Das Halsband der Koenigin 2
Ausdrücke Ludwigs XV. im Augenblick der Verheirathung seines Enkels und seine Fragen an einen gewissen neuen Botschafter.
Jeanne, eine vollständige Frau, wie es nur eine geben konnte, ein Weib vom Scheitel bis zu den Zehen, eitel auf ein einziges von ihren Haaren, die sie auszeichneten, Jeanne, die das Bedürfniß zu gefallen und durch alle ihre Vorzüge zu siegen empfand, konnte nicht glauben, eine Frau denke anders, als sie, über diese zarte Materie.
»Ihre Majestät hat einen Aerger,« sagte sie zu sich selbst. »Wenn sie aber einen Aerger hat, so muß noch etwas Anderes obwalten.«
Bedenkend, daß der Anstoß das Licht erzeugt, fing sie an, Herrn von Rohan mit all dem Geiste zu vertheidigen, mit dem die Natur als gütige Mutter sie so reichlich begabt hatte.
Die Königin hörte zu.
»Sie hört zu,« sagte Jeanne zu sich selbst.
Und getäuscht durch ihre schlimme Natur, bemerkte Jeanne nicht einmal, daß die Königin aus Edelmuth zuhörte, weil es bei Hofe gebräuchlich ist, daß nie ein Mensch Gutes von denjenigen spricht, von denen der Gebieter Schlimmes denkt.
Dieser Eingriff in die Traditionen, dieses Abgehen von den Gewohnheiten des Schlosses machten die Königin zufrieden und beinahe glücklich.
Marie Antoinette sah ein Herz da, wohin Gott nur einen trockenen, verdorbenen Schwamm gelegt hatte.
Das Gespräch ging so auf dem Fuße wohlwollender Vertraulichkeit von Seiten der Königin fort. Jeanne war auf Nadeln, sie fühlte sich verlegen, denn sie wußte nicht mehr, wie sie wegkommen sollte, ohne entlassen zu werden; sie, die so eben noch diese schöne Rolle der Fremden hatte, welche um Abschied bittet; doch plötzlich erscholl eine muntere, geräuschvolle, junge Stimme im anstoßenden Cabinet.
»Der Graf von Artois!« sagte die Königin.
Andree stand sogleich auf. Jeanne schickte sich an, wegzugehen, aber der Prinz war so rasch in das Zimmer, wo sich die Königin befand, eingedrungen, daß der Abgang beinahe unmöglich wurde. Frau von La Mothe that jedoch das, was man auf dem Theater einen Abgang bezeichnen nennt.
Der Prinz blieb stehen, als er diese hübsche Person sah, und grüßte sie.
»Die Frau Gräfin von La Mothe,« sagte die Königin, Jeanne dem Prinzen vorstellend.
»Ah! ah!« versetzte der Graf von Artois. »Ich will Sie nicht vertreiben, Frau Gräfin.«
Die Königin machte Andree ein Zeichen, und diese hielt Jeanne zurück.
Das Zeichen wollte besagen: Ich hatte Frau von La Mothe ein Geschenk zu machen; ich habe nicht die Zeit dazu gehabt, verschieben wir es auf später.
»Sie sind also von der Wolfsjagd zurückgekehrt?« sagte die Königin, indem sie dem Prinzen nach der englischen Mode, die damals schon in Gunst kam, die Hand reichte.
»Ja, meine Schwägerin, und ich habe eine gute Jagd gemacht, denn ich habe sieben erlegt, und das ist ungeheuer,« erwiderte der Prinz.
»Sie haben selbst so viel erlegt?«
»Ich bin dessen nicht ganz sicher,« rief er lachend, »doch man hat es mir gesagt. Wissen Sie indessen, meine Schwägerin, daß ich siebenhundert Livres verdient habe?«
»Bah! und wie?«
»Sie werden wissen, daß man hundert Livres für jeden Kopf von diesen furchtbaren Thieren bezahlt. Das ist viel, doch ich gebe von ganzem Herzen zweihundert für jeden Kopf von einem Zeitungsschreiber. Und Sie, meine Schwägerin?«
»Ah!« sagte die Königin, »Sie wissen schon die Geschichte?«
»Herr von Provence hat sie mir erzählt.«
»Nun sind es drei,« versetzte Marie Antoinette: »Herr von Provence ist ein unerschrockener, unermüdlicher Erzähler. Sagen Sie uns das doch ein wenig.«
»So daß Sie weißer scheinen als Hermelin, weißer als Venus Aphrodite. Es gibt wohl noch einen andern Namen, der mit ène endigt, die Gelehrten könnten Ihnen denselben sagen, mein Bruder von Provence z.B.«
»Es ist darum nicht minder wahr, daß er Ihnen das Abenteuer erzählt hat?«
»Vom Zeitungsschreiber? Ja, meine Schwägerin. Doch Eure Majestät ist mit Ehren daraus hervorgegangen. Man könnte sogar, wenn man einen Calembourg machen wollte, wie Herr von Bièvre jeden Tag macht, sagen: Die Sache der Kufe ist gewaschen.«
»Oh! das abscheuliche Wortspiel.«
»Meine Schwägerin, mißhandeln Sie nicht einen Paladin, der seine Lanze und seinen Arm zu Ihrer Verfügung gestellt hat. Zum Glück brauchen Sie Niemand. Ah! liebe Schwägerin, Sie haben ein wahres Glück.«
»Sie nennen das Glück! Hören Sie ihn an, Andree.«
Jeanne lachte; der Graf, der sie unablässig anschaute, verlieh
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