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Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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jedem Fall hingerissen zugeschaut.
    Er hatte mit den Schultern gezuckt.
    »Charlie, du musst doch eine Meinung haben.
    »Ja, schon.«
    »Charlie, das ist wichtig. Wie siehst du sie?«
    »Sie ist meine kleine Schwester. Wir leben unter einem Dach. Klar mag ich sie. Na, ich kann sie ja schlecht umtauschen. Denk dran, Ella, deine Freunde kannst du dir aussuchen, deine Familie nicht.«
    »Komm mir nicht mit solchen Klischees.«
    »Dann lob nicht den Tag, bevor der Brei verdorben ist.«
    Ich schlug mit dem Handtuch nach ihm.
    »Ach komm, Ella. Nur weil du eifersüchtig auf Jess bist, muss ich es doch nicht sein.«
    »Ich bin nicht eifersüchtig.«
    »Nicht?«
    »Nein.« Ich schlug erneut nach ihm. »Bin ich nicht. Außerdem war ich zuerst da. Wenn, sollte sie auf mich eifersüchtig sein.«
    Mehr als ein Jahrzehnt später stellte mir ein anderer Mann dieselbe Frage.
    »Du bist eifersüchtig auf Jess, oder?«
    Aidans Frage bei, so wie ich es später sah, unserem ersten Date hatte mich sprachlos gemacht. Wir hatten in unserem Pub, dem Swan auf der Bayswater Road, etwas getrunken. Es war mitten im Sommer gewesen. Ich hatte zuvor in der Küche aufgeräumt und mit Lucas und einem der Studenten geplaudert. Aidan war in die Küche gekommen, hatte seine Tasche abgestellt und gesagt: »Ein Königreich für ein Bier. Hat jemand Lust?« Außer mir hatte sich niemand gemeldet.
    Ich hatte natürlich früher schon mit ihm geredet. Wir waren uns begegnet, als ich in Bath gearbeitet hatte, die Wochenenden aber bei Lucas verbrachte. Ich wusste, dass er Aidan hieß und ungefähr mein Alter hatte. Ich mochte seine Stimme – er hatte einen sehr starken irischen Akzent, obwohl er, wie Lucas sagte, schon seit fünf Jahren in London lebte –, ich mochte sein Haar – er hätte Lucas’ Sohn sein können, sie hatten beide viele dunkle Locken –, und ich mochte seinen Kleidungsstil – sehr lässig, auch das wie Lucas. In seinem ausgebeulten blauen Pullover, den dunklen Jeans und seinen Lieblingsturnschuhen wirkte Aidan mehr wie der Typ Bandroadie oder Barmann und nicht wie ein Sprachtalent und erfolgreicher Nachhilfelehrer.
    Er war eines Abends in die Küche gekommen, als ich am Herd gestanden hatte. Ich hatte mich zum ersten Mal an einer italienischen Pastasoße versucht. Ich hatte Pancetta angebraten, Tomaten, Rotwein, Knoblauch und Chili hinzugegeben und gehofft, dass es so aromatisch würde, wie das Rezept versprach. Aidan hatte genüsslich geschnuppert und über meine Schulter hinweg in das Kochbuch gespäht. Da erst war mir aufgefallen, dass er mich ein wenig überragte. Und er sehr gut roch. Nach Shampoo und Seife, nicht nach Aftershave, und trotzdem würzig und, ja, sexy, und das umso mehr, da es in der Küche bereits nach Tomaten, Rotwein und Knoblauch duftete.
    »Das riecht toll«, sagte er. »Bucatini all’Amatriciana? Grande! Il mio preferito.« Er klang wie ein Italiener.
    »Bin ich gerade gelobt oder gescholten worden?«, fragte ich.
    Er lächelte. Da bemerkte ich die Lücke zwischen seinen oberen Schneidezähnen. Aus dieser Nähe fiel mir auch auf, dass seine Augen leicht verschieden waren. Wenn wir, Monate später, gemeinsam im Bett lagen, ich mit dem Kopf auf seiner Brust, musste er mir zuliebe immer erst das eine, dann das andere Auge schließen, damit ich entscheiden konnte, welche Farbe sie genau hatten. »Sie sind beide ganz gewöhnlich blau«, sagte er stets und schloss die Augen. »Sind sie nicht«, erwiderte ich dann, hob ein Lid an und schaute ihm in die Augen. Darüber musste er immer lachen. Seine Augen waren keinesfalls gewöhnlich blau. Eins war bläulich grün, das andere grünlich blau.
    »Hier, probier mal«, sagte ich und hielt ihm einen Löffel hin. Ich wartete gespannt auf sein Urteil. Ich hatte meinen Kochdienst bei Lucas damals noch sehr ernst genommen.
    »Gut«, sagte er und legte den Löffel in die Spüle.
    » Gut? Heißt das, die Soße ist so fade wie das Wort?«
    »Nein, Ella. Sie ist gut. Sehr gut sogar. Aber ich bin nun mal verwöhnt. Ich bin mit dieser Soße aufgewachsen. Sie ist nämlich die Spezialität meiner Mutter. Und die Menschen kommen von weit her, um ihre Soße zu kosten. Das Rezept enthält eine Reihe geheimer Ingredienzien. Angeblich will meine Mutter ihr Wissen mit ins Grab nehmen. Und ich glaube, das meint sie ernst.«
    »Deine Mutter ist Italienerin?«
    Er nickte. »Mein Vater war mit Anfang zwanzig als Gaststudent in Rom. Er hat bei einer bekannten Gastronomen-Familie gewohnt

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