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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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geworden waren, trotz allem. Aber er wollte verdammt sein, wenn er die undankbare Rolle übernahm, Thankmar vor sich selbst zu schützen …
    Atemlos kamen die beiden Jungen angerannt und hielten vor ihnen an, Liudolf mit dem Ball unter dem Arm. »Da kommen Reiter!«, rief er aufgeregt.
    Tugomir hatte es auch gehört. Mindestens drei Pferde hatten vor der Halle Halt gemacht. Nur Augenblicke später wurde die zweiflügelige Tür aufgestoßen, und ein triefender Graf Siegfried trat über die Schwelle, gefolgt von seinem ebenso feuchten Bruder Gero.
    Tugomir war es, als habe sein Blut sich schlagartig in Eis verwandelt. So fühlte er sich immer, wenn er Gero unverhofft begegnete.
    Siegfried trat zu Thankmar. »Vetter.«
    Der stand auf, und zur Begrüßung umfassten sie einen Moment die Unterarme des anderen. »Siegfried. Gero.« Thankmar winkte einen Diener herbei und bedeutete ihm, Becher für die Ankömmlinge und einen neuen Krug Wein zu bringen. »Was führt euch bei so abscheulichem Wetter nach Magdeburg? Kein neuer Ungarneinfall, will ich hoffen?«
    Siegfried winkte ab. »Nichts dergleichen. Aber wir bringen Neuigkeiten. Wo ist Otto?«
    »Was weiß ich. Auf einer seiner Baustellen, nehme ich an.«
    Nach Ottos und Edithas Hochzeit vor sechs Jahren hatte König Heinrich ihnen Magdeburg geschenkt. Genauer gesagt, hatte er es seiner Schwiegertochter geschenkt – als Morgengabe. Das hieß, die Stadt gehörte Editha mit Mann und Maus und sollte ihr als Witwenteil dienen, falls sie ihren Gemahl überlebte. Bis dahin war Otto aber derjenige, der die Verfügungsgewalt über Magdeburg besaß, und er hatte sich in den Kopf gesetzt, es auszubauen und zu verschönern. Editha unterstützte seine ehrgeizigen Pläne mit großem Eifer. Das ganze Kaufmannsviertel sollte vom Fluss weg auf ein höher gelegenes, hochwassersicheres Areal verlegt werden, und sie sprachen davon, Kirchen zu bauen und ein Kloster zu gründen, wenn sie irgendwann die Mittel dafür hätten.
    Gero nickte Tugomir frostig zu. »Geh ihn holen.«
    »Geh selbst«, erwiderte Tugomir rüde. Betont gemächlich erhob er sich von der Bank und wandte sich ab. »Wilhelm, Liudolf, kommt.« Er hatte keine Ahnung, wohin er sie bringen sollte, denn es war noch zu früh, um sie bei der Amme abzuliefern. Doch Tugomir hielt es nie lange im selben Raum mit Gero aus, selbst wenn der fragliche Raum so groß war wie die Halle der Pfalz zu Magdeburg.
    »Nein, bleib, Prinz Tugomir«, bat Siegfried – unerwartet höflich. Seit dem Tod ihres Vaters vor drei Jahren war er das Oberhaupt der Familie, hatte nicht nur den Titel und die Ländereien des alten Thietmar geerbt, sondern auch dessen hohes Ansehen, und die Verantwortung hatte ihn langmütiger gemacht. »Unsere Neuigkeiten gehen auch dich an.«
    Tugomirs Herz sank. Hatte sich wieder einmal eines der unbeugsamen slawischen Völker erhoben, um das sächsische Joch abzuschütteln?
    Thankmar pfiff zu den Männern beim Würfelspiel hinüber: »Walo! Macht euch auf die Suche nach Prinz Otto und bringt ihn her!«
    Sie zogen lange Gesichter, weil es draußen schüttete und sie ihren Dienst für heute eigentlich getan hatten, aber sie wussten es besser, als zu protestieren. Zwei standen von der Bank auf und gingen hinaus.
    »Also?«, fragte Thankmar seine beiden Cousins.
    »Es geht um Wenzel von Böhmen«, begann Siegfried gedämpft. »Er ist tot. Ermordet von seinem eigenen Bruder Boleslaw, nach allem, was man hört. Boleslaw lud ihn zu einem Festmahl und erschlug ihn am nächsten Morgen, als Wenzels Männer noch schliefen und der Fürst allein auf dem Weg zur Kirche war.«
    »Wen wundert’s?«, brummte Gero. »Diese slawischen Barbaren sind eben zu allem fähig …«
    Thankmar schnalzte mit der Zunge. »Gero, muss das sein?«
    »Ich werde wohl noch sagen dürfen, wie es ist«, entgegnete Gero und strich sich aufgebracht das triefende, kinnlange Blondhaar hinters Ohr. »Und ich finde es einfach widerlich, wie du dich mit diesem Heiden verbrüderst, das wollte ich dir schon lange mal sagen, und …«
    »Dem Leibarzt meines Bruders und Erzieher seines Sohnes, meinst du, ja?«, fiel Thankmar ihm schneidend ins Wort.
    Tugomir hob abwehrend die Hand. »Schon gut, Thankmar.«
    Er war bestürzt über die Ermordung seines Vetters. Er konnte nicht so recht sagen, warum eigentlich, denn er hatte Wenzel nach dem Hoftag in Quedlinburg nie wiedergesehen, und bei dieser einen Begegnung damals hatte er ihn verabscheut wegen seines christlichen

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