Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)
würde plötzlich mit der Freude und den Glückwünschen ihrer Freunde in ihr Gefängniß dringen.
Hatte sie Freunde? Ach! das Vermögen, der Credit bleiben nie ohne Gefolge, und Jeanne war doch reich und mächtig geworden; sie hatte empfangen, sie hatte gegeben, ohne sich auch nur den alltäglichen Freund gemacht zu haben, der am Tag nach einem Unglück verbrennen muß, was er den vorhergehenden Tag beschmeichelt hat.
Aber nach ihrem Triumph, den sie erwartete, würde Jeanne Parteigänger und Anhänger, sie würde Bewunderer und Neider haben.
Vergebens erwartete sie diese geschäftige Woge von Leuten mit freudigen Gesichtern in die Stube der Conciergerie Hubert eindringen zu sehen.
Von der Unbeweglichkeit einer überzeugten und kummerlosen Person ging Jeanne, dieß war die Abschüssigkeit ihres Characters, zu einer maßlosen Unruhe über.
Und da man sich nicht immer verstellen kann, so nahm sie sich nicht einmal bei ihren Wächtern die Mühe, ihre Eindrücke zu verbergen.
Es war ihr nicht gestattet hinauszugehen, um sich zu erkundigen, aber sie hielt ihren Kopf an ein Guckfenster, und hier horchte sie angstvoll, keuchend, auf die Geräusche des benachbarten Platzes, auf die Geräusche, die sich in einem verworrenen Gemurmel auflösten, nachdem sie die Mauern des alten St. Ludwigspalastes durchdrungen hatten.
Jeanne hörte sodann nicht einen Lärmen, sondern einen wahren Ausbruch von Bravos, von Schreien, von stampfenden Füßen und klatschenden Händen, etwas ganz Ungewöhnliches, Brausendes, was sie erschreckte, denn sie hatte nicht das Bewußtsein, daß man ihr so viel Sympathie bezeuge.
Diese lärmenden Salven wiederholten sich zweimal und machten Geräuschen anderer Art Platz.
Es kam ihr vor, als wäre es auch ein Beifall, doch ein ruhiger Beifall, der ebenso rasch starb, als er geboren war.
Bald wurden die Vorübergehenden auf dem Quai zahlreicher, als ob sich die Gruppen des Platzes auflösten und im Einzelnen ihre zerstreuten Massen abschickten.
»Ein herrlicher Tag für den Cardinal,« sagte ein Schreiber des Generalanwalts, auf dem Pflaster der Brüstung hüpfend.
Und er warf einen Stein in den Fluß mit jener Geschicklichkeit des jungen Parisers, der dieser von der Schleuder der Alten entlehnten Leibesübung gar manchen Tag seines Lebens gewidmet hat.
»Für den Cardinal,« wiederholte Jeanne. »Es ist also Nachricht da, daß der Cardinal freigesprochen ist?«
Ein Tropfen Galle, ein Tropfen Schweiß fiel von Jeanne's Stirne.
Sie kehrte hastig in die Stube zurück und fragte Frau Hubert:
»Madame, Madame, was höre ich sagen: was ist ein Glück für den Cardinal? Ich bitte, was ist denn ein Glück?«
»Ich weiß es nicht,« erwiderte diese.
Jeanne schaute ihr scharf in's Gesicht und fügte bei:
»Haben Sie die Güte, Ihren Mann zu fragen.«
Die Concierge gehorchte aus Gefälligkeit, und Hubert antwortete von Außen:
»Ich weiß es nicht!«
Ungeduldig, bebend, blieb sie einen Augenblick mitten im Zimmer stehen und rief:
»Was meinten die Vorübergehenden mit ihren Worten? man täuscht sich nicht in solchen Orakeln. Sie sprachen sicherlich vom Proceß.«
»Vielleicht,« erwiderte die mildherzige Hubert, »vielleicht wollten sie nur sagen, wenn Herr von Rohan freigesprochen worden, so werde dieß ein schöner Tag für ihn sein.«
»Sie glauben, man werde ihn freisprechen?« rief Jeanne, ihre Finger krampfhaft zusammenpressend.
»Das kann wohl geschehen.«
»Aber ich?«
»Oh Sie, Madame ... Sie wie er; warum Sie nicht?«
»Eine seltsame Voraussetzung,« murmelte Jeanne.
Und sie stellte sich wieder an die Scheiben.
»Madame,« sprach der Concierge, »Sie haben Unrecht auf solche Art Aufregungen zu suchen, die Ihnen unverständlich von Außen zukommen. Glauben Sie mir, bleiben Sie ruhig, bis Ihr Consulent oder Herr Fremyn kommen, um Ihnen vorzulesen ...«
»Den Spruch ... Nein! nein!«
Und sie horchte.
Eine Frau ging mit ihren Freundinnen vorüber. Sie hatten Festhauben auf und große Sträuße in den Händen. Der Geruch dieser Rosen stieg wie ein kostbarer Balsam zu Jeanne empor, welche Alles von unten einathmete.
»Er soll meinen Strauß haben,« rief diese Frau, »und noch hundert andere, der liebe Mann! oh! wenn ich kann, werde ich ihn küssen.«
»Und ich auch,« sagte eine Gefährtin.
»Er muß mich küssen,« sprach eine Dritte.
»Wen meinen sie?« dachte Jeanne.
»Ah! er ist ein sehr schöner Mann. Du bist keine Kostverächterin,« fügte eine letzte Freundin
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