Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)
sich und hält ihn ganz fest. Der Streit geht weiter. Es hört sich an, als würden alle Gegenstände im Haus herumgeworfen. Isabella drückt eins seiner Ohren an ihre Brust und bedeckt das andere mit der Hand. Er schluchzt eine Weile und scheint sich dann zu beruhigen.
Das Geschrei hat sich gelegt. Man hört, wie Scherben aufgesammelt werden, wütende Stimmen, aber nicht mehr den mörderischen Zorn. Isabella trägt Xavier behutsam zu ihrem Bett. Katarina würde das niemals dulden, aber sie erschreckt das Kind auch mit ihrem Zorn und berührt ihren Sohn fast nie. Ein Kind braucht Trost, und Isabella hat so viel Trost zu geben.
Sie rollen sich auf der Seite zusammen, sein fester Körper in der Kurve des ihren. Sie legt den Arm um ihn, riecht an seinem Haar, spürt die weiche Hitze und den Schlag seines kleinen Herzens. »Keine Sorge, ich passe auf dich auf.«
Sein Puls beruhigt sich, er drückt sich an sie. Sie hört, wie er rhythmisch am Daumen lutscht. Kurz darauf ist er eingeschlafen.
Doch Isabella liegt noch länger wach. In der Dunkelheit kann sie sich vorstellen, er wäre Daniel. Ihr eigenes Kind. Er würde auch Trost bei ihr suchen, und den würde sie ihm geben. Sie würde nur dafür leben, ihm Trost zu spenden. Sie würde ihn so sehr lieben und dafür sorgen, dass er sich sicher und geschätzt fühlt …
Sie döst ein, und der Schleier zwischen Wirklichkeit und Phantasie hebt sich. Sie ist bei Daniel, zusammengerollt im Bett, während es gegen Mitternacht dunkelt und alles gut ist.
Percy fürchtet sich vor seiner Mutter. Viele Männer fürchten sich vor seiner Mutter. Die einzige Ausnahme war sein Vater, und der ist seit mehreren Jahren tot.
Mutter glaubt noch immer, Arthur könne am Leben sein. Sie will einfach nicht hinnehmen, dass das Schiff nicht nur verspätet, sondern gesunken ist. Sie glaubt, selbst wenn es gesunken sei, habe Arthur sich irgendwie an ein Stück Holz geklammert und eine Hütte am Strand errichtet und würde Kokosnüsse essen und auf seine Rettung warten.
»Das sind unfähige Narren«, tobt sie, als Percy ihr berichtet, dass die Polizei von Cape Franklin nicht mit Sicherheit sagen kann, welche Trümmer von der Aurora stammen. »Ein guter britischer Marineoffizier könnte das im Nu erkennen. Arthur wäre inzwischen gefunden worden! Der Amtsstab wäre geborgen! Ich will nicht, dass unser Familienname auf immer durch die Tatsache beschmutzt wird, dass wir ein Geschenk der Königin verloren haben!«
Es ist Sonntag, spät am Abend. Die Sonntage ermüden Mutter furchtbar, sie muss in die Kirche, und dann gibt es das große Sonntagsessen mit Braten. Percy sitzt ihr im Wintergarten gegenüber und lässt sie gegen die Marinebehörden von Queensland wüten. Er weiß, sein Augenblick wird kommen. Letzte Woche hat er einen schrecklichen Fehler begangen. Er hat die falschen Zahlen an die Bank geschickt, das hat die Firma fünfhundert Pfund gekostet. Mutter hat es noch nicht entdeckt, aber er weiß, wenn er es heute Abend richtig anstellt, wird er weit weg sein, bevor sie es herausfindet.
»Weißt du, was am besten wäre?«, wirft er rasch ein, als sie in ihrer Tirade innehält. »Wenn ein Vertreter der Familie nach ihm suchen würde.«
»Wer denn bitte? Charles Simmons? Er könnte auf einem Schiff keine Sekunde überleben, geschweige denn auf einer einsamen Insel.« Sie hält Australien für einen kleinen Ort mit einer einzigen Palme und einer Lagune.
Percy wartet einen Augenblick. »Ich bin bereit. Simmons kann meine Aufgaben übernehmen. Ich werde Arthur und den Amtsstab finden und beide sicher nach Hause bringen.«
Percy glaubt nicht, dass Arthur noch lebt, will aber den Amtsstab unbedingt finden, bevor ihm jemand zuvorkommt. Jemand, der meint, er sei so weit von Gesetz und Zivilisation entfernt, dass er ihn stehlen kann. Er kann die Vorstellung, ein behaarter Wilder könnte mit dem Amtsstab in seiner Hütte leben und seinen Lendenschurz mit den Juwelen schmücken, nicht ertragen. Oder dass ein einfacher Matrose ihn aus dem Schiffswrack birgt, mit nach Hause nimmt und einschmilzt und die Winterbournes auslacht.
»Wir können nicht auf dich verzichten, und deine Frau und die Kinder auch nicht«, sagt Mutter, doch Percy hört den Zweifel in ihrer Stimme. Arthur bedeutet ihr viel; Percy nicht. »Es wird zu lange dauern.«
»Ein Dampfer bringt mich in sieben oder acht Wochen hin, Mutter«, er spricht so leise, dass sie sich vorbeugen muss, um ihn zu hören. »Wer sonst sollte die
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