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Das Haus am Nonnengraben

Titel: Das Haus am Nonnengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Degen
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sie war die Frau eines guten Freundes, Arthur Rothammer. Ich werde nie vergessen, wie ich sie das erste Mal sah. Arthur hatte uns zu einem großen Fest in sein Haus eingeladen. Alle Gäste waren schon da, Und dann kam sie die Treppe herunter, in einem blauen Abendkleid, so blau wie ihre Augen. Sie hatte die Haare hochgesteckt wie eine schwarze Krone und trug dazu dieses lange blaue Kleid. Sie sah fantastisch aus. Alle schauten sie an, und sie genoss es. Und Arthur sah aus, als würde er uns auf einem Silbertablett einen Leckerbissen servieren.«
    »Das klingt ja wie im Märchen.«
    »Bloß dass der Leckerbissen sich gleich darauf auf mich stürzte, um mich zu verschlingen. Sie hat auf eine fast aggressive Weise mit mir geflirtet. Ich war damals ein ziemlich … na ja, ein ziemlich attraktiver Knabe. Und natürlich habe ich, eitel wie ich war, ihre … ihre Aufmerksamkeit zunächst auf mich bezogen und mich ganz schön geschmeichelt gefühlt. Erst später ist mir aufgegangen, dass das Ganze gar nicht mir galt, sondern Arthur. Sie tat es, um Arthur eifersüchtig zu machen, das kleine Biest.« Der Kaffee stand unberührt vor ihm. Böschen schien ihn nicht zu sehen.
    »Und hat es geklappt?« Benno schluckte ein trockenes Stückchen Keks hinunter.
    »Wie?«
    »Konnte sie Arthur eifersüchtig machen?«
    »Nein, gar nicht. Sie hat ihn nur weiter von sich fortgetrieben. Er war höflich und zuvorkommend und so weiter, aber er wirkte immer wie – ich weiß auch nicht –, als wenn er nicht ganz da wäre, als wäre er in Gedanken ganz woanders. Dabei war Arthur ein flotter Kerl. Sehr großzügig, ein Herr, ein wirklicher Herr. Und ein Draufgänger. Gott, was haben wir für vergnügte Zeiten erlebt, auf die Pauke gehauen und so weiter. Was ist der mit dem Auto herumgerast, und Tennis gespielt hat er wie der Teufel. Man konnte neidisch werden, vor allem weil er an der Börse und überhaupt in Gelddingen und so weiter ein unglaubliches Glück hatte. Dabei hat er sich nie angestrengt. Er hat alles immer wie nebenbei getan, als wäre ihm das alles gar nicht wichtig.«
    »Und was war ihm wichtig?«
    Böschen rührte nachdenklich in seiner Kaffeetasse. »Hm. Sein Haus, das Haus am Nonnengraben, das war ihm wirklich wichtig. Mit dem hat er einen Kult getrieben, das kann man sich nicht vorstellen, vor allem als ihm klar wurde, dass er keine Kinder bekommen würde, zumindest nicht von Elfi. Er litt richtig darunter, dass er keinen Erben haben würde, dem er seinen Namen und vor allem sein Haus weitergeben konnte, das hat er mir mehr als einmal gesagt.«
    »Woher kannten Sie denn Herrn Rothammer?«
    »Ach, wie man sich eben so kennt in einer Stadt. Ich weiß es nicht mehr genau. Vom Tennisclub und so weiter. Arthur hatte einen großen Freundeskreis.«
    »Aber Sie waren besonders eng mit ihm befreundet?«
    Böschen nickte und trank endlich einen Schluck Kaffee.
    »Hatten Sie auch geschäftlich miteinander zu tun?«
    »Ja, ich war sein Rechtsanwalt, half ihm bei Verträgen und so weiter.«
    »Deswegen hat er Sie dann zu seinem Testamentsvollstrecker eingesetzt?«
    Böschen hob ruckartig den Kopf. »Testamentsvollstrecker?« Er setzte klirrend die Kaffeetasse auf den Unterteller.
    »Nun, zumindest steht das in dem Testament, das wir in Frau Rothammers Schreibtisch gefunden haben.«
    Benno hatte die Freude, zu sehen, wie der Rechtsanwalt sich verfärbte. Seine netten Falten entfreundlichten sich schlagartig und waren nur noch Zeugnisse von zu vielen langen Nächten, Alkohol und Zigaretten.
    Böschen bückte sich nach dem Kaffeelöffel, der auf den Boden gefallen war. Als er wieder über der Schreibtischkante auftauchte, hatte er sich gefangen. »Sie haben ein Testament gefunden? Arthurs Testament? In Elfis Schreibtisch?«
    »Was erstaunt Sie daran so sehr, Herr Rechtsanwalt? Sie müssen das Testament doch kennen. Haben Sie es denn nicht für Ihren Mandanten aufgesetzt?«
    »Doch, doch, natürlich.« Böschen schluckte und griff nach seinen Zigaretten. »Ich wusste nur nicht, dass es noch ein zweites Exemplar gab. Neben dem, das ich habe. Es ist schon so lange her.«
    Sein Feuerzeug wollte nicht recht zünden.
    Bennos Augenbrauen wanderten in die Höhe. Er wartete.
    Endlich brannte Böschens Zigarette. »Hm, ja, also. Stimmt. Ich sagte ja schon, ich war sehr eng mit Arthur befreundet. Ein Jammer, dass er so früh sterben musste.« Böschen wiegte betrübt sein fleischiges Haupt. Die Falten rutschten nach unten und vermittelten den Eindruck

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