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Das Halsband der Koenigin 2

Das Halsband der Koenigin 2

Titel: Das Halsband der Koenigin 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Aeltere)
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Doctor.
    »Ich suchte Sie überall,« sagte die Königin; »wo waren Sie?«
    Es lag in diesen Worten der Königin ein Ausdruck, welcher nicht der ihrer gewöhnlichen Güte war. Es war wie das Vorspiel eines Verhörs, wie das Symptom eines Verdachtes.
    Andree hatte bange; sie fürchtete besonders, ihr unüberlegter Schritt könnte den Schlüssel zu ihren für sie so furchtbaren Gefühlen geben. So stolz sie auch war, so entschloß sie sich doch, zum zweiten Male zu lügen.
    »Hier, wie Sie sehen.«
    »Allerdings, doch, wie hier?«
    »Madame,« erwiderte sie, »man hat mir gesagt, Eure Majestät lasse mich suchen; ich bin gekommen.«
    Die Königin war nicht am Ende mit ihrem Mißtrauen, sie blieb beharrlich und fuhr fort:
    »Wie haben Sie es gemacht, um zu errathen, wohin ich ging?«
    »Das war leicht, Madame; Sie waren mit dem Doctor Louis, und man hatte Sie durch die kleinen Gemächer gehen sehen; von da an hatten Sie kein anderes Ziel, als diesen Pavillon.«
    »Gut errathen,« erwiderte die Königin, immer noch unentschieden, aber ohne Härte, »gut errathen.«
    Andree strengte sich gewaltig an und sprach lächelnd:
    »Madame, wenn es die Absicht Eurer Majestät war, sich zu verbergen, so hätte sie sich nicht auf den unbedeckten Gallerieen zeigen müssen, wie sie es so eben gethan, um hieher zu kommen. Schreitet die Königin über die Terrasse, so sieht Fräulein von Taverney sie von ihrer Wohnung aus, und es ist nicht schwierig, Jemand zu folgen oder voranzugehen, den man von ferne gesehen hat.«
    »Sie hat Recht,« sagte die Königin, »und zwar hundertmal Recht. Ich habe eine unglückliche Gewohnheit, welche darin besteht, daß ich nie errathe; wenig nachdenkend, glaube ich nicht an die Reflexionen der Andern.«
    Die Königin fühlte, sie würde vielleicht der Nachsicht bedürfen, weil sie der Vertrauten bedurfte.
    Ihre Seele war überdieß keine Zusammensetzung von Coketterie und Mißtrauen, wie die der gewöhnlichen Weiber; sie hatte Glauben an ihre Freundschaften, denn sie wußte, daß sie lieben konnte. Die Frauen, welche sich selbst mißtrauen, mißtrauen noch viel mehr den Andern. Ein großes Unglück, das die Coketten bestraft, ist, daß sie sich nie von ihren Liebhabern geliebt glauben.
    Marie Antoinette vergaß also sehr rasch den Eindruck, den Fräulein von Taverney vor Charny's Thüre auf sie gemacht hatte. Sie nahm Andree bei der Hand, ließ sie den Schlüssel dieser Thüre umdrehen und drang mit einer außerordentlichen Schnelligkeit in das Zimmer des Kranken, während der Doctor mit Andree außen blieb.
    Kaum hatte diese die Königin verschwinden sehen, als sie zum Himmel einen Blick voll Zorn und Schmerz erhob, einen Blick, dessen Ausdruck einer wüthenden Verwünschung glich.
    Der gute Doctor nahm ihren Arm, durchschritt mit ihr die Flur und sagte:
    »Glauben Sie, daß es ihr gelingen wird?«
    »Gelingen? mein Gott! was?« rief Andree.
    »Den armen Narren, der hier sterben wird, wenn sein Fieber noch ein wenig fortdauert, anderswohin bringen zu lassen.«
    »Anderswo wird er also genesen?« fragte Andree hastig.
    Der Doctor schaute sie erstaunt, unruhig an und antwortete: »Ich glaube, ja.«
    »Oh! dann möge es ihr gelingen!« rief das arme Mädchen.

LIII.
Genesung.
    Die Königin war indessen gerade auf den Lehnstuhl Charny's zugegangen.
    Dieser erhob den Kopf beim Geräusche der Pantoffeln, welche auf dem Boden krachten.
    »Die Konigin,« murmelte er, indem er aufzustehen suchte.
    »Die Königin, ja, mein Herr,« erwiderte rasch Marie Antoinette. »Die Königin, welche weiß, wie Sie daran arbeiten, die Vernunft und das Leben zu verlieren, die Königin, welche Sie in Ihren Träumen und wachend beleidigen, die Königin, welche für ihre eigene Ehre, und für Ihre Sicherheit, mein Herr, besorgt ist. Darum kommt sie zu Ihnen, mein Herr, und Sie sollten sie nicht so empfangen.«
    Charny war zitternd, verwirrt aufgestanden, dann, bei den letzten Worten war er auf seine Kniee gesunken, so zermalmt durch den physischen und den moralischen Schmerz, daß er, gebeugt wie ein Schuldiger, sich weder erheben wollte noch konnte.
    »Ist es möglich,« fuhr die Königin, gerührt von dieser Ehrfurcht und diesem Stillschweigen, fort, »ist es möglich, daß ein Edelmann, den man einst den loyalsten beizählte, sich wie ein Feind an den Ruf einer Frau hängt! Denn bemerken Sie wohl, Herr von Charny, schon bei unserem ersten Zusammensein war es nicht die Konigin, was Sie gesehen, und was ich Ihnen gezeigt habe,

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