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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Panzerreiter führte.
    »Er versucht, zu Hermann von Schwaben zu gelangen«, mutmaßte Wiprecht. »Welch ein Kampfesmut!«
    Henning verspürte einen Stich. Er wollte derjenige sein, dessen Kampfesmut und Tapferkeit gelobt, vielleicht sogar besungen wurden. Mit einem Ruck riss er Hildger seine Zügel aus der Hand, um wenigstens vorzugeben, er wolle in die Schlacht zurückkehren, als eine Wurflanze den Herzog von Franken in die Kehle traf.
    Henning schrie auf, ehe er sich auf die Zunge beißen konnte.
    Eberhard rutschte das Schwert aus der Hand. Wie ein Wasserfall ergoss sein Blut sich über seinen Ringelpanzer, und er stürzte vom Pferd. Die feindlichen Panzerreiter hatten einen Ring um ihn gebildet und jubelten. Vielleicht ein halbes Dutzend stieg aus dem Sattel. Sie nahmen um Eberhard herum Aufstellung und hoben die Schwerter.
    Henning kniff die Augen zu.
    »Das war’s«, murmelte Hildger. »Jetzt ist alles verloren.«
    Henning wusste, sein Freund hatte recht. So sehr er sich wünschte, der Heldenprinz zu sein, der seine verbliebenen Männer gegen eine erdrückende Übermacht von Feinden zum Sieg führte, wusste er doch, dass ihm fehlte, was immer man dazu brauchte.
    Ein paar Herzschläge lang sah er noch zu, wie die letzten ihrer Soldaten eingekreist und niedergemacht wurden.
    Dann wendete er sein Pferd. »Kommt. Nichts wie weg über den Fluss. Ich wette, mein Schwager Giselbert ist schon fast zu Hause …«
    Sie waren kaum angeritten, als hinter ihnen der Ruf erscholl: »Da ist er! Dort drüben reitet Prinz Henning, der Verräter! Schnappt ihn euch!«
    Zum ersten Mal, seit dieses Gemetzel begonnen hatte, spürte Henning echte Furcht. Während des Kampfes war er zu beschäftigt gewesen, doch jetzt verkrampften sich seine Eingeweide, und seine Hände wurden feucht. Hildger und Wiprecht nahmen ihn in die Mitte und galoppierten an.
    Henning hörte den Hufschlag der Verfolger, aber er hatte das Ufer fast erreicht. Ein großes, überladenes Floß war im Begriff, abzulegen. Die Flößer hielten unsicher inne, als sie den Prinzen heranpreschen sahen.
    Henning sprang aus dem Sattel und rannte. »Legt ab!«, befahl er mit wedelnden Handbewegungen. »Beeilung, sie sind uns auf den Fersen!«
    Er hörte Wiprechts und Hildgers Schritte knapp hinter sich. Das Floß hatte abgestoßen und sich vielleicht zwei Klafter vom flachen Ufer entfernt. Henning watete ins Wasser, so schnell er konnte, hilfreiche Hände streckten sich ihm entgegen und zogen ihn an Bord. Während Wiprecht neben ihm auf das flache Gefährt kletterte – nass und keuchend –, kam eine Wurflanze herangeflogen. Henning duckte sich weg und drückte Wiprechts Kopf auf die Holzstämme hinab. Die Lanze traf ein Weinfass, das über Bord ging und schaukelnd mit der Strömung gen Norden schwamm.
    »Wo ist Hildger?«, fragte der Prinz, richtete sich auf Hände und Knie auf und schaute zum Ufer zurück, das sich rasch entfernte. Konrad Kurzbold stand breitbeinig im Uferschlick, das Schwert in der Rechten. Zwei seiner Männer hielten Hildger an den Armen gepackt und zwangen ihn auf die Knie.
    Konrad winkte mit dem Schwert. »Komm zurück, Henning Hasenfuß, du kleiner Scheißhaufen von einem Prinzen!«
    Henning würdigte ihn keiner Antwort.
    Konrad nehm mit der linken Hand Hildgers Rechte, hob das Schwert und hackte die Hand ab.
    Hildger schrie.
    »Komm zurück!«, rief Konrad wieder. Er musste jetzt schon aus vollem Leibe brüllen, denn das Floß war nicht mehr weit von der Flussmitte entfernt. »Sonst schneide ich ihn in mehr kleine Stücke, als du zählen kannst!«
    Nur mit Mühe behielt Henning die Kontrolle über seine Blase. Er wechselte einen Blick mit Wiprecht. Der schüttelte den Kopf und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augenwinkeln. Erst jetzt sah Henning, dass der rechte Ärmel seines Freundes blutdurchtränkt war.
    Sie richteten den Blick aufs lothringische Ufer. Als sie Hildger das nächste Mal schreien hörten, schauten sie nicht zurück.
    »Wie ich meinen Bruder hasse «, flüsterte Henning. Manchmal war ihm rätselhaft, wie man so bitteren, brodelnden, alles verschlingenden Hass empfinden und trotzdem weiterleben konnte. Weiter essen, weiter trinken, weiter schlafen, weiter huren – so als ob nichts wäre. Während man von innen aufgezehrt wurde.
    »Da scheint ein Boot gekentert zu sein, mein Prinz«, sagte einer der Flößer und wies mit dem Finger stromabwärts, wo sich in vielleicht hundert Schritt Entfernung von ihnen ein

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