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Das Halsband der Koenigin 2

Das Halsband der Koenigin 2

Titel: Das Halsband der Koenigin 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Aeltere)
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diesem eisernen Hospital einkasernirten Fliegen, deren Leichname am Ende die Tiefe ausgefüllt hatten, dieß Alles krachte und zermahlte sich unter dem Drucke des Schlüssels in Staub.
    Sobald der Schlüssel seine Bewegungen vollendet hatte, handelte es sich nur noch darum, die Thüre zu öffnen.
    Aber die Zeit hatte ihr Werk gethan. Das Holz war in den Fugen aufgeschwollen, der Rost hatte in die Angeln eingebissen. Das Gras war in den Zwischenräumen des Pflasters gewachsen und bildete durch seine feuchten Ausströmungen einen grünen Ueberzug an dem untern Theile des Thores; eine Art von Kitt, dem der Schwalbennester ähnlich, verstopfte jeden Zwischenraum, und die kräftige Vegetation der steinartigen Madreporen, die ihre Arcaden über einander legten, hatte das Holz unter dem lebendigen Fleisch ihrer Samenlappen verborgen.
    Cagliostro fühlte den Widerstand; er drückte die Faust, dann die Ellenbogen, dann die Schulter darauf und überwältigte alle diese Barricaden, welche eine nach der andern mit übellaunigem Gekrach nachgaben.
    Als diese Thüre sich öffnete, erschien der ganze Hof verödet, moosbewachsen, vor Cagliostro's Augen.
    Er schloß die Thüre wieder, und seine Tritte drückten sich in das widerspänstige dürre Queckengras ein, das sich auch des Pflasters bemächtigt hatte.
    Niemand hatte ihn eintreten sehen, Niemand sah ihn in der Umfriedung dieser ungeheuren Mauer. Er konnte einen Augenblick stille stehen und allmälig in sein vergangenes Leben zurückkehren, wie er in sein Haus zurückgekehrt war.
    Das eine war trostlos und leer, das andere in Trümmern und verödet.
    Die Freitreppe von zwölf Staffeln hatte nicht mehr drei ganze Stufen.
    Durch die Arbeit des Regenwassers unterwühlt, durch das gewaltsame Spiel des Mauerkrauts und des Mohns untergraben und gelockert, hatten die andern Anfangs gewankt und waren endlich fern von ihren Haltpunkten weggerollt. Beim Fallen waren die Steine zerbrochen, das Gras hatte sich auf die Trümmer emporgearbeitet und stolz, wie die Standarten der Verwüstung, seine Federbüsche über denselben aufgepflanzt.
    Cagliostro stieg die unter seinen Füßen zitternde Freitreppe hinauf und gelangte mit Hilfe eines zweiten Schlüssels in das ungeheure Vorzimmer.
    Hier erst zündete er eine Laterne an, die er vorsichtiger Weise mitgenommen hatte; doch so behutsam er auch das Licht angesteckt, der unheimliche Hauch des Hauses löschte es plötzlich wieder aus.
    Der Athem des Todes reagirte gewaltsam gegen das Leben; die Finsterniß tödtete das Licht. Cagliostro zündete seine Laterne noch einmal an und ging weiter.
    Im Speisesaal hatten die in ihren Ecken verschimmelten Anrichttische ihre ursprüngliche Form verloren, die klebrigen Platten davon hielten nicht mehr am Fuße fest. Alle inneren Thüren waren geöffnet und ließen den Geist frei mit dem Blick in die finsteren Tiefen eindringen, wo sie schon den Tod durchgelassen hatten.
    Der Graf fühlte, wie ein Schauer sein Fleisch beben machte, denn am Ende des Saales, da, wo einst die Treppe anfing, hatte sich ein Geräusch hörbar gemacht.
    Dieses Geräusch verkündigte einst eine theure Gegenwart, dieses Geräusch erweckte in allen Sinnen des Herrn dieses Hauses das Leben, die Hoffnung, das Glück. Dieses Geräusch, das in der gegenwärtigen Stunde nichts darstellte, erinnerte an Alles in der Vergangenheit.
    Die Stirne gefaltet, langsam athmend, die Hand kalt, wandte sich Cagliostro nach der Statue des Harpokrates, bei der die Feder der ehemaligen Verbindungsthüre spielte, ein geheimnißvoller, ungreifbarer Ort, der das bekannte Haus mit dem geheimen verband.
    Die Feder arbeitete ohne Mühe, obschon das wurmstichige Täfelwerk in der Umgegend zitterte. Doch kaum hatte der Graf den Fuß auf die Geheimtreppe gesetzt, als sich dasselbe Geräusch abermals hörbar machte. Cagliostro streckte seine Hand mit der Laterne aus, um die Ursache davon zu entdecken: er sah nur eine große Natter, welche langsam die Treppe herabkam und mit ihrem Schwanz jede Stufe peitschte.
    Die Natter heftete ruhig ihr schwarzes Auge auf Cagliostro, schlüpfte dann in das erste Loch des Täfelwerks und verschwand.
    Ohne Zweifel war dieß der Geist der Einsamkeit.
    Der Graf setzte seinen Gang fort.
    Ueberall bei diesem Aufsteigen verfolgte ihn eine Erinnerung oder, besser gesagt, ein Schatten, und wenn das Licht an den Wänden eine bewegliche Silhouette zeichnete, bebte der Graf, denn er dachte, sein eigener Schatten sei ein fremder Schatten, der

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