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Das Halsband der Königin

Das Halsband der Königin

Titel: Das Halsband der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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nach Trianon kamen, verbargen wir das Mädchen vor den Augen des Hofes. Wahrscheinlich langweilte sie die Abgeschlossenheit, in der sie leben mußte; überdies war sie von unruhigem und ehr-geizigem Charakter; jedenfalls war sie eines Abends verschwunden, doch das ist lange her.«
    Jeanne war diesen Ausführungen mit begreifl icher Aufmerksamkeit gefolgt.
    »Sie sehen, Herr de Crosne«, sagte die Königin erregt, »es gab ein Mädchen, das auffallende Ähnlichkeit mit mir hatte, aber Sie wissen es nicht. Sie wissen nicht, was aus dieser Person geworden ist, obwohl im Königreich beunruhigende Dinge geschehen.
    Geben Sie zu, daß Ihre Polizei nichts taugt.«
    »Und ich versichere Ihnen, Madame, daß sie gut ist. Die gemeine Menge mag die Funktionen eines Polizeichefs mit denen Gottes verwechseln, Eure Majestät aber, die hoch über diesem irdischen Olymp thront, muß wissen, daß die Beamten des Königs auch nur Menschen sind. Ich bin es nicht, der die Ereignisse lenkt, und es gibt so seltsame Dinge, daß der menschliche Verstand nicht ausreicht, sie zu begreifen.«
    »Wenn ein Mann genug Gewalt besitzt, selbst die Gedanken seiner Mitmenschen zu erschlüsseln, wenn er Agenten und Spitzel bezahlt, die jede geringste Gebärde notieren, die ich vor dem Spiegel mache, dann sollte dieser Mann auch fähig sein, solche seltsamen Dinge aufzuklären.«
    »Verzeihen Sie, Madame, auf dem Opernball wurden Sie von meinen Agenten gesehen, wie der Graf d’Artois Sie gesehen hat.
    Wenn der Bruder des Königs in den Zügen seiner Schwägerin sich irren durfte, wird auch einem armen Kerl, der dreißig Francs im Monat verdient, erlaubt sein, sich zu irren. Meine Polizei hat durchaus gut funktioniert, an diesem Tag wie an anderen.
    Wollen Sie etwa behaupten, meine Leute hätten in der Sache des Zeitungsschreibers Réteaux versagt, den Herr de Charny so grausam verprügelt hat?«
    »Herr de Charny?« riefen die Königin und Andrée zugleich.
    »Das Ereignis ist noch jung, Madame, nicht minder jung als das Duell, das der Affäre folgte und bei dem Herr de Charny den Degenstich erhielt, der wohl bewirkt haben dürfte, daß er vor wenigem in Ihrem Vorzimmer zusammenbrach.«
    Die Beweisführung war Herrn de Crosne gelungen, doch waren die Damen in ihren widerstreitenden Gefühlen für Herrn de Charny zu erregt, um ihm die verdiente Achtung zu zollen.
    Desto bessere Gelegenheit wurde dem Polizeimann, die Damen zu beobachten, die, außer Jeanne, vergessen hatten, wem sie gegenübersaßen, und sich darüber austauschten, wie leidend Herr de Charny gewirkt, mit wem er sich wohl geschlagen hatte und warum dieses Duell überhaupt stattgefunden haben könnte.
    »Warum, aber weiß Gott, Madame, das ist im Augenblick recht nebensächlich«, sagte Herr de Crosne, »jedenfalls leben die Gegner in gutem Einvernehmen, da sie noch eben vor Eurer Majestät freundschaftlich miteinander plauderten. Der Sieger ist vor kaum zwanzig Minuten von Ihnen gegangen.«
    »Herr de Taverney?!« rief die Königin mit zornblitzenden Augen. »Das ist unerhört! Es scheint, man will in Versailles ameri-kanische Sitten einführen. Aber ich werde nicht dulden, daß man, weil man auf seiten der Herren La Fayette und Washington (sie sprach den Namen betont französisch aus) gekämpft hat, meinen Hof in einen Turnierplatz des sechzehnten Jahrhunderts verwandelt. Andrée, Sie mußten wissen, daß Ihr Bruder sich geschlagen hat.«
    »Ich hörte es eben, Madame.«
    »Und warum geschah das?«
    »Wenn mein Bruder sich geschlagen hat«, versetzte Andrée, »so gewiß nicht in Verletzung der Pfl ichten, die der Dienst Eurer Majestät ihm auferlegt.«
    »Wollen Sie damit sagen, Mademoiselle, daß Herr de Charny gegen diese Pfl icht verstoßen hat?«
    »Ich habe die Ehre, Eurer Majestät zu bemerken, daß ich von meinem Bruder und von sonst niemandem sprach«, entgegnete Andrée.
    Marie-Antoinette bedurfte ihrer ganzen Kraft, um ihre Ruhe zu bewahren.
    »Ich danke Ihnen, Herr de Crosne«, sagte sie endlich, »Sie haben mich überzeugt. All diese Widersprüche und Unterstellungen hatten mich verwirrt. Gewiß ist Ihre Polizei tüchtig. Indessen, diese Ähnlichkeit, von der ich sprach, werden Sie im Auge behalten, nicht wahr, Monsieur? Adieu.«
    Sie reichte ihm mit äußerster Huld die Hand, und er ging be-glückt und um einige Informationen bereichert.
    Andrée fühlte die Aufforderung, die jenem Adieu untergelegen hatte, und verneigte sich.
    Die Königin beurlaubte sie nachlässig,

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