Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)
welche auch wegfuhr, frei und toll vor Freude über die etwas ungebundenen Scherze, über die dem frischen appetitlichen Mädchen zugesandten Küsse. Das war allerdings plumper Weihrauch, doch mehr als genügend für Mlle. Oliva, dieser Weihrauch, den die Menge als letzte Würze des glänzenden, dem Cardinal gebotenen Festes ihr zusandte.
Mitten auf der Brücke wartete eine Postchaise. Herr Beausire verbarg sich darin hinter einem seiner Freunde, der allein sich der öffentlichen Bewunderung zu offenbaren wagte. Er machte Oliva ein Zeichen, und diese stieg mitten unter einem Geschrei, das sich ein wenig in Gezische verwandelt hatte, ein. Aber was ist für gewisse Schauspieler das Zischen, wenn man sie mit Wurfgeschossen bearbeiten und von bei Bühne jagen konnte?
Als Oliva in die Chaise gestiegen war, fiel sie in die Arme Beausire's, der sie zum Ersticken wie eine Beute an sich drückte, eine ganze Wegstunde weit nicht mehr losließ, sie mit Thränen und Küssen überströmte und nicht athmete bis Saint-Denis, wo man die Pferde wechselte, ohne von der Policei belästigt worden zu sein.
Als Jeanne alle diese Leute frei, glücklich, gefeiert sah, fragte sie sich, warum sie allein keine Nachrichten erhalte.
»Aber ich! ich!« rief sie, »in Folge welcher ausgesuchten Grausamkeit eröffnet man mir nicht den Spruch, der mich betrifft?«
»Beruhigen Sie sich, Madame,« sprach Hubert eintretend, »beruhigen Sie sich.«
»Es ist nicht möglich, daß Sie nichts wissen,« erwiderte Jeanne; Sie wissen! Sie wissen! unterrichten Sie mich.«
»Madame ...«
»Wenn Sie kein Barbar sind, unterrichten Sie mich, Sie sehen, wie sehr ich leide.«
»Madame, es ist uns niederen Officianten des Gefängnisses verboten, die Sprüche zu offenbaren, deren Lesung den Greffiers der Höfe zukommt.«
»Es lautet also so gräßlich, daß Sie es nicht wagen,« rief Jeanne in einem Ausbruch von Wuth, der dem Concierge bange machte und ihn die Erneuerung der Scenen vom vorhergehenden Tag ahnen ließ.
»Nein,« sagte er, »beruhigen Sie sich, beruhigen Sie sich!«
»Sprechen Sie doch.«
»Werden Sie geduldig sein und mich nicht bloßstellen?«
»Ich gelobe es Ihnen, ich schwöre es Ihnen, reden Sie.«
»Nun wohl: der Cardinal ist freigesprochen.«
»Ich weiß es.«
»Herr von Cagliostro freigesprochen.«
»Ich weiß es! ich weiß es!«
»Alle. Oliva von der Anklage entbunden.«
»Weiter! weiter!«
»Herr Reteau von Villette ist verurtheilt ...«
Jeanne bebte.
»Zu den Galeeren! ...«
»Und ich! und ich?« rief sie vor Wuth mit den Füßen stampfend.
»Geduld, Madame, Geduld. Ist es das, was Sie versprochen haben?«
»Ich bin geduldig; reden Sie! Ich?«
»Zur Verbannung,« sprach mit schwacher Stimme der Concierge, die Augen abwendend.
Ein Blitz der Freude glänzte in den Augen der Gräfin, ein Blitz, der so schnell erlosch, als er erschienen war.
Dann stellte sie sich, als fiele sie mit einem gewaltigen Schrei in Ohnmacht, und stürzte rückwärts in die Arme ihrer Wirthin.
»Was wäre geschehen, wenn ich ihr die Wahrheit gesagt hätte?« flüsterte Hubert seiner Frau in's Ohr.
»Die Verbannung,« dachte Jeanne, einen Nervenanfall heuchelnd, »das ist die Freiheit, das ist der Reichthum, das ist die Rache, das ist, was ich geträumt ... Ich habe gewonnen!«
XCV.
Die Execution.
Jeanne erwartete immer, daß der vom Concierge versprochene Gerichtsschreiber käme, um ihr den gegen sie gefällten Spruch vorzulesen.
Da sie die Bangigkeiten des Zweifels nicht mehr hatte und kaum die der Vergleichung, das heißt des Stolzes behielt, sagte sie in der That zu sich selbst:
»Was kann mir, einem, sollte ich meinen, gediegenen Geist daran liegen, daß Herr von Rohan minder schuldig erachtet worden ist, als ich?
»Bin ich es, über die man die Strafe eines Fehlers verhängt? Nein. Wäre ich gebührender Maßen von aller Welt als Valois anerkannt worden, hätte ich, wie dieß beim Herrn Cardinal der Fall war, ein ganzes Spalier von Prinzen und Herzogen, welche durch ihre Haltung, durch ihren Flor am Degen, durch ihre Trauerbinden flehten, am Wege aufgestellt gehabt, ich glaube nicht, daß man der armen Gräfin von La Mothe etwas verweigert haben würde, und sicherlich hätte man, in Voraussetzung dieser vornehmen Supplit, der Abkömmlingin der Valois die Schmach des Schemels erspart.
»Doch warum sich mit dieser ganzen Vergangenheit beschäftigen, welche todt ist? Sie ist nun beendigt, diese große Angelegenheit meines Lebens. Auf
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