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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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bereitete. Im Gegenteil, sie blühte. Ihr Haar schien kräftiger, die Haut rosiger, und ein zufriedenes, geheimnisvolles Lächeln trat in ihre Züge, wenn sie die Hände auf ihrem runden Bauch verschränkte. Im Herbst hatte sie einen dieser fürchterlichen Fieberanfälle gehabt, und Tugomir war außer sich vor Sorge um sie und ihr Kind gewesen, aber beide hatten es offenbar unbeschadet überstanden.
    »Und welchen der slawischen Krieger hast du ins Auge gefasst, um die Leere zwischen den Schenkeln zu füllen?«, fragte Alveradis Egvina neugierig.
    Die Prinzessin zog die Brauen in die Höhe. »Wie indiskret, Fürstin.« Sie blickte auf ihre Tochter hinab und zerzauste ihr abwesend das seidenfeine Haar. »Offen gestanden, habe ich mich noch nicht entschieden, wem ich mich gefahrlos nähern könnte, ohne dass er sich gleich Hoffnungen macht, ich werde ihn heiraten.«
    Dragomira schüttelte den Kopf und lachte in sich hinein, weil normalerweise natürlich nur Männer so etwas sagten. Sie beneidete Egvina um ihren Schneid und ihre Freimütigkeit, aber sie ahnte auch, dass die angelsächsische Prinzessin nicht so unverwundbar war, wie sie vorgab.
    Schritte näherten sich, und dann hörte sie Widukinds Stimme hinter ihrer linken Schulter: »Ich muss schon sagen, Dragomira …«
    Sie sah nicht auf. Sie wusste, sie durfte die Arbeit jetzt nicht unterbrechen, ehe das Krippenstroh fertig war. Die Ochsengalle dickte zu schnell ein. »Was?«, fragte sie.
    »Das wird … wundervoll.« Er drückte einen Kuss auf das wollene Tuch, das sie sich zum Schutz gegen die klamme Kälte um Kopf und Schultern gelegt hatte. »Noch viel schöner, als ich es mir vorgestellt habe.«
    Dragomira lächelte ihrem Werk zu. »Danke.«
    »Ich bin derjenige, der dir danken sollte.«
    »Wieso?«, gab sie zurück. »Es ist meine Kirche ebenso wie deine, ehrwürdiger Bischof.«
    »So streitlustig?«, murmelte er in ihr Ohr. »Habe ich etwas verbrochen?«
    »Nein, nicht dass ich wüsste«, musste sie einräumen. Die Krippe war fertig. Dragomira trat einen Schritt zurück, betrachtete ihr Werk mit zur Seite geneigtem Kopf und nickte dann. Es war ordentlich, fand sie.
    »Ist es hier nicht viel zu kalt?«, fragte Widukind besorgt.
    »Im Winter ist es überall im Havelland kalt«, belehrte sie ihn. »Egal ob drinnen oder draußen. Aber für diese Arbeit ist es gut. Die Farben lassen sich besser verarbeiten.«
    Widukind trat neben sie, legte beide Arme um sie – fast ein wenig abwesend – und betrachtete das schlafende Kind in der Krippe. »Einfach wundervoll«, sagte er noch einmal. »Du tust hier wirklich Gottes Werk, Dragomira.«
    Sein Lob machte sie unbändig stolz. »Rogwolod war schon wieder hier heute«, berichtete sie. Der fünfzehnjährige Sohn ihres Onkels Slawomir kam fast jeden Tag mit seinen Freunden, um einen Blick auf ihre Malereien zu werfen. Und er war nicht der Einzige.
    »Das ist großartig«, befand Widukind. »Ich habe geahnt, dass deine Bilder die Heiden eher zum wahren Glauben führen als hundert Predigten.«
    »Erwarte nicht zu viel«, warnte sie. »Sie kommen nicht, weil sie sich dem Wort des Herrn öffnen. Sie wollen nur die Geschichten zu den Bildern. Je blutrünstiger, desto besser.«
    »Nun, davon hat die Bibel ja reichlich zu bieten«, erwiderte Widukind. »Und das Wichtigste scheint mir, dass die Heveller sich überhaupt hierher wagen. Trotz der düsteren Prophezeiungen, die Tuglo bei jeder Gelegenheit ausstößt. Wir haben ja überhaupt keine Eile mit der Bekehrung deines Volkes, weißt du.«
    Sie nickte, dankbar für seine Geduld. »Das haben wir vor allem Tugomir zu verdanken. Er nimmt den Hevellern die Furcht vor diesem neuen Gott, weil er sie nicht zwingt, eine Wahl zu treffen.« So besuchte ihr Bruder aus Höflichkeit sogar die Zeremonien im Jarovit-Tempel – zumindest die unblutigen –, wo er einst selbst Priester gewesen war. Das rechneten die Heveller ihm hoch an. Nur das Triglav-Heiligutm draußen auf dem Harlungerberg hatte er noch nicht betreten, aber er hatte es schon früher gemieden.
    »Ja, er ist ein kluger Diplomat«, stimmte Widukind zu.
    »Wer hätte das gedacht«, antwortete sie. »Früher war er so … stur. Nur sein Weg war der richtige, und wer etwas anderes behauptete, musste mit harschen Worten und Hohn rechnen. Oder mit Schlimmerem.«
    Widukind hob leicht die Schultern. »Denkst du nicht, wir alle haben uns verändert über die Jahre?«
    »Das will ich doch hoffen.« Sie selbst, wusste Dragomira,

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