Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)
schmeichelte. Sie genoss seinen anerkennenden Blick.
»Sollen wir? Ich verhungere.«
Libby folgte ihm zum Wagen und setzte sich auf den cremefarbenen Ledersitz. Dann fuhren sie die Strandpromenade entlang nach Süden, vorbei an Juliets Teestube. Libby duckte sich kurz in ihrem Sitz, was Tristan jedoch nicht zu bemerken schien. Dann bogen sie auf die Hauptstraße.
»Sie waren also in London?«
»Nein, in Paris. Die Adresse in London war die eines Freundes. Er hat Ihre Briefe nicht weitergeleitet.«
»Am Ende schon.«
»Er ist gestorben.«
»Das tut mir sehr leid«, sagte Tristan und senkte ernst die Stimme. »Wie lange sind Sie schon in Australien?«
»Seit ein paar Wochen. Ich stamme ursprünglich von hier. Meiner Schwester gehört das B & B.«
»Juliet? Natürlich. Das hätte mir klar sein müssen. Sie haben ja den gleichen Nachnamen.«
»Ach, Sie kennen Juliet?«
»Ich kenne viele Leute in der Stadt, leider aus den falschen Gründen. Ich bin derjenige, der die Eingaben der Gemeinde durchlesen muss, wenn wir Baugenehmigungen beantragt haben. Daher weiß ich, wie sehr mich manche hassen.« Er verzog das Gesicht und lachte dann. »Es macht keinen großen Spaß, der Buhmann zu sein.«
»Warum geben Sie nicht auf? Wenn die Stadt wirklich kein Hochhaus will?«
»Das Hochhaus ist längst vom Tisch«, sagte er mit einer weit ausholenden Geste. »Die Bevölkerung hat sich dagegen ausgesprochen. Die Gemeinde will es nicht, und unsere Firma arbeitet nach ethischen Grundsätzen. Letztes Jahr haben wir sogar einen Preis für Ethik im Baugewerbe gewonnen. Darauf sind wir stolz.«
»Dann wollen Sie das Cottage also nicht mehr kaufen?«
»Und ob. Aber lassen Sie uns beim Essen darüber reden. Ich will nicht als aufdringlicher Verkäufer erscheinen und würde gerne mehr über Sie und Paris und die Gründe für Ihre Rückkehr erfahren.«
Libby lieferte ihm eine Kurzfassung, bei der sie fast alle wichtigen Punkte ausließ – die zwölf Jahre dauernde Affäre, die lange Fehde mit ihrer Schwester –, aber voller Stolz erwähnte, dass sie jetzt freiberuflich für Winterbourne arbeitete, wenn sie nicht gerade malte.
»Ich habe kreative Menschen immer bewundert«, sagte er. »Ich habe nichts Kreatives mehr gemacht, seit ich in der Schule schlechte Gedichte geschrieben habe. Ich habe Geotechnik studiert.«
»Und das ist nicht poetisch?«
Er presste nachdenklich die Lippen aufeinander. »In gewisser Hinsicht schon. Es geht um die Geologie von Baufundamenten, dass man die Harmonie mit der Erde herstellt. Aber ich habe es nie als poetisch betrachtet. Und heutzutage arbeite ich meistens im Büro und beschäftige mich mit Geld, darin steckt nicht viel Poesie.«
Er sprach noch ein wenig über sich selbst – es stellte sich heraus, dass seine und ihre Highschool in den späten achtziger Jahren bis aufs Blut um Fußballpokale gekämpft hatten. Dann parkten sie in Noosa vor dem italienischen Restaurant, dessen Einrichtung aus viel Chrom bestand und das geschmackvoll beleuchtet war.
»Mr. Catherwood«, rief der Oberkellner. »Der übliche Tisch? Für Sie und Ihren reizenden Gast?«
»Bitte, Mario. Und eine Flasche von meinem Lieblingswein.«
Nachdem sie bestellt hatten, schenkte Tristan ihr ein Glas Wein ein. Er erinnerte sie in vielem an Mark, besaß das gleiche angeborene Selbstbewusstsein. Das Personal schien ihn zu mögen, und auch sie fand ihn sympathisch. Er wirkte nicht wie der typische erfolgsorientierte Verkäufer, sondern fröhlich und gelassen. Der Wein und der sanfte Jazz im Hintergrund halfen ihr, sich zu entspannen. Sie fühlte sich angenehm leicht und merkte bald, dass sie den Augenblick genoss.
Während des Essens kam er endlich zum Geschäftlichen. Er arbeitete seit zehn Jahren für Ashley-Harris Holdings und hatte sich zum stellvertretenden Abteilungsleiter für die Entwicklung hochgearbeitet. Er träumte von einer exklusiven Öko-Ferienanlage in Lighthouse Bay, genau an der Landzunge, wo das Cottage stand. Falls sie es kaufen konnten, würden sie auch Geld in Kauf und Restaurierung des Leuchtturms investieren, der der Ferienanlage das entscheidende Etwas verleihen und, wie er es ausdrückte, der Gemeinde »etwas zurückgeben« würde. Er holte aus seiner Brieftasche Fotos einer ähnlichen Anlage, die er in Tasmanien gebaut hatte, und Libby musste gestehen, dass sie wirklich eindrucksvoll aussah.
»Dieses Resort bedient eine ganz bestimmte Klientel. Wir verlangen neunhundert Dollar pro Nacht und haben
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