Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)
Richtung wies. Und was hätte das sein können, wenn nicht das Wort Gottes?
Also wieso wurde er das Gefühl nicht los, dass er einen Fehler gemacht hatte?
Wo bist du, wenn ich dich brauche, Bruder …
Hardwin riss ihn aus seinen Gedanken: »Mein König, da kommt jemand.«
Otto blickte auf.
Ein einzelner Reiter galoppierte ihnen entgegen – viel zu schnell für den schmalen Waldweg und den müden Gaul, dem er unbarmherzig mit den Zügeln auf den Hals schlug, um ihn anzutreiben.
Hardwin und Konrad ritten eine Länge vor und stellten ihre Pferde Nase an Nase.
Der Reiter sah sie beinah zu spät, um noch anzuhalten. Schlitternd brachte er sein Pferd zum Stehen, keine Länge von ihnen entfernt. Schaum tropfte vom Maul des erschöpften Tieres.
»Wo finde ich den König?«, fragte der Reiter. Auch er keuchte ausgepumpt.
»Wer will das wissen?«, fragte Konrad von Minden und legte die Hand ans Heft seines Schwertes.
»Mein Name ist Frido von Reichenau, und ich bringe Nachricht von Herzog Hermann von Schwaben.«
»Das kann jeder behaupten«, konterte Hardwin. Die vergangenen Wochen hatten ihn und seine Kameraden misstrauisch gemacht. Und das zu Recht: Dieser hier wäre nicht der erste angebliche Bote, der unter falschem Namen versuchte, in die Nähe des Königs zu gelangen.
Aber Otto befahl: »Lasst ihn passieren. Sprich, Frido von Reichenau. Ich bin der König.«
Die Augen des Boten wurden groß und rund. Er rutschte aus dem Sattel, strich sich mit einer Hand übers Haar und zupfte mit der anderen an seinem schlammbesudelten Mantel in dem vergeblichen Versuch, seine Erscheinung auf die Schnelle präsentabel zu machen. Hardwin und Konrad öffneten ihm einen Durchlass. Frido trat vor Otto, sank auf die Knie und räusperte sich: »Gott schütze und bewahre Euch, edler König. Schwaben, der Herzog von Hermann … Vergebt mir, ich wollte natürlich sagen … Hermann, der Herzog von Schwaben, sendet Euch Segenswünsche und ehrerbietige Grüße …«
»Wir alle hier warten sehnsüchtig auf seine Nachricht, Frido«, unterbrach Otto. »Darum sei so gut und lass sie uns sofort hören. Wenn du Wert darauf legst, kannst du der Etikette mit allen üblichen Begrüßungsformeln Genüge tun, aber erst anschließend. Und steh auf, deine Kleider sind nass genug.«
Ein Grinsen huschte über das von Straßenstaub und Müdigkeit graue Gesicht des Boten und machte es unerwartet jung. Er kam auf die Füße. »Ein Sieg, mein König. Ein Sieg, wie er vollkommener kaum sein könnte. Eberhard von Franken ist gefallen, Giselbert von Lothringen ertrank auf der Flucht über den Rhein.«
Einige Reiter der Eskorte stießen Laute der Überraschung und des Jubels aus, aber alle folgten dem Beispiel des Königs und bekreuzigten sich.
»Und mein Bruder?«, fragte Otto – ruhiger, als ihm zumute war.
Der Bote schüttelte den Kopf. »Er ist entkommen. Nach Lothringen.«
»Erzähl uns, was geschehen ist.«
Während Frido ausführlich von der Schlacht bei Andernach berichtete, nahm Hardwin einen Weinschlauch, der wie meistens an seinem Sattelknauf baumelte, und saß ab. Er kramte einen Holzbecher aus seinem Proviantbeutel, schenkte ihn voll, und weil er gute Manieren hatte, reichte er den Becher zuerst dem König. Otto schüttelte den Kopf, denn er wollte mehr denn je in die Kirche, die Messe hören und das Sakrament nehmen, und das durfte man nur nüchtern. Hardwin brachte den Becher Frido, für den er eigentlich ohnehin gedacht gewesen war.
Der Bote trank durstig, setzte keuchend ab und fuhr dann fort: »Die Nachricht verbreitete sich schneller als Läuse in einem Feldlager, mein König. Erzbischof Friedrich erfuhr in Metz davon und kehrte fluchtartig nach Mainz zurück. Aber die Mainzer wollten ihn nicht haben. Sie ließen ihn nicht in die Stadt.«
»Ah, die Mainzer haben ihre Königstreue entdeckt«, spöttelte Konrad.
»Wahrscheinlicher, dass sie schlottern«, widersprach Hardwin. »Vermutlich wollen sie keinen Verräter innerhalb ihrer Mauern beherbergen, wenn wir Franken besetzen. Ähm … werden wir Franken besetzen?«, fragte er den König.
Otto nickte. »Oh ja.« Und wenn ich es habe, gebe ich es nicht wieder her …
Er schwang das rechte Bein über den Widerrist seines Pferdes, glitt aus dem Sattel und schloss den verdatterten Boten in die Arme. »Gott segne dich, Frido von Reichenau. Das sind wahrhaftig gute Neuigkeiten. Herzog Hermann, sein Bruder und sein Vetter?«
»Unverletzt, mein König. Wir hatten keine hohen
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