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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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erinnert sich aber daran, dass sie eine Dienstbotin ist und keine Fragen stellen darf. »Ja, Ma‘am«, sagt sie stattdessen.
    »Und du gehst auch nicht mit Xavier dorthin.« Sie öffnet eine weitere Tür. »Die Waschküche. Im Augenblick erledigt die Köchin die Wäsche, bis wir ein neues Mädchen finden. Ich möchte, dass du dich um die oberen Zimmer kümmerst. Jeden Morgen Betten machen, am Samstag die Teppiche ausklopfen, Staub wischen und polieren. Die Köchin wird dir zeigen, wo alles ist. Du kannst heute anfangen, solange Xavier noch weg ist.«
    »Ja, Ma‘am«, sagt Isabella noch einmal und schaut zurück in den verbotenen Flur zu der verbotenen Tür.
    »Hier geht es in den Garten, aber du kannst auch die Treppe von der Küche aus nehmen.« Katarina öffnet eine Tür, die den Blick auf den sonnendurchfluteten Garten freigibt.
    Isabella kann das Gras riechen, die Blumen. Es ist so lange her. Ohne zu überlegen, macht sie einen Schritt nach vorn, streift die Schuhe ab und vergräbt ihre Zehen im Gras. Der Herzschlag der Welt donnert durch ihre Fußsohlen.
    »Bitte zieh die Schuhe an, Mary«, sagt Katarina stirnrunzelnd und geht wieder die Treppe hinauf.
    Isabella schreckt aus ihren Träumen hoch. Schuhe. Sie zieht sie an und eilt hinter Katarina die Treppe hinauf.

    Matthew ist auf der Wendeltreppe, als er hört, wie der Telegraf klappernd zum Leben erwacht. Es ist kurz vor acht, und er hat gemächlich die toten Käfer von der Plattform gefegt und sich gefragt, wie es Isabella heute gehen mag. Hat sich nach ihr gesehnt wie ein Junge. Er ist dankbar, dass ihn der Morsecode ablenkt. Er holt den Vordruck für ein Telegramm heraus und beginnt, das Signal zu entschlüsseln. Da er Telegramme übertragen muss, die nicht für ihn bestimmt sind, hat er sich daran gewöhnt, nur zu schreiben, was er hört, ohne auf den Inhalt zu achten. Als er die erste Zeile übertragen hat, begreift er, dass die Nachricht diesmal für ihn ist.
    Vermisstes Schiff Aurora. Dreimastbark, zuletzt gesehen am 29. März, Townsville. Erwartet in Brisbane spätestens am 12. April. Erbitten dringende Nachricht über Sichtungen.
    In seiner Zeit als Leuchtturmwärter hat er zweimal erlebt, wie Schiffe untergegangen sind. Für die Hinterbliebenen ist es eine langsame Katastrophe, für die Leute an Bord geht es schnell und brutal. Familien, Geschäftspartner und Polizei erleben das Unglück aus der Ferne. Zuerst den Verdacht, etwas könne geschehen sein; dann die wachsende Gewissheit, das allmähliche Begreifen, dass ein grausamer Tod ihnen teure Menschen längst entrissen hat. Das Grauen kommt schrittweise. Und während Matthew für alle Beteiligten hofft, dass es gute Neuigkeiten von der Aurora geben wird, ahnt er bereits, was geschehen ist.
    Schließlich hat er das Telegramm übertragen und schaut traurig auf den Namen des Mannes, der es geschickt hat: Charles Simmons im Auftrag von Percy Winterbourne. Er fragt sich, ob es Angehörige sind, ob sie ängstlich und mit heißem Herzen auf und ab laufen und auf Nachricht von den geliebten Menschen warten.
    Matthew wendet sich dem Register zu, in das er alle Schiffe einträgt, die er sieht, versehen mit dem jeweiligen Datum. Möglicherweise ist die Aurora weit draußen, außerhalb seiner Sichtweite, vorbeigesegelt, doch wenn sie nach Brisbane wollte, würde sie vermutlich nicht weiter als drei Meilen vor der Küste fahren. Er überprüft das Datum. Extrem schlechtes Wetter. Er erschauert, hätte bei diesen Verhältnissen nicht dort draußen sein wollen. Er schickt sich an, die Wahrheit zu telegrafieren: dass er die Aurora nicht gesehen hat. Vielleicht ein anderer Leuchtturm. Doch dann hält er inne, seine Hand schwebt in der Luft.
    Isabella.
    Wenn die Aurora untergegangen ist, muss es in den vergangenen drei Wochen geschehen sein. Isabella ist aus dem Nichts aufgetaucht, mit zerfetzter Kleidung, die Kiste im Schlepptau. Die sonnenverbrannte Haut an Gesicht und Armen, die geschwollenen Blasen an den Füßen – wie weit ist sie gelaufen? War sie eine Schiffbrüchige?
    Matthew lehnt sich zurück. Er denkt nach und schickt dann eine Nachricht an Clovis McCarthy im benachbarten Leuchtturm von Cape Franklin. Eine Stunde später kommt die Antwort.
    Ja, wir haben sie am 7. April gesehen. Habe Simmons Bescheid gegeben.
    Am 7. April hat die Aurora Cape Franklin passiert. Nach realistischen Schätzungen müsste sie längst in Brisbane angekommen sein. Sie ist untergegangen; daran zweifelt Matthew nicht. Er ist

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