Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)
Ueberzeugung lebte, er habe drei Nächte hinter einander die Königin in den Gebüschen von Versailles gesehen ... und weil keine Macht der Erde dem Cardinal beweisen würde, er habe sich getäuscht ... Weil ein einziger Beweis des Betrugs übrig blieb, ein lebendiger, unverwerflicher Beweis, den aber Jeanne aus der Debatte zu entfernen im Begriff stand.
Bei diesem Punkt ihres Nachsinnens angelangt, trat Jeanne an's Fenster und erblickte Oliva, die ganz unruhig, ganz neugierig auf ihrem Balcon stand.
»Jetzt haben wir beide miteinander zu schaffen,« dachte Jeanne, indem sie ihre Gefährtin zärtlich grüßte ...
Die Gräfin machte Oliva das verabredete Zeichen, daß sie am Abend herabkomme.
Ganz freudig über diese officielle Mittheilung kehrte Oliva in ihr Zimmer zurück, und Jeanne versank wieder in ihr Nachdenken.
Was Werkzeug zerbrechen, wenn es nicht mehr dienen kann, das ist die Gewohnheit aller Intriganten; nur scheitert die Mehrzahl derselben, entweder weil sie dieses Werkzeug so zerbrechen, daß es einen Seufzer ausstößt, der das Geheimniß verräth, oder weil sie es unvollständig genug zerbrechen, daß es noch Andern zu dienen vermag.
Jeanne dachte, die lebenslustige kleine Oliva würde sich nicht zerbrechen lassen, ohne einen Seufzer von sich zu geben.
Man mußte nothwendig für sie eine Fabel ersinnen, die sie zur Flucht bestimmte, und eine andere, die ihr sehr gern zu fliehen gestattete.
Die Schwierigkeiten erhoben sich auf jedem Schritt; doch gewisse Geister finden ein eben so großes Vergnügen daran, die Schwierigkeiten aufzulösen, als andere, die Rosen mit Füßen zu treten.
So entzückt Oliva über die Gesellschaft ihrer neuen Freundin war, war sie es doch nur beziehungsweise, das heißt, insofern sie diese Verbindung durch die Scheiben ihres Gefängnisses erschaute, fand sie dieselbe kostbar.
Noch die aufrichtige Nicole verbarg ihrer Freundin nicht, der lichte Tag, die Spazierfahrten im hellen Sonnenschein, kurz alle die Wirklichkeiten des Lebens wären ihr lieber gewesen, als die nächtlichen Promenaden und das erdichtete Königthum.
Jeanne, ihre Liebkosungen und ihre Vertraulichkeit waren für sie nur ein halbes Leben; die Wirklichkeit des Lebens waren Geld und Beausire.
Jeanne, welche diese Theorie gründlich studirt hatte, gelobte sich, dieselbe bei der ersten Gelegenheit anzuwenden.
Indem sie sich zusammenfaßte, gab sie als Thema ihrer Unterredung mit Nicole die Nothwendigkeit, den Beweis der strafbaren im Park von Versailles begangenen Betrügereien ganz und gar verschwinden zu machen.
Die Nacht brach ein, Oliva kam herab. Jeanne erwartete sie vor der Thüre.
Beide gingen wieder die Rue Saint-Claude bis zu dem verödeten Boulevard hinauf, wo sie ihren Wagen erreichten, den sie, um besser mit einander sprechen zu können, im Schritt auf dem Wege fahren ließen, welcher sich kreisförmig nach Vincennes zieht.
Nicole war wohl eingehüllt in ein einfaches Kleid und in eine weite Caputze; Jeanne war als Grisette gekleidet, und Niemand vermochte sie zu erkennen. Man hätte zu diesem Behuf überdieß in den Wagen tauchen müssen, und die Policei allein war hiezu befugt. Nichts aber hatte bis jetzt Verdacht bei der Policei erweckt.
Dabei trug dieser Wagen, statt nur glatt zu sein, an seinen Füllungen das Wappen der Valois, eine beachtenswerthe Schildwache, deren Verbot zu durchbrechen oder zu überschreiten die Gewaltthat eines Agenten nie gewagt hätte.
Oliva fing damit an, daß sie Jeanne mit Küssen bedeckte, und diese erwiderte dieselben mit Wucher.
»Oh! was habe ich mich gelangweilt,« sagte Oliva, »ich suchte Sie, ich rief nach Ihnen.«
»Unmöglich, meine Freundin, ich konnte Sie unmöglich besuchen, ich wäre eine zu große Gefahr gelaufen und hätte Sie auch einer solchen preisgegeben.«
»Wie dieß?« fragte Nicole erstaunt.
»Eine furchtbare Gefahr, meine Kleine, worüber ich noch zittere.«
»Oh! erzählen Sie mir das geschwind.«
»Sie wissen, daß Sie hier viele Feinde haben?«
»Leider, ja!«
»Und daß Sie, um sich zu zerstreuen, auszugehen wünschten?«
»Wozu Sie mir so freundschaftlich verholfen haben.«
»Sie wissen auch, daß ich Ihnen von jenem Mundschenk sprach, der etwas verrückt, aber sehr angenehm und in die Königin verliebt ist, welcher Sie ein wenig gleichen.«
»Ja, ich weiß das.«
»Ich hatte die Schwäche, Ihnen eine unschuldige Unterhaltung vorzuschlagen, die darin bestand, daß wir uns über den armen Jungen lustig machen und
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