Das Halsband der Koenigin 2
immer finden.«
»Nein, nein! an dem Orte, wo Sie sein werden, entdeckt Sie Niemand, denn wenn man Sie auch in Ihrem Haufe festnehmen will, so wird man Sie doch nicht bei mir festnehmen.«
»Oh!« rief sie mit einem Schrecken, »bei Ihnen ... wir gehen also zu Ihnen?«
»Sie sind verrückt,« erwiderte er, »man sollte glauben, Sie erinnern sich dessen nicht mehr, was wir verabredet haben. Ich bin nicht Ihr Liebhaber, meine Schöne, und will es nicht sein.«
»So bieten Sie mir also das Gefängniß an?«
»Ziehen Sie das Hospital vor, so sind Sie frei.«
»Wohl denn!« sprach sie voll Bangigkeit, »ich überlasse mich Ihnen; machen Sie aus mir, was Sie wollen.«
Er führte sie nach der Rue Neuve-Saint-Gilles in das Haus, wo wir ihn Philipp von Taverney empfangen sahen.
Als er sie fern vom Gesinde und von jeder Überwachung in einer kleinen Wohnung im zweiten Stock einquartirt hatte, sagte er:
»Es ist mir daran gelegen, daß Sie hier glücklich sein mögen.«
»Glücklich! Wie so?« versetzte sie tief betrübt. »Glücklich, ohne Freiheit, ohne Spaziergang! Es ist traurig hier. Nicht einmal ein Garten. Ich werde darüber sterben.«
Und sie warf einen irren, verzweifelten Blick auf das Aeußere.
»Sie haben Recht,« sagte er, »es ist mein Wille, daß es Ihnen an nichts fehle. Sie wären hier schlimm, und überdieß würden meine Leute Sie hier sehen und beengen.«
»Oder gar verkaufen,« fügte sie bei.
»Was das betrifft, seien Sie unbesorgt, meine Leute verkaufen nur, was ich ihnen abkaufe, mein liebes Kind. Damit Sie aber jede wünschenswerthe Ruhe haben, werde ich darauf bedacht sein, Ihnen eine andere Wohnung zu verschaffen.«
Oliva zeigte sich ein wenig getröstet durch diese Versprechungen. Uebrigens gefiel ihr der Aufenthalt in ihrer neuen Wohnung. Sie fand hier Behaglichkeit und unterhaltende Bücher. Als ihr Beschützer sie verließ, sagte er zu ihr:
»Ich will Ihnen den Brodkorb nicht hoch hängen, mein liebes Kind. Wollen Sie mich sehen, so läuten Sie mir, ich komme auf der Stelle, wenn ich mich zu Hause befinde, und sogleich nach meiner Rückkehr, wenn ich ausgegangen sein sollte.«
Er küßte ihr die Hand und verließ sie.
»Ah!« rief Oliva, »lassen Sie mir besonders Nachricht von Beausire zukommen.«
»Vor Allem,« erwiderte der Graf.
Und er schloß sie in ihr Zimmer ein.
Dann, als er träumerisch die Treppe hinabstieg, sagte er:
»Es ist eine Entheiligung, wenn ich sie in dem Haufe der Rue Saint-Claude einquartiere. Doch Niemand darf sie sehen, und in diesem Hause wird Niemand sie sehen. Muß es dagegen sein, daß sie eine einzige Person erblickt, so wird sie diese Person nur in dem Haufe der Rue Saint-Claude allein erblicken. Wohl denn, auch noch dieses Opfer. Löschen wir diesen letzten Funken der Fackel aus, die einst brannte.«
Der Graf nahm einen weiten Oberrock, suchte Schlüssel in seinem Secretär, wählte mehrere davon, die er mit gerührter Miene anschaute, verließ allein und zu Fuß sein Hotel und ging die Rue Saint-Louis im Marais hinauf.
XLV.
Das öde Haus.
Herr von Cagliostro kam allein nach dem alten Hause der Rue Saint-Claude, das unsere Leser nicht ganz vergessen haben können. Es wurde Nacht, als er vor der Thüre stehen blieb, und man erblickte nur noch einige seltene Wanderer auf der Chaussee des Boulevard.
Der in der Rue Saint-Louis erschallende Tritt eines Pferdes, ein Fenster, das unter dem Geräusch alter Schlösser geschlossen wurde, das Knarren der Querbäume und der Riegel am massigen Thorweg nach der Rückkehr des Herrn vom anstoßenden Hause, dieß waren die einzigen Bewegungen dieses Quartiers zu der Stunde, von der wir sprechen.
Ein Hund bellte oder heulte vielmehr in dem kleinen Gehäge des Klosters, und ein lauer Windstoß rollte bis in die Rue Saint-Claude, als es die schwermüthigen drei Viertel in Saint-Paul schlug.
Es war drei Viertel auf neun Uhr.
Der Graf kam, wie gesagt, vor den Thorweg, zog unter seinem Oberrock einen schweren Schlüssel hervor und zermalmte, um ihn in das Schloß zu bringen, eine Menge von Trümmern, die sich, vom Winde fortgetrieben, darein geflüchtet hatten.
Das dürre Stroh, von dem sich ein Hälmchen in den bogenförmigen Eingang des Schlosses geschoben hatte, das kleine Samenkorn, das nach Süden lief, um eine Mauernelke oder eine Malve zu werden, und sich eines Tages in diesem finstern Behälter eingeschlossen befand, der von einem nahen Gebäude abgesprungene Steinsplitter, die seit zehn Jahren in
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