Das Halsband der Koenigin 2
Philipp von Taverney gethan?«
»Hat sich mein Bruder geschlagen, so konnte das nicht gegen den Dienst Eurer Majestät sein,« erwiderte das Mädchen mit langsamer Betonung jedes Wortes.
»Wollen Sie damit sagen, Herr von Charny habe sich nicht für meinen Dienst geschlagen, mein Fräulein?«
»Ich habe die Ehre, Eurer Majestät zu bemerken,« sagte Andree mit demselben Tone, »daß ich mit der Königin nur von meinem Bruder, und von keinem Andern rede.«
Marie Antoinette hielt sich ruhig. Damit ihr das gelang, bedurfte sie der ganzen Stärke, deren sie fähig war.
Sie stand auf, ging im Zimmer auf und ab, stellte sich, als schaute sie in den Spiegel, nahm einen Band aus einem lackirten Fachkasten, durchlief sieben bis acht Zeilen und warf ihn dann weg.
»Ich danke Ihnen, mein Herr,« sagte sie zu dem Beamten, »Sie haben mich überzeugt. Mein Kopf war ein wenig in Verwirrung durch alle diese Muthmaßungen, durch alle diese Berichte. Ja, die Policei ist sehr gut bestellt, mein Herr, doch ich bitte Sie, denken Sie an die Aehnlichkeit, von der ich gesprochen, nicht wahr? Adieu!«
Sie reichte ihm die Hand mit einer erhabenen Anmuth, und er entfernte sich doppelt glücklich und zehnfach unterrichtet.
Andree fühlte die Nuance des Wortes: Adieu; sie machte eine lange und feierliche Verbeugung.
Die Königin sagte ihr nachlässig, aber ohne scheinbaren Groll, guten Tag.
Jeanne verbeugte sich wie vor einem heiligen Altar und schickte sich an, Abschied zu nehmen.
Frau von Misery trat ein.
»Madame,« sagte sie zur Königin, »hat Eure Majestät nicht den Herren Böhmer und Bossange Audienz bewilligt?«
»Ah! es ist wahr, meine gute Misery, es ist wahr. Sie mögen eintreten. Bleiben Sie noch, Frau von La Mothe; der König soll einen vollständigeren Frieden mit Ihnen schließen.«
Indem sie dieses sagte, belauerte die Königin in einem Spiegel den Ausdruck des Gesichtes von Andree, welche langsam auf die Thüre des großen Cabinets zuging.
Durch diese Begünstigung der Neuangekommenen wollte sie vielleicht ihre Eifersucht reizen.
Andree verschwand unter den Flügeln des Thürvorhangs; sie hatte weder eine Miene verzogen, noch gebebt.
»Stahl! Stahl!« rief die Königin seufzend. »Ja, Stahl, alle diese Taverney, aber auch Gold.«
»Ah! guten Morgen, meine Herren Juweliere. Was bringen Sie mir Neues? Sie wissen wohl, daß ich kein Geld habe.«
XXXIX.
Die Versucherin.
Frau von La Mothe hatte ihren Posten wieder eingenommen: sie stand als bescheidene Frau auf der Seite und war aufmerksam wie eine Frau, der man zu bleiben und zuzuhören erlaubt hat.
Die Herren Böhmer und Bossange erschienen in Galakleidern in der Audienz der Souveränin. Sie vervielfältigten ihre Verbeugungen bis zum Lehnstuhl von Marie Antoinette.
»Juweliere kommen nur hierher, um von Juwelen zu sprechen,« sagte sie plötzlich. »Sie haben es schlecht getroffen, meine Herren.«
Herr Böhmer nahm das Wort, er war der Redner der Association.
»Madame,« sprach er, »wir kommen nicht hierher, um Waaren anzubieten, denn wir müßten befürchten, unbescheiden zu sein.«
»Oh!« versetzte die Königin, die es schon bereute, zu viel Muth gezeigt zu haben. »Man kann Juwelen sehen, ohne sie zu kaufen.«
»Allerdings, Madame.« fuhr Böhmer fort, der den Faden feiner Phrase suchte, »doch wir kommen, um eine Pflicht zu erfüllen, und das hat uns ermuthigt.«
»Eine Pflicht?« verfetzte die Königin erstaunt.
»Es handelt sich abermals um das schöne Halsband von Diamanten, das Eure Majestät nicht zu nehmen geruhte.«
»Ah ... gut ... das Halsband ... Hiebei sind wir also wieder!« rief die Konigin lachend.
Böhmer blieb ernst.
»Es war in der That schön!« fuhr Marie Antoinette fort.
»So schön, Madame,« sagte Bossange schüchtern, »daß Eure Majestät allein würdig war, es zu tragen.«
»Was mich tröstete,« sprach Marie Antoinette mit einem leichten Seufzer, der Frau von La Mothe nicht entging, »was mich tröstete, war der Umstand, daß es anderthalb Millionen kostete; nicht wahr, Herr Böhmer?«
»Ja. Eure Majestät.«
»Und daß,« fuhr die Königin fort, »und daß es in der liebenswürdigen Zeit, in der wir leben, wo die Herzen der Völker erkaltet sind, wie die Sonne Gottes, keinen Fürsten mehr gibt, der fünfzehnmal hunderttausend Livres für ein Halsband bezahlen kann.«
»Fünfzehnmal hunderttausend Livres!« wiederholte Frau von La Mothe wie ein treues Echo.
»So daß Niemand haben wird, was ich nicht kaufen
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