Das Halsband der Koenigin 2
dieser Verachtung etwas Anderes, als die Verachtung selbst, denn sie verlor die Hoffnung nicht, die Königin zu überreden, und nach einer langen prüfenden Beschauung sagte sie:
»Der Herr Juwelier hat Recht, es gibt auf der Welt nur Eine Königin, welche würdig ist, dieses Halsband zu tragen, und das ist Eure Majestät.«
»Meine Majestät wird es aber nicht tragen,« entgegnete die Königin.
»Wir durften es nicht aus Frankreich lassen, ohne unser ganzes Bedauern Eurer Majestät zu Füßen zu legen. Es ist ein Juwel, den ganz Europa jetzt kennt. Daß in Folge der Weigerung der Königin von Frankreich irgend eine andere Fürstin sich damit schmücke, wird uns unser Nationalstolz nur dann erlauben, wenn Sie, Madame, ihn noch einmal entschieden und unwiderruflich zurückgewiesen haben.«
»Meine abschlägige Antwort ist ausgesprochen, sie ist öffentlich geworden,« sagte die Königin. »Man hat mich zu sehr gelobt, als daß ich es bereuen sollte.«
»Oh! Madame,« erwiderte Böhmer, »hat es das Volk schön gefunden, daß Eure Majestät ein Schiff einem Halsband vorzog, so würde es der Adel, der französisch ist, auch nicht befremdend gefunden haben, wenn die Königin von Frankreich ein Halsband kaufte, nachdem sie ein Schiff gekauft.«
»Sprechen wir nicht mehr hievon,« sagte Marie Antoinette, indem sie einen letzten Blick auf das Etui warf. Jeanne seufzte, um den Seufzer der Königin zu unterstützen.
»Ah! Sie seufzen, Gräfin! Wenn Sie an meiner Stelle wären, würden Sie es machen wie ich.«
»Ich weiß nicht,« murmelte Jeanne.
»Haben Sie wohl angeschaut?« fragte die Königin hastig.
»Ich würde immer anschauen, Madame.«
»Lassen Sie diese Neugierige, meine Herren, sie bewundert. Das benimmt den Diamanten nichts: sie sind leider immer fünfzehnmal hunderttausend Livres werth.«
Das Wort leider schien der Gräfin eine günstige Gelegenheit.
Die Königin bedauerte, folglich hatte sie Lust gehabt. Hatte sie Lust gehabt, so mußte sie noch ein Verlangen tragen, da sie nicht befriedigt worden.
»Fünfzehnmal hunderttausend Livres, die an Ihrem Halse allen Frauen, und wären sie Cleopatra, wären sie Venus, den tödtlichsten Neid einflößen würden.«
Und sie nahm das königliche Halsband aus dem Etui und befestigte es so geschickt, so zauberhaft auf der Atlashaut von Marie Antoinette, daß diese sich in einem Augenblick von Phosphor und einem Schimmer von allen Farben des Regenbogens überströmt fand.
Marie Antoinette näherte sich rasch dem Spiegel: sie blendete.
Ihr Hals, so geschmeidig und zart wie der von Johanna Gray, dieser Hals, so zierlich wie ein Lilienstengel, bestimmt, wie die Blumen Birgils unter dem Eisen zu fallen, erhob sich anmuthig, umgeben von seinen goldenen, gekräuselten Locken aus dem Schooße dieser leuchtenden Woge.
Jeanne hatte es gewagt, die Schultern der Königin zu entblößen, so daß-die letzten Reihen des Halsbandes auf ihre perlmutterartige Brust fielen. Die Königin war strahlend, die Frau war herrlich. Liebende oder Unterthanen, Alles hätte sich niedergeworfen.
Marie Antoinette vergaß sich dergestalt, daß sie sich selbst bewunderte. Dann wollte sie, von Furcht ergriffen, das Halsband von ihren Schultern reißen und sprach:
»Genug, genug!« »Es hat Eure Majestät berührt,« rief Böhmer, »es kann Niemand mehr anstehen.«
»Unmöglich,« entgegnete fest die Königin. »Meine Herren, ich habe ein wenig mit den Diamanten gespielt; aber es wäre ein Fehler, wenn ich das Spiel weiter fortsetzte.«
»Eure Majestät hat jede erforderliche Zeit, um sich an diesen Gedanken zu gewöhnen,« flüsterte Böhmer der Königin zu; »wir kommen morgen wieder.«
»Spät bezahlen bleibt immer bezahlen. Und dann warum spät bezahlen? Sie haben Eile. Man bezahlt Sie ohne Zweifel vortheilhafter?«
»Ja, Eure Majestät, baar,« erwiderte der Kaufmann, der wieder Kaufmann geworden.
»Nehmen Sie, nehmen Sie!« rief die Königin, »die Diamanten in das Etui! Geschwind, geschwind!«
»Eure Majestät vergißt vielleicht, daß ein solches Kleinod Geld ist, und daß in hundert Jahren das Halsband immer so viel werth sein wird, als es heute werth ist.«
»Geben Sie mir fünfzehnmal hunderttausend Livres, Gräfin, und wir werden sehen,« sagte die Königin mit einem gezwungenen Lächeln.
»Wenn ich sie hätte!« rief Jeanne, »oh! ...«
Sie schwieg; die langen Sätze haben oft nicht den Werth eines glücklichen Schweigens.
Böhmer und Bossange mochten immerhin eine
Weitere Kostenlose Bücher