom Sehen, sie war, nun ja, adrett und verheiratet und eine Mutter. Das Mordmotiv, klassisch gekränkte Eitelkeit und Eifersucht, lag fünfzehn Jahre zurück und schien Sanders an den Haaren herbeigezogen zu sein. Lediglich die Tatsache, dass sie sich heute so heftig mit Seike Hikken gestritten hatte, war ein wenig suspekt und passte nicht in das Bild der fürsorglichen Familienmutter. Wencke hatte etwas angedeutet, meine Güte, bei ihr wusste man auch nie so genau, ob Zusammenhänge in einem Fall ihrer Phantasie oder glaubwürdigen Tatsachen entsprachen. Sie hatte gesagt, dass alte Wunden aufgerissen seien und dass sogar hundert Jahre nicht lang genug wären, wenn man wirklich mal verletzt worden ist und dann wieder an derselben Stelle getroffen wird. Aber ehrlich, was sollte er mit diesem emotionalen Kauderwelsch anfangen? Und überhaupt: Wie hätte die Sache ablaufen sollen am Freitagabend? Astrid Kreuzfeldt war gertenschlank und nicht größer als eins fünfundsechzig, wie hätte sie einen Koloss wie Minnert ins Schaufenster verfrachten können? Mit weiblicher Überredungskunst? Nein, das war ausgeschlossen.
    Henner Wortreich schien ihm da schon wesentlich fragwürdiger: Zwar brach er glaubhaft heulend am Tatort zusammen und schien nach Wenckes Auffassung immer noch ganz benommen zu sein. Doch andererseits transportierte er am betreffenden Abend einen klobigen, eckigen Gegenstand aus dem Haus. Er weiß zudem von diesem mysteriösen Instrument, will es aber angeblich nie zu Gesicht bekommen haben. Und er hat seiner eigenen Schwester den Freund ausgespannt, was zwar genau wie bei Astrid Kreuzfeldt eine lange Zeit zurücklag, aber in diesem Fall Rückschlüsse auf einen miesen Charakter zuließ. Ja, Henner Wortreich war nicht ganz koscher. Sanders unterstrich den Namen doppelt und hoffte, dass er für Wortreichs Wohnung einen Durchsuchungsbefehl erlangen konnte. Da war was mit diesem Akkordeon. Irgendwas mit ganz viel Geld. Sanders wunderte sich selbst über diese rein emotionale, durch nichts sachlich zu belegende Vermutung. Es war doch sonst nicht seine Art, sich von Intuitionen beeinflussen zu lassen. Und alle Zeugen hatten bisher übereinstimmend von einem Geldwert berichtet, der ein eher lausiges Mordmotiv wäre. Es sei denn, ja…
    Es sei denn, das Akkordeon barg noch ein Geheimnis, von dem sie alle keine Ahnung hatten.

Sonntag, 21. März, 12.15 Uhr
    S eike Hikken lässt sich entschuldigen. Ihr geht es nicht so gut heute. Sie hatte wohl einen unglücklichen Sturz und muss nun ihre Wunden lecken!«, sagte der Kassenwart, setzte sich Bonnhofen gegenüber an den Tisch und bestellte einen starken Kaffee. »Was anderes kann ich heute nicht herunterbekommen. Gestern Abend in der Spelunke war die Hölle los.«
    Sehr gut, Seike Hikken konnte nicht und der Finanzminister des Heimatvereins war verkatert. Keine Frau also und kein ernst zu nehmender Verhandlungspartner. Alles passte.
    Der Hoteldirektor des Friesenhofes hatte freundlicherweise den hellen, behaglichen Kaminraum für sie freigehalten. Bonnhofen saß bereits seit zwei Stunden in einem der bequemen, mintfarbenen Sessel und versuchte, sich ganz auf die bevorstehenden Verhandlungen zu konzentrieren.
    Alles, worauf es ankam, war, dass er sich nicht noch einmal verplapperte. Bonnhofen packte die vorbereiteten Papiere aus und legte sie auf den Tisch.
    »Alle Achtung, Sie sind ja gut vorbereitet!«, lobte der Bürgermeister, der in diesem Moment groß und selbstbewusst in den Raum trat und einen Blick auf die Verträge warf. »Brauchen Sie noch einen Job auf Juist? Leute wie Sie könnte ich im Rathaus gut gebrauchen!« Dann lachte er bollerig

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