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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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Werkzeugkasten und holt eine kleine Axt heraus.
    »Ich werde versuchen, die Kiste nicht zu sehr zu beschädigen.«
    »Das ist mir egal. Ich will sie und fast alles, was darin ist, so schnell wie möglich loswerden. Sie ist nichts als eine Last, die ich nie wiedersehen möchte.« Ihr Herz schlägt schneller, und ihr Kopf ist ganz leicht.
    Matthew hebt die Axt, zielt und schlägt damit auf das erste Schloss. Holz splittert, das Schloss fällt zu Boden. Dann noch ein Schlag und noch einer. Insgesamt fünf, einer für jedes verfluchte Schloss. Dann steht er auf, tritt zurück und wendet sich demonstrativ ab. »Ich sehe mir besser nicht an, was darin ist.«
    Isabella kann vor Dankbarkeit kaum atmen. Sie klappt rasch den Deckel auf. Helles Sonnenlicht schimmert auf Gold und Edelsteinen. Sie schiebt die Hände darunter, hebt den Samt hoch und findet das Band.
    Sie zieht es heraus und lässt den Deckel wieder zufallen. Mit dem Daumen streicht sie über die Korallenperlen des Armbands, und eine seltsame Ruhe legt sich über sie und löst die Knoten in ihrem Gehirn. Alles ist ganz einfach: Sie wird so lange für Mrs. Fullbright arbeiten, bis sie genügend Geld für die Überfahrt nach Amerika verdient hat. Mit Daniels Armband kann sie alles ertragen.
    »Sie können sich jetzt umdrehen.«
    Er gehorcht. Sie streckt die Hand aus. »Könnten Sie mir das umbinden?«
    »Natürlich.« Behutsam und geschickt bindet er ihr das Band ums Handgelenk.
    »Es ist die letzte Erinnerung an Daniel«, sagt sie sanft, und ihre Stimme wird fast von Wind und Sonnenschein davongetragen. Sie blickt auf die Kiste. »Die sollte ich irgendwo verstecken, wo sie nie gefunden wird.« Ihr Blick wandert zum Meer. Dorthin gehört sie, auf den Grund des Ozeans.
    Matthew folgt ihrem Blick. »Ich kann ein Stück hinausrudern und sie ins Wasser werfen.«
    »Ist es tief?«
    »Ich rudere so weit wie möglich hinaus, während der Ozean noch halbwegs still ist.«
    Sie nickt. »Tun Sie es.«
    Sie tragen die Kiste wieder hinein, wickeln sie in Isabellas zerrissenes, blutbeflecktes Kleid, und dann nimmt Matthew sie mit, um sie aufs Meer hinauszubringen. Isabella läuft die Treppe hinauf und auf die Plattform, um zu sehen, wie ihre letzte Verbindung zu den Winterbournes für immer durchtrennt wird.

    Matthew sagt sich wieder und wieder, dass er nicht hineinschauen wird. Er wird es nicht tun. Er muss nicht erfahren, was in der Kiste ist. Und doch … sie hat ihn gebeten, sie ins Meer zu werfen. Sie ist müde, verwirrt, bedrückt von einem Kummer, der offensichtlich ihren Verstand getrübt hat. Wenn sie es nun bereut? Wenn sie irgendwann bedauert, dass sie den Inhalt der Kiste im Meer versenkt hat? Er erinnert sich, dass Clara ihn einmal beauftragt hat, einen Brief ihrer Mutter zu verbrennen, bevor sie ihn gelesen hatte. Er gehorchte und musste sich später tränenreiche Vorwürfe anhören.
    Also muss er hineinschauen. Er muss Vernunft wahren, wenn sie es nicht kann. Wenn er hineinschaut und eine Sammlung alter Bücher oder Kleider oder Flaschen oder Uhren oder … anderer wertloser, beliebiger Dinge findet, wird er sie entsorgen. Doch wenn es etwas Bedeutsames ist, von dem sie sich später vielleicht wünschen wird, sie hätte es behalten, wird er es heimlich für sie aufbewahren.
    Die Tür zum Leuchtturm schließt sich hinter ihm. Er geht um die Ecke des Häuschens zu dem Blechverschlag, der sein Feuerholz trocken hält. Im Schatten des Verschlages wickelt er die Kiste aus und klappt sie auf, bevor er es sich anders überlegen kann.
    »Oh, nein. Nein, nein, nein«, murmelt er. Denn in der Kiste liegt etwas so Wunderschönes und Wertvolles, dass er es zunächst gar nicht begreifen kann. Der schimmernde Stab, der verzierte Kopf, das geprägte Gold. Edelsteine in Rot, Grün, Blau. Er weiß nicht, um was für einen Gegenstand es sich handelt, aber er ist nicht wertlos oder beliebig. Und er weiß, dass sie ihn nicht wegwerfen darf. Sie wird es bereuen. Ganz sicher.
    Er nimmt ein passendes Holzscheit vom Stapel und wickelt das Kleid darum. Dann schließt er die Kiste und versteckt sie sorgsam im Holzstapel. Er nimmt den schmalen Weg, der an der geschützten Seite der Felswand entlangführt, und steigt die moosbewachsenen Stufen zum Ruderboot hinunter. Er schaut hoch. Isabella beobachtet ihn von der Plattform aus. Er winkt ihr zu, und sie winkt zurück, das schwarze Band ums Handgelenk. Nach einem kurzen Anflug von schlechtem Gewissen rudert er gegen die Wellen. Die Aufgabe

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