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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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Wellen rollen heran, doch heute ist das Geräusch der Brandung beruhigend. In der Ferne herrscht Chaos, aber sie ist sicher und geborgen. Zum ersten Mal seit dem Schiffbruch begreift sie, dass sie wieder festen Boden unter den Füßen hat.
    »Ich muss baden, Matthew«, sagt sie.
    Er nickt. »Natürlich.« Er zeigt ihr, wo das Bad ist, und holt ihr ein blassgelbes Kleid und braune Schuhe. Sie sieht sofort, dass die Schuhe zu klein sind. Als sie sauber und angezogen ist, kann sie ihn nirgendwo finden. Vorsichtig schaut sie sich im Cottage um. Es gibt den Wohnraum, das winzige Schlafzimmer und ein weiteres Zimmer voller Drähte, Metallgegenstände, Spulen und anderer Geräte, die sie nicht kennt.
    »Der Leuchtturm ist gleichzeitig die Telegrafenstation«, sagt er, worauf sie zusammenzuckt.
    »Ich wusste nicht, dass Sie hier sind.«
    »Ich war oben und habe das Leuchtfeuer gelöscht. Meine Schicht ist beendet.«
    »Bedienen Sie den Telegrafen? Oder arbeitet noch jemand hier?«
    »Nein, nur ich. Lighthouse Bay besitzt kein eigenes Postamt. Ich empfange und sende Telegramme für die ganze Stadt.«
    »Lighthouse Bay? So heißt das hier?«
    »Ja.«
    »Bin ich in der Nähe von Sydney?«
    Er schüttelt den Kopf. »Nein, aber ein Stück weiter südlich gibt es einen Hafen, von dem aus Sie dorthin gelangen können. Wenn Sie nach New York wollen, müssen Sie zuerst nach Sydney«, erklärt er.
    »Ich brauche Geld, um nach Amerika zu fahren«, antwortet sie und denkt an ihren Schmuck, der auf dem Meeresgrund liegt. »Ich habe nichts Wertvolles, das ich verkaufen könnte.« Wenn sie versuchen würde, den Amtsstab zu veräußern, würde sie die Winterbournes sofort auf ihre Spur locken.
    »Mrs. Fullbright wollte kürzlich ein Kindermädchen für ihren kleinen Sohn Xavier einstellen. Vor einer Woche hat die junge Frau abgesagt, ich habe ihr das Telegramm persönlich überbracht. Wenn Sie ehrliche Arbeit suchen, werden Sie sie finden.«
    Schon wieder Mrs. Fullbright. Matthew scheint fest entschlossen, dass sie in die Stadt gehen soll, und nun, da der Nachtschlaf ihre Sinne geschärft hat, erkennt sie, dass er recht hat. Sie kann nicht im Leuchtturm darauf warten, dass sich die Dinge von selbst ändern. Sie muss den ersten Schritt machen, selbst wenn sie für eine Frau arbeitet, die vermutlich weniger reich ist als sie selbst. Der Gegenstand in der Kiste ist von so ungeheurem Wert, dass sie Mrs. Fullbright an Reichtum vermutlich weit übertrifft. Gold. Edelsteine. Sie denkt an Daniels Armband mit dem bescheidenen schwarzen Bändchen, das tief unten in der Kiste vergraben liegt. Dann erkennt sie, dass alles Schlimme geschehen ist, nachdem sie es abgenommen hat.
    Nach dem Streit mit Arthur wurde sie unter Deck gefangen gehalten und konnte nicht mehr ihr Gebet ans Meer richten.
    Es folgte der unbarmherzige Sturm.
    Der Schiffbruch. Der Kampf ums Überleben. Die Verletzungen.
    Das Pech würde erst aufhören, wenn sie ihr Armband wieder am Handgelenk trug. »Sie müssen mir helfen, die Kiste zu öffnen«, sagt sie mit zitternder Stimme.
    »Haben Sie keinen Schlüssel?«
    »Nein.« Er ist schon auf dem Weg zum Hauptraum, in dem die Kiste neben der Tür steht.
    Er runzelt die Stirn, als er sich neben sie kniet. »Ist das …?«
    »Gestohlen? Nein. Nicht … direkt gestohlen.« Angst beschleicht sie. Nun wird Matthews Freundlichkeit verfliegen, verschwinden wie die letzten Sandkörner in einem Stundenglas.
    Ein Moment der Ungewissheit. Dann nickt er. »Ich sagte, ich würde keine weiteren Fragen stellen, und ich halte mein Wort.«
    »Danke.«
    »Na, kommen Sie. Ich habe oben auf der Plattform eine kleine Axt.«
    Er hebt die Kiste hoch und geht die Treppe hinauf. Auf der ersten Stufe zögert Isabella und schaut nach oben in das Schneckenhaus der Wendeltreppe. Doch Matthew steigt schon hinauf, und sie folgt ihm, vorbei an lang herabhängenden Ketten, durch eine Luke und in den obersten Raum des Leuchtturms. Eine gewaltige Lampe, umgeben von prismatischen Linsen, konzentrischen Kreisen aus Messing und Glas, nimmt den meisten Raum ein. Es riecht ölig, aber nicht unangenehm.
    Matthew öffnet eine kleine Tür und lässt frische Morgenluft herein. Sie tritt auf eine runde Plattform hoch über der Welt, von der man meilenweit zum dunklen, fernen Horizont sehen kann. Motten, Käfer und eine tote Möwe liegen herum. Matthew stößt sie mit der Fußspitze über den Rand und lässt die Kiste polternd auf den Metallboden fallen.
    Er öffnet einen

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