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Das Harvard-Konzept

Das Harvard-Konzept

Titel: Das Harvard-Konzept Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Fisher
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man Dampf abgelassen, kann man danach vernünftiger miteinander sprechen. Legt ein Verhandlungspartner wütend los und zeigt so den Beteiligten, dass er kein »Weichling« ist, gewähren Sie ihm vielleicht freiere Hand bei den Verhandlungen. Dann kann er sich auf seinen Ruf, hartnäckig zu sein, verlassen und ist später, wenn er einem Übereinkommen vielleicht doch zustimmt, gegen Kritik gefeit.
    Jedenfalls bleiben Sie am besten kontrolliert sitzen und lassen die anderen ihren Kummer auf Sie abladen, unterbrechen Sie sie nur, wenn es zu Polemik oder direkten Ausfällen kommt. Sind Auftraggeber anwesend, werden möglicherweise deren eigene Frustrationen ebenso wie die Ihres Verhandlungspartners abgebaut, wenn erst einmal Emotionen freigesetzt werden. Die beste Strategie ist es wohl, beim Dampfablassen des Gegners ganz ruhig zuzuhören, ohne auf die Angriffe einzugehen und den Redner gelegentlich zu bitten, doch fortzufahren, bis er fertig ist. Auf diese Weise schütten Sie nicht weiter Öl zu, ermutigen den Redner zur Artikulation und haben kaum oder gar keine Nebenwirkungen zu erwarten.
    |59| Reagieren Sie nicht auf emotionale Ausbrüche
    Riskant wird der Versuch zum Abbau von Emotionen dann, wenn emotionale Reaktionen provoziert werden. Wenn das Ganze nicht kontrolliert abläuft, gibt es möglicherweise bald heftigen Streit. In den 50er Jahren wandte das amerikanische »Human Relations Committee« (Ausschuss für menschliche Beziehungen) erstmals eine ungewöhnliche und ausgesprochen wirkungsvolle Technik gegen den Aufeinanderprall von Emotionen an. Damals wurde in der Stahlindustrie eine Forschungsgruppe gegründet zur Behandlung von auftretenden Problemen, bevor diese ernst werden. Die Mitglieder des Komitees gaben sich folgende Regel: Nur jeweils eine Person darf zu einer bestimmten Zeit ärgerlich sein. Damit verpflichteten sich die jeweils anderen, auf einen Ausbruch von Ärger nicht ihrerseits heftig zu antworten. Zugleich erleichterte diese Regel das emotionale Dampfablassen: »In Ordnung. Jetzt darf er.« Darüber hinaus hilft das Verfahren den Leuten auch noch, ihre Emotionen zu kontrollieren. Missachtet jemand diese Vorschrift, zeigt das, dass er die Selbstkontrolle verloren hat – und damit auch etwas von seinem Ansehen.
    Benutzen Sie auch symbolische Gesten
    Jeder Verliebte weiß, dass er einen Streit meist durch eine einfache Geste beenden kann. Er schenkt eine rote Rose. Viele Handlungen kosten nicht viel und erzeugen dennoch bei der Gegenseite konstruktive emotionale Wirkungen. Ein Zeichen von Sympathie, ein Ausdruck des Bedauerns, ein Besuch auf dem Friedhof, ein kleines Geschenk für das Enkelkind, Händeschütteln oder Umarmen, miteinander Essengehen – das alles ist unbezahlbar, wenn man eine gespannte emotionale Situation verbessern will, und kostet wirklich nicht viel. Oft baut auch eine simple Entschuldigung wirkungsvoll negative Gefühle ab, selbst wenn Sie persönlich keine Verantwortung für den augenblicklichen Zustand tragen und auch |60| keine Verletzungsabsicht zugeben müssen. Eine Entschuldigung ist für Sie mitunter die billigste und dennoch die rentabelste Investition.
    Kommunikation
    Ohne Kommunikation ist Verhandeln unmöglich. Verhandeln ist ein nach beiden Seiten fließender Prozess mit dem Ziel, eine gemeinsame Entscheidung herbeizuführen. Kommunikation ist niemals leicht, auch nicht unter Leuten mit einem umfangreichen Hintergrund gemeinsamer Werte und Erfahrungen. Selbst bei Paaren, die dreißig Jahre miteinander gelebt haben, kommt es noch jeden Tag zu Missverständnissen. Nicht überraschend also, wenn nur wenig Kommunikation herrscht zwischen Menschen, die einander nicht kennen und sich überdies beargwöhnen oder gar als Gegner betrachten. Was immer Sie auch sagen: Erwarten Sie, dass die andere Seite etwas anderes heraushört.
    Bei der Kommunikation gibt es drei große Probleme. Erstens: die Verhandlungspartner sprechen nicht miteinander, oder jedenfalls nicht so, dass sie einander verstehen. Häufig gibt dann die eine Seite auf und macht gar keine Anstalten mehr zu einer ernsthaften Kommunikation. Stattdessen wird nur noch geredet, um Dritte – oder die eigenen Auftraggeber – zu beeindrucken. Man bewegt sich nicht mehr gemeinsam mit dem Verhandlungspartner auf ein beiderseits akzeptables Ergebnis zu, sondern versucht, ihm ein Bein zu stellen. Man sucht die Partner nicht mehr zu konstruktiven Schritten zu veranlassen, sondern die Zuschauer zur Parteinahme zu

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