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Das Harvard-Konzept

Das Harvard-Konzept

Titel: Das Harvard-Konzept Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Fisher
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provozieren. Effektive Kommunikation zwischen den Parteien ist völlig unmöglich, wenn sich alle ins Rampenlicht setzen wollen.
    Selbst wenn Sie mit der Gegenseite ohne Umschweife und im Klartext reden, hören Ihnen die anderen möglicherweise gar nicht zu, und das bringt uns zum zweiten Kommunikationsproblem. |61| Achten Sie darauf, wie oft die anderen Ihnen offensichtlich nicht aufmerksam genug zuhören. Seien Sie sicher: fast genauso oft wären auch Sie außerstande zu wiederholen, was die anderen gerade gesagt haben. Während der Verhandlung denken Sie vielleicht derart intensiv an das, was Sie als Nächstes sagen wollen, an Ihre Antwort auf das Vorgebrachte oder an Ihr nächstes Argument, dass Sie einfach vergessen hinzuhören, was die Gegenseite gerade sagt. Oder Sie konzentrieren sich mehr auf Ihren Auftraggeber als auf die Gegenseite, denn dem sind Sie ja am Ende rechenschaftspflichtig, ihn müssen Sie zufriedenstellen. Also ist es gar kein Wunder, wenn Sie stark auf ihn achten. Aber wenn Sie dabei überhören, was ihre Verhandlungspartner sagen, dann kommt eben keine Kommunikation zustande.
    Drittes Kommunikationsproblem: Missverständnisse. Alles, was jemand sagt, kann vom anderen missverstanden werden. Selbst in ein und demselben Raum kann zwischenmenschliche Kommunikation eher Rauchzeichen ähneln. Besonders groß ist die Gefahr von Missverständnissen dort, wo Parteien unterschiedliche Sprachen sprechen. In Persien beispielsweise hat das Wort »Kompromiss« keinen so positiven Klang wie im Englischen, wo man darunter eine »Lösung auf dem Mittelweg, mit der beide Seiten leben können« versteht. In Persien dagegen bedeutet »Kompromiss« eine »Herabsetzung des eigenen Wertes« oder »Kompromittierung unseres Ansehens«. Und »Vermittler« ist dort einer, der sich uneingeladen in etwas hineindrängt. Anfang 1980 flog UN-Generalsekretär Waldheim in den Iran zu Verhandlungen über die Geiselfrage. Das gesamte Anliegen wurde alsbald durch eine Meldung des iranischen Rundfunks und Fernsehens behindert, die einen Ausspruch Waldheims als Nachricht verbreiteten, er habe bei seiner Ankunft gesagt, dass er »als Vermittler kommt, auf der Suche nach einem
Kompromiss
«. Bereits wenige Stunden nach der Sendung warfen verärgerte Iraner mit Steinen auf das Auto Waldheims.
    Was kann man zur Lösung dieser drei Kommunikationsprobleme tun?
    |62| Hören Sie aufmerksam zu und geben Sie Rückmeldung über das, was gesagt wurde
    Dass Zuhören grundwichtig ist, versteht sich von selbst. Dennoch ist das gerade im Stress laufender Verhandlungen besonders schwer. Aber nur wenn Sie wirklich zuhören, verstehen Sie die Vorstellungen der Gegenseite, erkennen ihre Emotionen und erfassen, was die anderen tatsächlich wollen. Aktives Zuhören verbessert nicht nur Ihre Wahrnehmung, es kann auch den Ausführungen der Gegenseite zugute kommen. Wenn Sie aufmerksam sind und gelegentlich unterbrechen: »Habe ich Sie richtig verstanden, Sie wollen sagen.«, dann erkennt die Gegenseite, dass sie hier nicht ihre Zeit vergeudet und dass es sich nicht um bloße Routine handelt. Sie fühlt sich gehört und verstanden, und das befriedigt ungemein. Es stimmt schon: Das einfachste Zugeständnis anderen gegenüber besteht darin, sie wissen zu lassen, dass man ihnen zuhört.
    Grundtechniken guten Zuhörens bestehen in konzentrierter Aufmerksamkeit, in der Bitte an die Gegenseite, ihre Meinung deutlich auszudrücken und die Vorstellungen zu wiederholen, wenn Zweideutigkeiten oder Unsicherheiten auftreten. Machen Sie es zu Ihrer Regel, dass Sie während des Zuhörens keine Antwort formulieren, sondern die Sache so zu sehen versuchen wie die Gegenseite selbst. Beachten Sie die Vorstellungen, die Zwänge, die Befangenheiten der anderen.
    Manche Verhandelnden halten es für eine gute Taktik, den Interessen der Gegenseite nicht allzu viel Aufmerksamkeit zu schenken und deren Standpunkt keine Berechtigung zuzugestehen. Ein guter Verhandlungspartner tut genau das Gegenteil. Geben Sie keine Rückmeldung und zeigen Sie nicht, dass Sie verstanden haben, glaubt die Gegenseite, dass Sie gar nicht zuhören. Legen Sie dann Ihren gegensätzlichen Standpunkt dar, glauben die anderen, dass Sie noch immer nichts kapiert haben. Die Gegenseite denkt dann: »Jetzt haben wir ihm doch unsere Ansicht erklärt, aber er bringt etwas ganz anderes vor. Er versteht’s einfach nicht.« Konsequenz: Statt |63| Ihnen nun zuzuhören, wiederholen die anderen ihre Argumente in

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