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Das Haus am Abgrund

Das Haus am Abgrund

Titel: Das Haus am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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legte wie ein kleines Kind die Hände vor die Augen, um seinen Blick abzuwehren, und wiederholte: »Ich hab den Gin nicht getrunken. Du weißt, dass ich keinen Alkohol mag.«
    »Und wohin ist der Schnaps dann verschwunden?«, fragte er scharf. »Willst du das Ms Dickins in die Schuhe schieben?«
    Ich ließ die Hände sinken und sah ihn beschwörend an. »Bitte, Jonty«, flehte ich, »glaub mir doch! Ich hab die Flaschen für Milton Skegg gebraucht.«
    Er sah mich an, als hätte ich Suaheli gesprochen. Sein Gesicht verlor für einen oder zwei Atemzüge jeden Ausdruck. »Milton Skegg?«, wiederholte er wie eine Bauchrednerpuppe. »Wer zum Teufel ist Milton Skegg?«
    Ich beeilte mich, es ihm zu erklären. Er hörte voller Skepsis zu, schüttelte immer wieder den Kopf. Als ich fertig war, legte er das Gesicht in die Hände und stöhnte dumpf. Dann begann er zu lachen.
    Ich merkte, wie die Spannung aus mir wich, und sank mit einem Schnaufen zurück. »Meine Güte«, sagte ich zittrig. »Ihr habt mich so erschreckt, Toby und du.« Ich rieb mir übers Gesicht. »Warum hat er dich so angebrüllt? Ich verstehe das nicht.«
    Er seufzte und legte die Hand vor die Lippen. Ich sah, dass es ihm schwerfiel, mir zu antworten. Dann zuckte er die Schultern. »Als dein Vater und ich uns kennenlernten, habe ich ...« Er suchte nach Worten. »Ich war nicht trocken«, sagte er dann.
    I ch verstand nicht gleich, was er sagen wollte. Dann musste ich lachen. »Aber du trinkst doch Bier«, sagte ich.
    Er verzog das Gesicht. »Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du das Toby weiterhin nicht auf die Nase binden würdest«, sagte er. »Ich trinke gelegentlich ein Bier oder zwei. Ja. Aber das ist nicht das Problem. Das war es nie.«
    Ich nickte. »Gin oder Whisky«, sagte ich.
    Er lächelte schwach. »Cognac und Wodka. Ich habe ordentlich was weggesoffen, als ich jünger war.«
    »Au Mann«, sagte ich. »Ich hab dich ganz schön in die Bredouille gebracht. Warum hast du Toby nicht gesagt, dass du nicht ...«
    Er schüttelte heftig den Kopf. »Damit er das Gleiche gedacht hätte wie ich? Dass du derjenige warst, der den Gin getrunken hat?«
    Ich stöhnte unwillkürlich. Das hätte Toby verrückt gemacht. Noch verrückter.
    Ich sprang auf die Füße. »Wir müssen es ihm sagen.« Ich ertrug den Gedanken nicht, dass mein Vater Jonathan in falschem Verdacht hatte. Er würde mir eine Standpauke halten, weil ich die Flaschen genommen hatte, ohne zu fragen, und – noch schlimmer – versucht hatte, es zu vertuschen. Aber das hatte ich mir selbst eingebrockt. Ich konnte das selbstzufriedene Gesicht des Roshis förmlich vor mir sehen. Siehst du , würde er sagen, siehst du, wohin das geführt hat, Êdorian?
    »Adrian, das ist jetzt vielleicht keine gute Idee«, rief Jonathan hinter mir her, aber ich lief schon die Treppe hinunter. Ich klopfte kurz und laut an die Tür zum Arbeitszimmer und riss sie auf, ohne abzuwarten.
    » Warte.« Jonathan schnaufte von hinten heran. »Warte doch auf mich.«
    Toby saß auf der Couch am Fenster und sah hinaus. Seine Haltung war so hoffnungslos und müde, dass ich am liebsten zu ihm gestürzt wäre, um ihn zu umarmen. Natürlich tat ich es nicht. Toby war nicht der Typ für Gefühlsausbrüche. Ich räusperte mich also nur und sagte: »Toby, ich muss dir was erklären.«
    Er sah mich nicht an, nickte nur.
    »Ich habe das Zeug geklaut, um Mr Skegg damit zu bezahlen, damit er mir Informationen über Heathcote Manor gibt. Jonty hat nichts damit zu tun.« Das war jetzt nicht die ausgefeilte Erklärung, die ich mit ein wenig mehr Nachdenken vorgebracht hätte, aber für den Moment musste es reichen, dachte ich. Erst einmal mussten die beiden sich versöhnen, dann würde ich mich entschuldigen, mir Tobys Standpauke anhören und dann war alles wieder gut. Ich wartete. Das Schweigen war schrecklich. Toby wandte immer noch das Gesicht ab, schenkte mir keinen Blick.
    »Das ist sehr lieb und aufopfernd von dir«, erwiderte er nach einer Weile. »Ich weiß, wie sehr du an Jonathan hängst, Adrian. Es tut mir sehr leid, dass du dieses entwürdigende Schauspiel mitansehen musstest. Ich muss mich bei dir entschuldigen.«
    Ich schnappte nach Luft. »Toby, ich lüge dich nicht an«, rief ich. »Das ist die pure Wahrheit. Milton Skegg hätte mir niemals seine Zeitungsausschnitte und das andere Zeug gegeben, wenn ich ihn nicht dafür bezahlt hätte!«
    Mein Vater nickte. »Lass es gut sein«, sagte er. »Ich werde mir alle Mühe geben, dass

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