Das Halsband der Koenigin 2
hat. Täuschte sich der Schwager in den Zügen der Schwägerin, so wird sich noch viel mehr ein Agent täuschen, der einen kleinen Thaler per Tag bezieht. Der Agent hat Sie zu sehen geglaubt, er hat es gesagt. Werden Sie auch behaupten, meine Agenten haben nicht gut die Sache des Zeitungsschreibers Reteau verfolgt, der von Herrn von Charny so schon gestriegelt worden ist?«
»Von Herrn von Charny?« riefen gleichzeitig Andree und die Königin.
»Das Ereigniß ist nicht alt, Madame, und die Stockschläge sind noch warm auf den Schultern des Zeitungsschreibers. Das ist eines der Abenteuer, die den Triumph des Herrn von Sartines, meines Vorgängers, bildeten, wenn er sie dem seligen König oder der Favoritin in seiner geistreichen Weise erzählte.«
»Herr von Charny hat sich mit diesem Elenden eingelassen?«
»Ich habe es nur durch meine so verleumdete Policei erfahren, und Sie werden zugeben, daß es einigen Scharfsinnes für diese Policei bedurfte, um das Duell zu entdecken, das auf diese Angelegenheit folgte.«
»Ein Duell des Herrn von Charny! Herr von Charny hat sich geschlagen!« rief die Königin.
»Mit dem Zeitungsschreiber?« fragte hastig Andree.
»Oh! nein, meine Damen; der so geschlagene Zeitungsschreiber hätte Herrn von Charny den Degenstich nicht gegeben, in Folge dessen es ihm in Ihrem Vorzimmer übel geworden ist.«
»Verwundet! er ist verwundet!« rief die Königin. »Verwundet! wann? wie? Ganz gewiß, Sie irren sich, Herr von Crosne.«
»Oh! Madame, Eure Majestät findet mich oft genug schlecht unterrichtet, um mir dießmal zuzugeben, daß ich es nicht bin.«
»So eben war er hier.«
»Ich weiß es wohl.«
»Oh! ich habe wohl gesehen, daß er litt,« sagte Andree.
Diese Worte sprach sie auf eine Weise, daß die Königin die Feindseligkeit bemerkte und sich rasch umwandte.
Der Blick der Königin war ein Gegenstoß, den Andree kräftig aushielt.
»Was sagen Sie?« sprach Marie Antoinette. »Sie bemerkten, daß Herr von Charny litt, und Sie haben es nicht gesagt?«
Andree antwortete nicht. Jeanne wollte der Günstlingin, aus der man sich eine Freundin machen mußte, zu Hilfe kommen und sprach:
»Ich habe auch zu bemerken geglaubt, daß sich Herr von Charny nur mit Mühe während der Zeit, die Ihre Majestät mit ihm zu reden die Gnade hatte, aufrecht hielt.«
»Nur mit Mühe, ja,« sagte die stolze Andree, die der Gräfin nicht einmal mit dem Blick dankte.
Herr von Crosne, er, den man befragte, schlürfte mit Wohlbehagen seine Beobachtungen über die drei Frauen ein, von denen keine, Jeanne ausgenommen, daran dachte, daß sie vor einem Policei-Lieutenant saß.
Endlich fragte die Königin:
»Mein Herr, mit wem und warum hat sich Herr von Charny geschlagen?«
Während dieser Zeit konnte Andree wieder Haltung gewinnen.
»Mit einem Edelmanne, der ... Aber, mein Gott! Madame, das ist jetzt sehr unnütz. Die zwei Gegner leben zu dieser Stunde im besten Einvernehmen, da sie so eben noch vor Eurer Majestät mit einander sprachen.«
»Vor mir ... hier?«
»Hier ... von wo der Sieger vor ungefähr zwanzig Minuten zuerst weggegangen ist.«
»Herr von Taverney!« rief die Königin mit einem Blitze der Wuth in den Augen.
»Mein Bruder!« murmelte Andree, die es sich zum Vorwurfe machte, daß sie selbstsüchtig genug gewesen, um nicht Alles zu begreifen.
»Ich glaube in der That, daß Herr von Taverney es war, mit dem sich Herr von Charny geschlagen hat,« sagte Herr von Crosne.
Die Königin schlug heftig die Hände an einander, was bei ihr das Anzeichen ihres heißesten Zornes war.
»Das ist unschicklich ... unschicklich,« sagte sie. »Wie! ... man bringt die Sitten von America nach Versailles ... Oh! nein, darein werde ich mich nicht fügen.«
Andree neigte das Haupt, Herr von Crosne ebenfalls.«
»Weil man mit Herrn Lafayette und Herrn Wasington,« die Königin affectirte, diesen Namen auf französische Art auszusprechen, »weil man mit diesen Herren herumgelaufen ist, will man meinen Hof in einen Turnierplatz des sechszehnten Jahrhunderts verwandeln; nein, abermals nein! Andree, Sie mußen wissen, daß sich Ihr Bruder geschlagen hat!«
»Ich erfahre es so eben,« erwiderte Andree.
»Warum hat er sich geschlagen?«
»Wir hätten dieß Herrn von Charny fragen können, der sich mit ihm geschlagen hat,« versetzte Andree bleich und mit leuchtenden Augen.
»Ich frage nicht,« entgegnete die Königin hochmüthig, »ich frage nicht, was Herr von Charny gethan hat, sondern was Herr
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