Das Halsband der Koenigin 2
verbrannt.«
»Dabei ist kein großes Verdienst, da Sie im Hafen sind,« erwiderte die Gräfin.
XLI.
Worin man die Gesichter unter der Maske zu sehen anfängt.
Lange Plaudereien sind das glückliche Vorrecht der Leute, die sich nichts mehr zu sagen haben. Nach dem Glück, zu schweigen oder durch Zwischenworte zu wünschen, ist unstreitig das größte Glück, viel zu sprechen ohne Phrasen.
Zwei Stunden, nachdem man den Wagen weggeschickt, waren der Cardinal und die Gräfin auf dem Punkt, von dem wir sagen. Die Gräfin hatte nachgegeben, der Cardinal hatte gesiegt, und dennoch war der Cardinal der Sclave; die Gräfin war der Triumphator.
Zwei Männer hintergehen sich, indem sie sich die Hand geben. Ein Mann und eine Frau hintergehen sich in einem Kuß.
Hier täuschte aber Jedes das Andere nur, weil das Andere getäuscht sein wollte.
Jedes hatte einen Zweck. Für diesen Zweck war die Vertraulichkeit nothwendig. Jedes hatte also sein Ziel erreicht.
Der Cardinal gab sich auch gar nicht die Mühe, seine Ungeduld zu verbergen. Er beschränkte sich darauf, daß er einen kleinen Umweg machte und dann das Gespräch wieder auf Versailles und auf die Ehren zurückführte, die dort der neuen Günstlingin der Königin harrten.
»Sie ist freigebig,« sagte er, »und nichts ist ihr zu theuer für die Leute, die sie liebt. Sie hat den seltenen Verstand, vielen Leuten ein wenig und wenigen Freunden viel zu geben.«
»Sie halten sie also für reich?« fragte Frau von La Mothe.
»Sie weiß sich mit einem Wort, mit einer Geberde, mit einem Lächeln Mittel zu schaffen. Nie hat ein Minister, Turgot vielleicht ausgenommen, den Muth gehabt, der Königin abzuschlagen, was sie verlangte.«
»Nun! mir,« sprach Frau von La Mothe, »mir kommt sie minder reich vor, als Sie sie machen. Arme Königin, oder vielmehr, arme Frau!«
»Wie so?«
»Ist man reich, wenn man sich Entbehrungen auferlegen muß?«
»Entbehrungen! Erzählen Sie mir das, liebe Jeanne.«
»Oh! mein Gott, ich werde Ihnen sagen, was ich gesehen habe, nicht mehr, nicht weniger.«
»Sprechen Sie, ich höre.«
»Stellen Sie sich zwei furchtbare Martern vor, welche die unglückliche Königin ausgestanden hat.«
»Zwei Martern? Was für denn?«
»Wissen Sie, was ein Frauenverlangen ist, mein lieber Prinz?«
»Nein, aber ich wünschte, Sie würden es mir sagen, Gräfin.«
»Wohl! die Königin hat ein Verlangen, das sie nicht befriedigen kann.«
»Nach wem?«
»Nein, nach was.«
»Gut! nach was?«
»Nach einem Halsband von Diamanten.«
»Ah! warten Sie doch, ich weiß. Meinen Sie nicht die Diamanten von Böhmer und Bossange?«
»Ganz richtig.«
»Oh! die alte Geschichte, Gräfin.«
»Alt oder neu. Ist es nicht eine wahre Verzweiflung für eine Königin, das nicht besitzen zu können, was beinahe eine einfache Favoritin besessen hatte? Noch vierzehn Tage Leben für König Ludwig XV., und Jeanne Vauvernier hatte, was Marie Antoinette nicht haben kann.«
»Ah! meine liebe Gräfin, darin täuschen Sie sich, die Königin konnte fünf- bis sechsmal diese Diamanten haben, und hat sie immer ausgeschlagen.«
»Oh!«
»Ich sage Ihnen, der König hat sie ihr selbst angeboten, und sie hat sie aus der Hand des Königs ausgeschlagen.«
Und der Cardinal erzählte die Geschichte von dem Schiff.
Jeanne hörte gierig, und als der Cardinal geendigt hatte, sagte sie:
»Nun! und hernach?«
»Wie, hernach?«
»Ja, was beweist das?«
»Daß sie nicht wollte, wie mir scheint.«
Jeanne zuckte die Achseln.
»Sie kennen die Frauen, Sie kennen den Hof, Sie kennen die Königin, und lassen sich von einer solchen Antwort bethören?«
»Ah! ich bestätige eine Weigerung.«
»Mein lieber Prinz, das constatirt Eines: daß die Königin nothwendig einen glänzenden, einen volksthümlichen Ausspruch thun mußte und daß sie ihn gethan hat.«
»Gut!« sprach der Cardinal, »so glauben Sie an die königlichen Tugenden? Ah! Sie Skeptikerin! Der heilige Thomas war ein Gläubiger gegen Sie.«
»Skeptisch oder gläubig, ich kann Sie eines Umstandes versichern.«
»Nun?«
»Daß die Königin nicht so bald das Halsband ausgeschlagen hatte, als sie von einer tollen Begierde nach demselben ergriffen wurde.«
»Sie schmieden sich solche Ideen, meine Theure, und glauben Sie mir vor Allem, daß die Königin bei allen ihren Fehlern eine ungeheure Tugend hat.«
»Welche?«
»Sie ist uneigennützig. Sie liebt weder das Gold, noch das Silber, noch die Edelsteine. Sie wiegt die Mineralien
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