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Das Harvard-Konzept

Das Harvard-Konzept

Titel: Das Harvard-Konzept Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Fisher
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neuer Form, damit Sie es diesmal verstehen. Zeigen Sie also gleich, dass Sie alles mitbekommen haben. »Ich will mal sehen, ob ich das verstanden habe. Sie gehen davon aus, dass die Dinge folgendermaßen liegen.«
    Wenn Sie wiederholen, wie Sie das alles verstanden haben, formulieren Sie es
positiv,
und zwar vom Standpunkt der Gegenseite aus. Machen Sie auch die Vorteile dieser Argumentation deutlich. Sagen Sie etwa: »Sie haben da eine recht starke Position. Ich will das einmal darzulegen versuchen. Mich selbst betrifft das insofern.« Verstehen bedeutet noch nicht Übereinstimmen. Man kann den anderen vollkommen verstehen und doch ganz anderer Meinung sein. Aber es ist unmöglich, Ihren eigenen Standpunkt sinnvoll darzulegen, bevor die anderen von Ihrem Bemühen um Verständnis überzeugt sind. Haben Sie die Angelegenheit von der anderen Warte her referiert, kommen Sie auf die Probleme zurück, die sich für Sie dabei ergeben. Wenn es Ihnen gelingt, den Sachverhalt besser darzulegen als die Gegenseite selbst, um ihn dann infrage zu stellen, haben Sie die allerbeste Chance zum konstruktiven Dialog über die Inhalte. Niemand kann sich dann mehr auf Missverständnisse berufen.
    Sprechen Sie so, dass man Sie auch versteht
    Wenden Sie sich der Gegenseite zu. Man vergisst leicht, dass Verhandlungen keine Bundestagsdebatten und auch keine Gerichtsverhandlung sind. Es geht nicht darum, Dritte zu überzeugen. Die Person, die Sie überzeugen müssen, sitzt mit Ihnen am Tisch. Will man Verhandlungen mit einem Gerichtsprozess vergleichen, so kann man hier allenfalls die Situation zweier Richter bei der Urteilsfindung heranziehen. Versuchen Sie, sich in eine solche Rolle zu versetzen: Behandeln Sie die Gegenseite wie einen Richterkollegen, mit dem Sie gemeinsam ein Urteil fällen sollen. Dabei überzeugt man den anderen natürlich nicht durch Schimpfen, Ausfälle oder eine erhobene |64| Stimme. Im Gegenteil, am meisten hilft die Erkenntnis, dass die Gegenseite die Angelegenheit eben anders betrachtet, und dass man am besten so vorgeht wie Leute, die gemeinsam ein und dasselbe Problem zu bewältigen haben.
    Nun gibt es eine Reihe hinderlicher Einflüsse von außen – Presse, Rückfrage beim Auftraggeber, unbeteiligte Dritte –, und diese Einflüsse sollte man möglichst reduzieren. Dafür sollte man auch private und vertrauliche Kommunikationsformen mit der Gegenseite pflegen. Kommunikation kann man übrigens auch durch deutliche Beschränkung der Gruppengröße fördern. Die Gespräche über den Status von Triest 1954 zwischen Jugoslawien, Großbritannien und den USA brachten beipielsweise kaum Fortschritte, bis die drei Chef-Unterhändler ihre großen Delegationen wegschickten und sich allein und ganz informell in einem Privathaus trafen. Hier gilt wohl die Abwandlung eines Slogans von Woodrow Wilson »Offene Abkommen, in offenen Gesprächen erreicht« in »Offene Abkommen, in privaten Gesprächen erreicht«. Ganz gleich, wie viele Leute an einer Verhandlung beteiligt sind – die wichtigen Entscheidungen kommen bezeichnenderweise dann zustande, wenn nur zwei Personen im Raum sind.
    Reden Sie über sich, nicht über die Gegenseite
    In vielen Verhandlungen legen beide Seiten lang und breit die Absichten und Motive des Gegenübers dar – um sie dann zu verwerfen. Aber man überzeugt mehr, wenn man ein Problem durch seine Rückwirkungen auf einen selbst beschreibt, als wenn man die Anteile der anderen darlegt. »Wir fühlen uns im Stich gelassen« ist wesentlich besser als »Sie haben Ihr Wort gebrochen«. Und statt »Sie sind ein Rassist« sollte man lieber sagen »Wir fühlen uns diskriminiert«. Unterläuft Ihnen eine Behauptung, die die anderen als unwahr empfinden, werden sie sich ärgern oder die Bemerkung einfach ignorieren. Ihre Absichten bleiben auf der Strecke. Reden Sie aber nur über Ihren |65| Gefühlszustand, kann niemand etwas daran aussetzen. Sie übermitteln auf diese Weise die Informationen ebensogut und provozieren dabei keine Verteidigungsreaktionen, die dann Ihre Argumente letztlich blockieren.
    Sprechen Sie mit einer bestimmten Absicht
    Manchmal hat man allerdings nicht zu wenig, sondern zu viel Kommunikation. Gibt es viel Ärger und Unbehagen, lässt man manche Gedanken besser unausgesprochen. Mitunter behindert die Bereitschaft zu dauernder Flexibilität eine Übereinkunft mehr als sie nützt. Wenn Sie mir mitteilen, dass Sie das Haus für 500   000 Euro verkaufen würden, nachdem ich schon 530   000

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