Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)
was sich ihr näherte und sich vor ihr verneigte.
Das war das Hochzeitkleid Andree's.
Der König gab sogleich die Hand der Braut Philipp zurück, reichte die seinige Marie Antoinette und sprach mit lauter Stimme:
»In die Capelle, meine Herren!«
Diese ganze Menge ging stillschweigend hinter Ihren Majestäten, um ihre Plätze zu nehmen.
Die Messe begann alsbald. Die Konigin hörte sie, auf ihr Betpult gebeugt, den Kopf in ihren Händen begraben, an. Sie betete mit ihrer ganzen Seele, mit allen ihren Kräften; sie sandte zum Himmel so glühende Gelübde empor, daß der Hauch ihrer Lippen die Spuren ihrer Thränen verzehrte.
Bleich und schön, die Last aller Blicke auf sich fühlend, war Herr von Charny ruhig und muthig, wie er es an seinem Bord gewesen, inmitten der Flammenwirbel und Orkane der englischen Geschütze.
Das Auge auf seine Schwester geheftet, die er beben und wanken sah, schien Philipp bereit, dieser den Beistand eines Wortes, einer Geberde des Trostes oder der Freundschaft zu leisten.
Doch Andree verleugnete sich nicht;, sie blieb, den Kopf erhoben, jede Minute an ihrem Fläschchen mit Salzen riechend, sterbend und schwankend wie die Flamme einer Wachskerze, aber aufrecht und beharrlich lebend durch die Stärke ihres Willens.
Sie richtete keine Gebete an den Himmel, sie that keine Gelübde für die Zukunft, sie hatte nichts zu hoffen, nichts zu fürchten; sie war nichts für die Menschen, nichts für Gott.
Als der Priester sprach, als die Glocke ertönte, als um sie her das göttliche Mysterium in Erfüllung ging, da sagte sie zu sich selbst:
»Bi« ich auch eine Christin? Bin ich ein Wesen wie die anderen, ein Geschöpf den anderen ähnlich? Hast Du mich für das Mitleid gemacht. Du, den man den erhabenen, unumschränkten Gott, den Gebieter aller Dinge nennt? Du, den man vorzugsweise gerecht nennt, und der Du mich immer bestraft hast, ohne daß ich je gesündigt? Du, den man den Gott des Friedens und der Liebe nennt, und dem ich es verdanke, daß ich in der Bangigkeit, im Zorn, in der blutigen Rache lebe? Du, dem ich es verdanke, daß ich den einzigen Mann, den ich geliebt hatte, zum tödtlichsten Feind habe?
»Nein,« fuhr sie fort, »nein, die Dinge dieser Welt und die Gesetze Gottes gehen mich nichts an. Ohne Zweifel bin ich schon vor meiner Geburt verflucht gewesen und nach derselben außer das Gesetz gestellt worden.«
Dann zu ihrer schmerzlichen Vergangenheit zurückkehrend murmelte sie:
»Seltsam! seltsam! Es ist hier in meiner Nähe ein Mann, dessen Name, wenn er nur ausgesprochen wurde, mich vor Glück sterben machte. Hätte mich dieser Mann um meiner selbst willen verlangt, ich wäre genöthigt gewesen, mich zu seinen Füßen zu wälzen und ihn wegen meines Fehlers von Einst, wegen Deines Fehlers, mein Gott, um Verzeihung zu bitten! Und der Mann, den ich anbetete, würde mich vielleicht zurückgestoßen haben. Heute heirathet mich dieser Mann, und er wird mich auf beiden Knieen um Verzeihung bitten. Seltsam! oh! ja, sehr seltsam!«
In diesem Augenblick traf die Stimme des Priesters an ihr Ohr. Sie sprach:
»Jacques Olivier von Charny, nehmen Sie Marie Andree von Taverney zur Gattin?«
»Ja,« antwortete mit fester Stimme Olivier.
»Und Sie, Marie Andree von Taverney, nehmen Sie Jacques Olivier von Charny zum Gatten?«
»Ja,« antwortete Andree mit einer beinahe wilden Betonung, welche die Königin schaudern und mehr als eine Frau in der Versammlung beben machte.
Dann steckte Charny den goldenen Ring an den Finger seiner Frau, und dieser Ring glitt daran zurück, ohne daß Andree die Hand, die ihr denselben bot, gefühlt hatte.
Bald stand der König auf. Die Messe war beendigt. Alle Höflinge begrüßten in der Gallerie das neue Ehepaar.
Herr von Suffren nahm, als er zurückkehrte, die Hand seiner Nichte und versprach ihr im Namen Oliviers alles Glück, das sie verdiente.
Andree dankte dem Bailli, ohne sich einen Augenblick zu entrunzeln, und bat nur ihren Oheim, sie rasch zum König zu führen, um ihm danken zu können, denn sie fühlte sich schwach.
Zu gleicher Zeit überströmte eine furchtbare Blässe ihr Gesicht.
Der Bailli durchschritt den großen Salon und führte Andree zum König. Dieser küßte sie auf die Stirne und sprach:
»Frau Gräfin, gehen Sie zur Königin; Ihre Majestät will Ihnen Ihr Hochzeitgeschenk geben.«
Nach diesen Worten, die er für äußerst liebreich hielt, zog sich der König, gefolgt vom ganzen Hofe, zurück und ließ die Neuvermählte
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