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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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war stärker geworden und hatte mehr Vertrauen zu sich selbst. Die Rückkehr ins Havelland hatte nicht dazu geführt, dass sie sich wieder unbedeutend und machtlos fühlte, wie sie befürchtet hatte. Dennoch war sie eine Fremde unter den Hevellern geworden.
    »Wo steckt denn mein Bruder eigentlich?«, erkundigte sie sich, löste sich aus Widukinds Armen und wusch die gelbe Farbe aus dem Pinsel.
    »Das weiß Gott allein. Er ist vor über drei Stunden mit Godemir und Slawomir in den Wald geritten, obwohl man vor Schneetreiben kaum die Hand vor Augen sehen kann.«
    Sie nickte. »Heute ist die Tagundnachtgleiche«, erinnerte sie ihn. »Vermutlich hilft er den Priestern bei den Vorbereitungen.«
    »Solange er nur nicht vergisst, dass er mir versprochen hat, mir einen Baumstamm fürs Weihnachtsfeuer zu besorgen«, brummte Widukind.
    »Ich werde vor lauter religiösen Pflichten überhaupt nicht mehr dazu kommen, mein armes Volk zu regieren«, bemerkte Tugomir.
    Alle wandten die Köpfe. Er trat über die Schwelle, zog den schweren Türflügel hinter sich zu, um Schneetreiben und Wind auszusperren, und klopfte mit den flachen Händen seinen Mantel ab. Schnee rieselte aus dem dicken Silberfuchspelz.
    Er trat ans Kohlebecken, beugte sich zu seiner Frau hinunter und küsste sie schamlos auf die Lippen.
    »Du bist kälter als ein Schneemann«, schalt sie.
    Tugomir zog einen gefalteten und versiegelten Pergamentbogen unter dem Mantel hervor und reichte ihn ihr. »Hier, das ist eben gekommen. Wärst du so gut?«
    »Ein Brief?«, verwunderte Dragomira sich. »Von wem?«
    »Hattest du nicht begonnen, das Lesen zu erlernen?«, fragte Widukind Tugomir streng. »Oder täusche ich mich?«
    Der Fürst nickte ohne erkennbare Reue. »Vielleicht werde ich als alter Mann einmal die Zeit dazu finden.«
    »Dann werden deine Augen zu schwach sein und …«
    »Von wem ist der Brief?«, unterbrach Egvina neugierig.
    »Der Bote kam aus Magdeburg«, antwortete Tugomir. »Ich kannte ihn nicht. Er ist gleich wieder aufgebrochen, denn er hatte noch weitere Nachrichten für … die Burg in Meißen.«
    Er sprach Geros Namen nie aus, wenn er es umgehen konnte, wusste Dragomira.
    »Es ist Edithas Siegel«, sagte Alveradis verblüfft und reichte Egvina den Brief. »Hier. Vermutlich ist er an dich gerichtet.«
    Egvina erbrach das Siegel mit genügend Schwung, dass es in unzählige kleine Wachsbröckchen zerfiel, und faltete den Bogen auseinander. » Editha, Königin des ostfränkischen Reiches, an ihre geliebte Schwester Egvina, Grüße «, las sie murmelnd vor und überflog den Rest schweigend, zweifellos um zu entscheiden, ob er für aller Ohren oder nur für sie bestimmt war.
    »Oh nein, das kann doch nicht wahr sein!«, rief sie aus, erschrocken, aber gleichermaßen belustigt. Auf diese koboldhafte Weise, die so typisch für sie war.
    »Du spannst uns auf die Folter, Prinzessin«, schalt Tugomir, bedeutete seiner Frau, von ihrem Schemel aufzustehen, nahm selbst darauf Platz und zog Alveradis auf seine Knie. Sie lehnte sich an ihn, und er wickelte sie mit in seinen Silberfuchsmantel. Dragomira beneidete ihre Schwägerin.
    »Also schön, hört zu«, forderte Egvina sie auf. »Sie schreibt: Viel Gutes, aber auch Betrübliches und Sonderbares habe ich zu berichten. Nach der Schlacht bei Andernach, von der ich euch im Herbst geschrieben habe, brach die Verschwörung der verbliebenen Verräter zusammen. Friedrich, der abtrünnige Erzbischof von Mainz, wurde von seiner eigenen Stadt an den König ausgeliefert, der ihn dem Abt von Fulda schickte, auf dass der ihn in Festungshaft nehme. «
    »Wie heimtückisch vom König«, warf Widukind grinsend ein. »Abt Hadamar und Erzbischof Friedrich sind seit jeher erbitterte Feinde. Das muss besonders schmachvoll für den armen Friedrich sein.«
    »Das wollen wir doch hoffen«, gab Egvina spitz zurück und las weiter: » Wir wissen jetzt, dass sein Verrat schon weiter in die Vergangenheit zurückreicht als bis zur Belagerung von Breisach, und deshalb fürchten wir, dass er dem Heiligen Vater in Rom nie geschrieben hat wegen der Bistumsgründung in Brandenburg. «
    »Fabelhaft …«, grollte Widukind.
    » Eberhard von Franken wollte, dass der Osten ein Unruheherd bleibt und den König nach und nach ausblutet, darum war dieses Bistum nicht in seinem Sinne. Wir müssen mit diesem Plan also noch einmal ganz von vorne beginnen.
    Prinz Henning, glauben wir, ist ins Westfrankenreich geflohen. Der König hat natürlich nach

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