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Das Halsband des Leoparden

Das Halsband des Leoparden

Titel: Das Halsband des Leoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Faust auf die Nasenwurzel zu schlagen. Nun musste er sich nur noch zu dem Ersten hinüberschnellen, bevor der sich berappelte, und ihm einen Hieb ins Genick zu versetzen.
    Schon lagen sie beide mucksmäuschenstill nebeneinander.
    Fandorin klopfte sich ab und stand auf. Ärgerlich streifte er das Lasso von den Schultern und warf es weg.
    »Masa, verdammt noch mal, wo steckst du?«
    Der Japaner kam sogleich aus der Dunkelheit, er führte die Fuchsstute am Zügel.
    »Du gibst mir ja schöne Deckung!«, bellte Fandorin ihn an und rieb sich den beim Sturz geprellten Ellbogen. »Und wenn sie nun nicht die Leine geworfen hätten, sondern aus zwei Läufen geschossen, was dann?«
    »Ich hätte Sie glausam gelächt, Herr«, antwortete sein Helfer sorglos. »Lassen Sie uns lasch nachsehen, wel diese Leute sind. Ich bin neugielig.«
    Während Fandorin seine Taschenlampe aus der Satteltasche holte, fesselte Masa die Gefangenen und drehte sie auf den Rücken.
    Schwarze Tücher trugen sie nicht, was Fandorin nicht ohne Enttäuschung vermerkte, als der Lichtstrahl die Gesichter der nächtlichen Räuber beschien. Beide waren tatsächlich halbwüchsige Jungs. Der eine hatte auf Kinn und Wangen langen komischen Flaum wie Entendaunen. Bei dem Zweiten waren die Haare etwas länger und storrer, dafür aber viel weniger.
    »Wo sind denn die berüchtigten k-konischen Hüte?«, murmelte Fandorin.
    Masa machte sich jenseits des Zauns auf die Suche und fand im Gebüsch die ungewöhnlichen Kopfbedeckungen; eine davon stülpte er sich gleich auf.
    »Nimm das wieder ab«, sagte Fandorin angesichts der kompakten gerundeten Silhouette seines Kammerdieners, die sich nun nach oben hin verjüngte.
    »Du siehst aus wie eine E-Einlaufspritze.« »Und Sie, Herr, haben sich von zwei glünen Bengels mit dem Lasso fangen lassen«, sagte der Japaner beleidigt.
    »Schon gut, schon gut. Hilf mir mal.«
    Sie warfen die besinnungslosen Celestianer auf die Fuchsstute.
    »Blingen wir sie dorthin?« Masa nickte in Richtung des russischen Dorfes.
    »Nein, dorthin.« Fandorin zeigte zum Celestianerdorf. »Und du verschwinde. Wenn was ist, du weißt ja Bescheid.«
    Masa wich mit einer Verbeugung zurück und löste sich in der Dunkelheit auf.
    Mit einem Fußtritt stieß Fandorin ein Stück des Zauns um und führte die Fuchsstute über das Feld, hinter dem Lichter zu sehen waren.

    Die Siedlung der abgespaltenen Mormonen schmiegte sich in eine Einbuchtung eines gewaltigen Felsens. Damit war ihre Rückseite sicher gedeckt durch die steilen Wände, die bis in den Himmel aufstiegen, während vorn ein Zaun aus angespitzten Baumstämmen Schutz gab. Diese Palisade war sehr gründlich gebaut worden: Rechts und links stieß sie an den Berg, und über dem massiven Tor in der Mitte ragte ein Wachturm empor. Der Raum vor dieser Festung, die geschaffen worden war mit den vereinten Kräften von Natur und Menschen, war beleuchtet von Fackeln, die in der Erde steckten. Da war nicht unbemerkt heranzukommen.
    Aber Fandorin wollte auch nicht unbemerkt bleiben.
    Er betrat die beleuchtete Fläche und stellte sich für alle Fälle, damit der Wachposten nicht schoss, hinter sein Pferd.
    »Hey, ihr da auf dem Turm!«, rief er laut.
    Die gefesselten Jünglinge waren schon zu sich gekommen. Sie zappelten und ächzten, denn Masa hatte nicht vergessen, ihnen einen Knebel in den Mund zu stecken.
    »Wer da?«, klang eine zitternde Stimme vom Turm. »Bist du ein Mensch oder ein Geist? Brüder, Brüder!«
    Der Wächter schlug die Signalglocke an, worauf hinter der Palisade Schreie und das Trappeln vieler Füße ertönten.
    Fandorin musste ein Weilchen warten.
    »Still, hört auf zu zappeln«, sagte er zu den Gefangenen. »Wenn ihr gehorcht, lass ich euch bald frei.«
    Zwischen den spitz behauenen Balkenenden zeigten sich Köpfe mit konischen Hüten; Gewehrläufe blinkten.
    »Sagt, wer ihr seid«, befahl Fandorin und befreite die Gefangenen von den Knebeln.
    »Wir sind’s, wir!«, riefen die jungen Männer folgsam.
    »Wer ist wir?«, tönte eine tiefe Stimme. »Wenn ihr nächtliche Geister seid, geht lieber eurer Wege! Wir haben Silberkugeln und Weihwasser!«
    »Wir sind Jesaja und Absalom! Man hat uns gefesselt.«
    »Wer hat das getan?«
    Fandorin meinte, jetzt vortreten zu können.
    »Ich! Mein Name ist Erast Fandorin. Ich bin durchs Tal geritten. Diese Lümmel haben mich ohne Vorwarnung überfallen. Ich hätte sie töten können. Oder zum Marshal bringen. Aber sie haben mir leid getan. Sie sind ja

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